Die Farbe der Sehnsucht

Dokumentarfilm | Deutschland 2016 | 95 Minuten

Regie: Thomas Riedelsheimer

Lose miteinander verbundene dokumentarische Vignetten über die schwer bestimmbare Kraft der Sehnsucht, die Menschen weltweit umtreibt. Von Lissabon über München bis Osaka und Mexiko erzählt der Film mit beeindruckenden Bildern und aufschlussreichen Aussagen von Melancholie, Trauer, Aufbruch, Wut und der unstillbaren Energie, die Menschen in Bewegung hält. Daraus entwickelt sich subtil eine Meditation über das Gemeinsame unterschiedlicher Stimmungen, Wünsche und Ängste, die im Zusammenwirken mit Schauplätzen und Kulturen den „Farben“ der Sehnsucht eine bezwingende Gestalt verleiht. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Filmpunkt/WDR/BR
Regie
Thomas Riedelsheimer
Buch
Thomas Riedelsheimer
Kamera
Thomas Riedelsheimer
Musik
Julius Krebs
Schnitt
Thomas Riedelsheimer
Länge
95 Minuten
Kinostart
01.06.2017
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Der Dokumentarist Thomas Riedelsheimer forscht der seelischen Kraft nach, die Menschen in Bewegung versetzt

Diskussion
Moderne und Mittelalter. In Doha, Katar, treffen beide aufeinander: High Tech und Tradition. Doch selbst die Werbeplakate einer Immobilienfirma reproduzieren nur Bilder von Familien und der Rolle der Frau, die Layla Salah nicht einleuchten. Sie fühlt sich um ihr Leben betrogen, fühlt sich durch die herrschenden Regeln über den Umgang mit ihrem Körper eingeengt, die es ihr nur im Privaten erlaubt, nach afrikanischen Rhythmen zu tanzen. Die Haare dürfen nicht an die Sonne, der Körper nicht ans Wasser. Die Frau darf nicht rennen oder mit den Kindern Fahrrad fahren. Layla träumt von einer Tätowierung, weiß aber, dass nicht einmal ihr Körper ihr selbst gehört. Erstaunlich ist, wie offen sich Layla vor der Kamera gibt, wenn sie von ihren Wünschen berichtet. Dem Münchner Musiker Julius Krebs begegnet man während seiner Abiturfeier, begleitet ihn beim Skateboarden oder bei einem Auftritt als Straßenmusiker. Krebs bezeichnet sich selbst als melancholisch und hat Schwierigkeiten, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Im Rahmen der Abiturfeier macht der Schuldirektor den Abiturienten wenig Hoffnung: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“ Keine schöne Zeit für Melancholiker, die sich nach dem Zustand ultimativen Glücks sehnen. Der Dokumentarist Thomas Riedelsheimer ist weit gereist, um ein Gespür für die „Farbe der Sehnsucht“ zu bekommen. Er hat diese ganz und gar unterschiedlichen Schattierungen für ein unbestimmtes oder nicht näher zu bestimmendes Gefühl an ganz unterschiedlichen Orten einzufangen versucht. Portugal mit der sehnsuchtsvollen Musik des Fado wäre naheliegend, doch Riedelsheimer zeigt nicht die pittoreske Altstadt von Lissabon, sondern weicht auf den sozialen Brennpunkt Kova da Moura aus, wo Immigranten von den Kapverden ihrem Heimweh durch kollektiven Tanz begegnen. Dona hat die Kapverden und ihre Töchter vor 31 Jahren zurückgelassen, träumt aber noch immer von einer Rückkehr. Im Gegensatz zu dem Graffiti-Sprayer Anders Tazy, der sich mit dem „Leben im Ghetto“, wie er das Viertel nennt, arrangiert zu haben scheint. In Osaka begegnet Riedelsheimer Kanayo Ueda, die in einem Obdachlosenviertel ein Café betreibt, wo sie den Gestrandeten die Poesie als Ausdrucksmittel nahebringt. Oder dem pensionierten Polizisten Yuichi Tada, der durch persönliche Ansprache versucht, Suizidale vom Sprung von einem Selbstmordfelsen am Meer abzuhalten. Ein anderer Protagonist ist der aus Kuba stammende Taucher Alfredo, der unter Wasser die Einheit der Schöpfung erlebt, sich jetzt aber gerade verliebt hat und am liebsten 72 Stunden am Tag die Zeit mit Liisa an Land verbringen möchte. Der Unbestimmtheit des Gefühls der Sehnsucht ist der sehr lose Faden der filmischen Erzählung geschuldet, die mit eindrucksvollen Bildern von Melancholie, Trauer, Aufbruch, Wut und Energie von kaum vergleichbaren Lebensumständen erzählt und den Drehorten immer wieder überraschende Seiten und originelle Momente abgewinnt. Vielleicht, so Riedelsheimer, ist es eine letztlich unstillbare Sehnsucht, die den Menschen jene Energie verleiht, die sie durchs Leben treibt.
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