Drama | Deutschland/Frankreich/Armenien 2016 | 84 Minuten

Regie: M.A. Littler

Ein Sänger mit armenischen Wurzeln gerät in der Mitte seines Lebens in eine Krise und begibt sich auf die Spuren seiner von Genzoid und Diaspora geprägten Familiengeschichte. Auf seiner Wanderung Richtung Kaukasus sucht er Mahnmale und Gedenkstätten auf, lässt sich spirituell auf seine Herkunft einstimmen und verliert sich in der erhabenen Berglandschaft. Das melancholisch-meditative Road Movie schwelgt als Abgesang auf die Menschlichkeit in visuell entrückten Gefühlen des Weltschmerzes und metaphysischer Verlassenheit. Das Unfassbare des Massenmords an den Armeniern kann der Film dabei nicht vermitteln. (O.m.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
ARMENIA
Produktionsland
Deutschland/Frankreich/Armenien
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Slowboat Films
Regie
M.A. Littler
Buch
M.A. Littler
Kamera
Philip Koepsell
Musik
Digger Barnes · Friedrich Paravicini · Alain Croubalian
Schnitt
M.A. Littler · Philip Koepsell
Darsteller
Alain Croubalian (Haig Boghos) · Beatrice Barbara · Anne Bottomley · Aren Emirze · Eva Karobath
Länge
84 Minuten
Kinostart
05.01.2017
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Filmessay | Road Movie

Sänger mit armenischer Abstammung macht sich auf die Suche nach seinen kulturellen Wurzeln.

Diskussion
Ein 50-jähriger Sänger mit armenischen Wurzeln will die Geschichte seiner von Genozid und der Diaspora geprägten Familie erforschen. Von Basel aus begibt er sich auf eine Reise mit Stationen in Frankfurt, Marseille und dem Kaukasus. Er sucht Mahnmale und Gedenkorte auf, studiert in Bibliotheken zeitgenössische Abhandlungen aus der Kaiserzeit und schaut sich Sergei Paradschanows Klassiker „Die Farbe des Granatapfels“ (1969) im Kino an, um sich spirituell auf seine Herkunftskultur einzustimmen. Auf der Wanderschaft fern der Zivilisation verliert er sich schließlich in einer erhabenen, von langen Einstellungen getragenen Berglandschaft, während seine Stimme aus dem Off die Gedanken preisgibt, die sein Leben und das seiner Vorfahren in einer Art philosophisch-historischem „Stream of consciousness“ resümieren. Der deutsch-südafrikanische Regisseur M.A. Littler legt sein langsam voranschreitendes Road Movie wie eine innere Meditation an. Melancholie gibt den Ton vor in diesem essayistischen Abgesang auf die Humanität, die in der Geschichte der Menschheit immer wieder bitter auf die Probe gestellt wurde. Littler ist bislang eher mit Dokumentarfilmen abseits des Mainstreams aufgefallen, die entwurzelte Outsider ins Zentrum stellten. Der Spielfilm „Armenia“ fügt sich nahtlos in dieses Konzept, wobei man sich irgendwann nicht des Eindrucks erwehren kann, dass die tragische Verfolgungsgeschichte der Armenier nur als Alibi dient, um in Gefühlen des Weltschmerzes und einer metaphysischen Verlassenheit schwelgen zu können, flankiert von einer entrückten Bildsprache, die frappierend an Andrej Tarkowski erinnert. Die Trauer über das Unfassbare des Massenmords vermittelt sich trotzdem, dank der ausdrucksstarken Präsenz des Hauptdarstellers Alain Croubalian und der vielen beklemmenden Genozid-Fotos, die er bei seinem Museumsbesuch in Armenien mit versteinertem Gesicht betrachtet. An der Grenze zur Osttürkei begegnet er nach dieser schmerzhaften Konfrontation nur noch einer Schafsherde. Die menschenleere Landschaft lässt den Heimatlosen bei sich ankommen. In einem Kloster zündet er Kerzen an. Man genießt mit ihm die unsagbare Stille dieses von jedem Konfliktgeschrei abgekoppelten Weltwinkels.
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