Empire of Corpses

Animation | Japan 2015 | 120 Minuten

Regie: Ryoutarou Makihara

In einem fiktiven 19. Jahrhundert haben die Experimente von Dr. Frankenstein zur Wiederbelebung von Leichen Schule gemacht und werden industriell genutzt, um Tote als stumme Kreaturen ohne Seele als "Kanonenfutter" für die Armeen und Fabriken einzusetzen. Dr. John Watson, ein junger Leichentechniker, würde gerne auch die Seele seines toten Freundes Friday wiederbeleben. Im Auftrag eines dubiosen Secret-Service-Agenten verschlägt es ihn in die Kolonien, wo er dem Geheimnis eines "Königreichs der Leichen" nachspürt. Der auf einem Roman von SciFi-Autor Project Itoh beruhende Animefilm verquickt literarische und historische Figuren des 19. Jahrhunderts zu einer eindrucksvollen schwarz-romantischen Schauermär, die Fragen nach dem Wesen der menschlichen Seele mit einer Kritik an der kapitalistischen Reduzierung von Menschen auf nutzbares "Material" verbindet.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
SHISHA NO TEIKOKU
Produktionsland
Japan
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Wit Studio
Regie
Ryoutarou Makihara
Buch
Koji Yamamoto · Midori Goto · Hiroshi Seko
Musik
Yoshihiro Ike
Schnitt
Aya Hida
Länge
120 Minuten
Kinostart
24.11.2016
Fsk
ab 16
Genre
Animation | Science-Fiction | Thriller

Cleveres Steampunk-Anime mit Frankenstein-Anleihen

Diskussion
Wenn es Viktor Frankenstein gelungen ist, eine Leiche zu beleben – warum sollte sich das Verfahren nicht auch im großen Stil verwenden lassen? Und wie würde diese „Leichentechnologie“ genutzt werden? Das Steampunk-Anime „Empire of Corpses“, das auf einem Roman von Science-Fiction-Autor Satoshi Itō (aka Project Itoh) beruht, spinnt aus dieser These eine düster-melancholische Pseudo-Gothic-Horror-Story, die ebenso eklektisch wie clever mit fiktiven und realen Figuren der viktorianischen Ära operiert. In der Welt, von der Regisseur Ryoutarou Makihara erzählt, haben nach Frankensteins Pionierversuch die Nationen schnell eine Verwendung für dessen Erfindung gefunden: Leichen werden im großen Stil wiederbelebt, um in den Kriegen der Epoche verheizt zu werden; als fügsame Arbeitssklaven sind sie zudem das Rückgrat der Industrialisierung. Frankensteins Nachfolger kommen allerdings nicht an das heran, was der Meister vorgemacht hat: Während es dem gelang, eine Kreatur zu beleben, die sprechen kann, Empfindungen und einen eigenen Willen hat, sind die wiederbelebten Toten der Epigonen, denen künstlicher „Seelenstoff“ eingepflanzt wurde, stumm und willenlos. Damit allerdings will sich der junge, talentierte Leichentechniker John Watson nicht abfinden: Er hat seinen verstorbenen Freund Friday illegal wiederbelebt und sehnt sich danach, auch dessen Seele wiederherstellen zu können. Seine Experimente sind freilich der Obrigkeit nicht verborgen geblieben; M, ein Mann vom Secret Service, nimmt Watson in Beschlag und sendet ihn und Friday in die Kolonien, um beunruhigende Aktivitäten eines russischen Leichentechnikers namens Alexei Karamasov zu untersuchen, der über die Notizen Viktor Frankensteins verfügen soll. In Indien werden sie von Colonel Burnaby in Empfang genommen und nach Afghanistan eskortiert, um das Geheimnis um Karamasovs „Königreich der Leichen“ zu lüften. Geschickt verquickt der Film verschiedene literarische und historische Motive zu einer in sich stimmigen Mischung aus Abenteuer- und Horrorerzählung über ein fiktives ausgehendes 19. Jahrhundert. Die romantische Sehnsucht nach einer Überwindung des Todes sowie danach, den Geheimnissen der menschlichen Seele auf die Spur zu kommen, die sich mit dem Wissenschaftsenthusiasmus der Zeit verbündet, muss sich darin gegen eine kalt-kapitalistische Ausbeutungspraxis behaupten, die in Menschen nur Material sieht. Ryoutarou Makihara und seine Anime-Künstler übersetzen das in schwelgerisch-schöne, detailreiche Bilder – nicht nur für eingefleischte Anime-Fans ein Genuss.
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