Dokumentarfilm | Deutschland 2016 | 91 Minuten

Regie: Sigrid Klausmann

16 Kinder aus 15 Ländern rund um den Globus erzählen aus ihrem Leben, über ihre Beziehungen zu Eltern und Geschwistern, ihre Angst vor Gewalt und Krieg, aber auch über Erfahrungen mit Krankheit und Behinderung. Ihr morgendlicher Weg zur Schule gibt die filmische Struktur vor. Trotz der immensen sozialen, geografischen und wirtschaftlichen Unterschiede überrascht die große Gemeinsamkeit ihrer Wünsche und Träume, Hoffnungen und Befürchtungen. Auch wenn die individuelle Vertiefung der Einzelporträts zwangsläufig etwas in den Hintergrund gerät, beeindruckt die weltumgreifende Sorge um den Planeten und die Sehnsucht nach Sicherheit, Frieden, Freundschaft und Glück. - Sehenswert ab 10.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Gemini Film & Library/Schneegans Prod./Servus TV
Regie
Sigrid Klausmann · Lina Luzyte · Ali Kareem Obaid · Ariane Kessissoglou · Insa Onken
Buch
Sigrid Klausmann
Kamera
Justyna Feicht · John Pennebaker · Lina Luzyte · Simon Drescher · Jón Karl Helgason
Musik
Christopher Benstead · Lea-Marie Sittler · Nils Frahm
Schnitt
Henk Drees
Länge
91 Minuten
Kinostart
19.01.2017
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 10.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Edition enthält eine Audiodeskription für Sehbehinderte.

Verleih DVD
farbfilm/Lighthouse (16:9, 1.78:1, DD5.1 dt.)
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Episodenhafte Hommage an die Kinder der Welt

Diskussion

Schon der Filmtitel schlägt sich ganz auf die Seite derer, die zu Wort kommen werden: Kinder im Alter von neun bis zwölf Jahren aus aller Welt, die unter den unterschiedlichsten Umständen aufwachsen und die doch ihre Träume und Wünsche einen. Sie sind die Zukunft. Ihnen sollte man zuhören.

16 Kinder aus 15 Ländern auf fünf Kontinenten hat Sigrid Klausmann für ihren Dokumentarfilm ausgewählt. Sie lässt ihrer Botschaft Raum, sich zu entfalten, ohne bevormundend zu wirken. Der Weg zur Schule gibt die Struktur vor: In einer Aneinanderreihung von Parallelmontagen verfolgt man, wie die Kinder in der Früh aufstehen, erste Gespräche mit den Eltern am Morgen, den teils überaus langen Weg zur Schule, Begegnungen mit Freunden – und immer wieder Interviews mit den Kindern, bei denen sich die Kamera ganz auf ihre Gesichter konzentriert, während die Filmemacher stets unsichtbar bleiben.

Von einer Berghütte in Österreich bis zum Township in Südafrika, von New York bis zum Mekong reichen die Schauplätze und führen spielerisch und fließend einmal um die Welt. „Nicht ohne uns!“ bemüht sich sichtlich darum, nicht einseitig zu sein, porträtiert Kinder aus armen Verhältnissen ebenso wie aus reichen Ländern, aus ländlichen Regionen ebenso wie aus städtischem Umfeld. Es geht aber nicht um eine Gegenüberstellung, eher ums pure Gegenteil: Bei allen Unterschieden soll das Verbindende sichtbar gemacht werden. Gleichgültig, wo die Kinder leben und wie sie aufwachsen, weisen ihre Gedanken über sich, ihre Lebensumstände und die Welt ganz allgemein doch deutlich Gemeinsamkeiten auf.

Authentisch und realitätsnah

Gerade im unmittelbaren Vergleich mit dem ähnlich gelagerten Dokumentarfilm „Auf dem Weg zur Schule“ (fd 42 096) von Pascal Plisson punktet „Nicht ohne uns!“ durch seine Authentizität. Während es Plisson darauf anlegt, vier exotisch-spektakuläre und abenteuerliche Schulwege in den Mittelpunkt zu rücken und daraus ein Plädoyer für die Bedeutung von Bildung zu entwickeln, wirkt der Film von Sigrid Klausmann alltäglicher – und auch echter: Nur weil Kinder von Gefahren erzählen, müssen diese ja nicht gleich bildhaft zu sehen sein. Zugleich entwickelt „Nicht ohne uns!“ die angesprochenen Themen geradezu natürlich aus dem Lebensumfeld der Kinder. Die Gewalt und der Drogenhandel im südafrikanischen Township sind für Luniko ein Problem, mit dem er täglich konfrontiert wird. Und Vincent aus Österreich, aber auch Ekhlas aus Jordanien, die in einer Beduinenfamilie aufwächst, erleben die Folgen des Klimawandels hautnah am eigenen Leib.

Sind es ansonsten Politiker und Wissenschaftler, in jedem Fall also stets Erwachsene, die über die drängenden Probleme der Welt reden, lässt Sigrid Klausmann ihre jungen Protagonisten als „Experten“ auftreten und verschiebt so die Perspektive. Die Kinder erzählen über ihre Beziehung zu den Erwachsenen, über ihre Angst vor Gewalt und Kriegen, über Krankheiten und Behinderungen, den Umweltschutz und die Atomkraft. Das macht den Reiz des Films für ein junges Publikum aus, das interessante und spannende Identifikationsfiguren auf Augenhöhe angeboten bekommt; gleichzeitig gewinnen erwachsene Zuschauer einen anderen Blick auf bekannte Themenfelder und werden für die Wahrnehmung und Klugheit von Kindern sensibilisiert.

All dies funktioniert, auch wenn die einzelnen Begegnungen zwangsläufig an der Oberfläche bleiben müssen. Zu kurz und mitunter zu selten sind einige von ihnen zu sehen, sodass ihre (Lebens-)Geschichten im Rahmen einer Kompilation nur angedeutet, aber nicht vertieft werden. Dabei zeigt „Nicht ohne uns!“ einen möglichst umfassenden Querschnitt und greift, durchaus eindringlich und empathisch, alle großen Themen auf, auch wenn der große „Rundumschlag“ dem Film dann doch etwas von seiner Kraft raubt. Doch auch wenn er mitunter das Individuelle vernachlässigt, bleibt die Suche nach dem Verbindenden faszinierend.

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Hinweis: Der Kinodokumentarfilm „Nicht ohne uns!“ resultiert aus dem langjährigen Projekt „199 kleine Helden“, das es sich zur Aufgabe gemachthat, Kindern aus jedem Land der Welt in jeweils einem Kurzfilm eine Stimme zu geben. Eines der erklärten Ziele von Sigrid Klausmann und dem Produzent Walter Sittler ist es, Ängste vor Fremden abzubauen.

Mehr über das Projekt im Internet unter www.199kleinehelden.org

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