Dokumentarfilm | USA 2018 | 106 Minuten

Regie: Lauren Greenfield

Die US-Fotografin und Filmemacherin Lauren Greenfield vergewissert sich ihres umfangreichen Werkes, das seit Jahrzehnten um die Gier nach Reichtum als auffälligstem Symptom eines enthemmten Kapitalismus kreist. Die Wiederbegegnung mit früheren Protagonisten, Bilder des Exzesses und Reflexionen über das eigene Tun verbinden sich allerdings nicht zu einem perspektivischen Gesamtbild, sondern dokumentieren lediglich einzelne Beispiele grotesker Auswüchse. Der Film arbeitet keine Hintergründe oder Widersprüche heraus, sondern schwankt zwischen affektierter Selbstbespiegelung der Regisseurin und den nicht minder narzisstischen Erzählungen der Protagonisten. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
GENERATION WEALTH
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Evergreen Pic.
Regie
Lauren Greenfield
Buch
Lauren Greenfield
Kamera
Robert Chappell · Lauren Greenfield · Shana Hagan · Jerry Risius · Lars Skree
Musik
Jeff Beal
Schnitt
Victor Livingston · Dan Marks · Aaron Wickenden · Michelle M. Witten
Länge
106 Minuten
Kinostart
31.01.2019
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion

Dokumentarfilm von und mit der US-Fotografin Lauren Greenfield über ihr umfangreiches künstlerisches Werk, das seit Jahrzehnten um die Gier nach Reichtum als auffälligstem Symptom eines enthemmten Kapitalismus kreist.

Die Fotografien füllen den gesamten Raum aus. In Kartons verpackt und vorsortiert, auf den Tischen ausgelegt oder bereits großflächig an die Wände gehängt, bilden sie hunderttausendfach das Sujet der Arbeit von Lauren Greenfield ab: Reichtum.

Die Menschen auf den Fotos wirken wie Suchtkranke; man sieht, wie sie mit Geldscheinen um sich werfen, auf dem OP-Tisch eines Schönheitschirurgen liegen oder vor ausgefallenen Statussymbolen posieren. Doch schon aus dem nächsten Karton quillt der Verfall: Aufnahmen von verschimmelten Swimmingpools, verwaisten Luxusbauten und verlassenen Privatgrundstücken.

Bestandsaufnahme des eigenen Werks

Was hier üppig ausbreitet wird, hat Greenfield schon in diversen Kurz- und zwei Dokumentarfilmen verarbeitet. „Generation Wealth“ ist ein Film, der der Fotografin in erster Linie als Bestandsaufnahme ihrer eigenen künstlerischen Tätigkeit dient und die Pfade ihres Gesamtwerks erneut abschreitet. Ihre Diagnose über den Kapitalismus bleibt dabei unverändert: Er ist die Suchtkrankheit der westlichen Gesellschaft, dessen Symptome sich an unzähligen Formen des körperlichen und materiellen Exzesses beobachten lassen.

Die oft bereits schwer gezeichneten Protagonisten von „Generation Wealth“ verkörpern die Vielfalt dieser Symptome. Ehemalige Porno-Darstellerinnen, Investment-Banker, Geschäftsführerinnen und Rapper berichten in skurrilen Anekdoten von den Folgen ihres ausufernden Lebensstils: Depressionen, Essstörungen, Selbstverstümmelungen.

Die grotesken Auswüchse des Reichtums

Greenfield setzt die verschiedenen Schicksale aber nicht zu einem perspektivischen Gesamtbild zusammen, sondern reiht lediglich Einzelschicksal an Einzelschicksal, Exzess an Exzess. Trotz unterschiedlicher Protagonisten dominiert eine einzige Perspektive, die auch geografisch nur selten variiert wird. In Russland weilt die Kamera auf einem Luxusball für Oligarchentöchter, in Peking üben Neureiche die korrekte Aussprache von Markennamen und Luxusgütern. Hintergründe, Analyse, Korrespondenzen oder Widersprüche werden nicht herausgearbeitet. Der Film begnügt sich mit der Auflistung grotesker Auswüchse des Reichtums im Westen wie im Osten, die wie Registereinträge abgehakt werden.

Nur ihr eigenes Leben dient der Regisseurin nicht als Aufzählung. In ihrem Arbeitsalltag, den der Film ausgiebig dokumentiert, fließen immer wieder Bilder ihres Privatlebens mit ein. Dabei rückt die Frage in den Mittelpunkt, wie weit Greenfield selbst an den Krankheiten des Kapitalismus leidet, die sie ihr Leben lang bei anderen diagnostiziert hat. Wenn sie ihren Söhnen beim Essen, Spielen und Lesen immer wieder die Kamera ins Gesicht drückt, attestieren ihr die eine durchaus vergleichbare Obsession. Nur dass es bei Greenfield nicht die Gier nach Reichtum, sondern ihr Arbeitsfuror ist, der pathologische Züge entwickelt.

Absolution für eine arbeitswütige Künstlerin

Allerdings entpuppt sich dieser Ansatz eher als affektierte Selbstbezogenheit denn als aufrichtige Selbstreflexion, da die Familie letztlich nur Pate steht, um der Regisseurin Absolution für ihre Sünden zu erteilen. Die Söhne bekunden vor der Kamera ihre Bewunderung für die Arbeit der Mutter und unterstreichen, dass sie trotz aller Schwierigkeiten eine liebevolle Mutter haben.

Eine ähnliche Rolle kommt auch den Protagonisten zu, wenn sie auf der Ausstellungseröffnung mit Greenfields Arbeiten dabei gefilmt werden, wie sie voller Bewunderung vor ihren Fotografien stehen. Der Geltungsdrang der Regisseurin untergräbt jeden Ansatz einer Konfrontation mit der eigenen Perversion – und damit auch jeden interessanten Ansatz ihrer Dokumentation.

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