Komödie | Deutschland/Frankreich/Georgien 2015 | 94 Minuten

Regie: Dito Tsintsadze

Zwei Migranten, der eine aus Georgien, der andere aus Afrika, schlagen sich mit einfachen Tätigkeiten am Rand eines Schrottplatzes in Stuttgart durch. Als die Tochter des Georgiers ihren Besuch ankündigt, droht der soziale Abstieg des früheren Filmemachers aufzufliegen, was mit einer pompösen Villa und einer als Schein-Ehefrau engagierten Varieté-Künstlerin vertuscht werden soll. Leichthändig inszenierte Komödie mit viel Witz und eigenwilligem Humor, die in konzentrierten Szenen und stilisierten Bildern ungleiche Freundschaften und eine schwierige Vater-Tochter-Beziehung beschreibt und dabei differenziert die Spannungen migranter Befindlichkeiten erkundet. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
GOD OF HAPPINESS
Produktionsland
Deutschland/Frankreich/Georgien
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Manny Films/East End Film/27 Films/Koro Pic. Tiflis
Regie
Dito Tsintsadze
Buch
Dito Tsintsadze
Kamera
Ralf M. Mendle
Schnitt
Martin Menzel
Darsteller
Lasha Bakradze (Giorgi) · Nadeshda Brennicke (Mia) · Elie "James" Blezes (Ngudu) · Tina Meliava (Tina) · Ufuk Bozkurt (Rocco)
Länge
94 Minuten
Kinostart
23.06.2016
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
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IMDb | TMDB

Satirisches Drama über Migranten in Deutschland. Regie: Dito Tsintsadze

Diskussion
Tochter ante portas. Die bevorstehende Ankunft der Tochter löst bei Giorgi Panik aus. Zehn Jahre langen haben sie sich nicht mehr gesehen. Jetzt ist aus dem kleinen Mädchen ein hübscher Teenager geworden, der demnächst in Paris die Ballettschule besucht. Wie kann sich der Vater vor der erfolgreichen Tochter überhaupt angemessen präsentieren? Zwar lebt er in Stuttgart, doch vom Reichtum der prosperierenden Metropole hat er nichts abbekommen. Der Exil-Georgier schlägt sich als Filmkomparse durchs Leben. Überdies teilt er sein bescheidenes Heim am Rande eines Industrie-Schrottplatzes mit seinem afrikanischen Geschäftspartner Ngudu, der seinen Unterhalt mit Prostitution verdient. Doch der „Gott des Glücks“ ist der Schicksalsgemeinschaft hold. Eine Kundin überlässt ihnen für ein paar Tage ihre Villa mit großartiger Aussicht. Dort spielen sie der Tochter mit Unterstützung einer angeheuerten, falschen Freundin das Leben einer reichen Familie vor. Dito Tsintsadze setzt in seinem neuesten Film seine Erkundungen über das Fremdsein in Deutschland und über das Leben am Rande der Gesellschaft fort. Mit leichter Hand webt er mehrere Motive ineinander. Er nutzt sie, um die menschlichen Schwächen seiner Figuren, ihre Selbstbezogenheit und ihr Rollenspiel, aber auch die vielfältigen Mechanismen des sozialen Ausschlusses, sowohl in der angestammten Gesellschaft wie auch unter den Migranten, vorzuführen. Tsintsadzes Protagonist Giorgi ist ein granteliger Sonderling und zugleich ein Hochstapler, was seine Verbindung zu Ngudu, aber auch die Beziehung zu seiner Tochter empfindlich untergräbt. Der einstige Filmemacher ist in Deutschland gestrandet, während seine geschiedene Ehefrau in Kanada ihr Glück durch eine gute Partie machte. Giorgi verleugnet seinen sozialen Abstieg, so gut es geht; sein Selbstbewusstsein und seinen Stolz bezieht er aus seiner Abstammung aus einer einstmals großbürgerlichen Familie, deren gute Manieren und Bildung er hochhält. Damit nervt er nicht nur die Kollegen auf dem Set, die ihm durch kleine Gesten beständig seinen wahren Rang vor Augen führen: Er ist nur noch eine „kleine Nummer“ und mit seinen ästhetischen Vorstellungen nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Auch sein angeblicher Geschäftspartner Ngudu hat unter der ungleichen Partnerschaft zu leiden. Denn obgleich beide Männer in Deutschland fremd sind, behandelt Giorgi Ngudu nicht wie seinesgleichen. Als sein Zuhälter hält er den Afrikaner in einem Abhängigkeitsverhältnis und spielt sich in bester Kolonialmanier ihm gegenüber als Inhaber der überlegeneren Kultur auf. Beständig markiert er durch sein Verhalten Rangunterschiede und führt damit Distanz ein. Aber Ngudu hat in den sozialen Beziehungen nicht nur die Rolle des Opfers inne. Er pflegt seine spirituellen Rituale und gleicht Giorgis mangelnde väterliche Kompetenz aus. Der Film entwickelt die unterschiedlichen Beziehungsgeflechte in konzentrierten Szenen; er besticht durch ausgesuchte Motive und wohlkomponierte Bilder. Das Zurechtfrisieren der eigenen Existenz unterstreicht er bildlich durch verfremdende Mittel wie die Verzerrungseffekte unterschiedlicher Brennweiten, inszenatorisch durch Komik. Das maskenhafte Auftreten der Figuren und ihres Gestus des Vorzeigens korrespondieren mit der gestylten Inneneinrichtung der Villa und deren aufdringlich bunten Farbkontrasten. Wen wundert es da, dass auch die Tochter ein Geheimnis hütet?
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