Ich bin tot, macht was draus!

Komödie | Belgien/Frankreich 2015 | 96 Minuten

Regie: Guillaume Malandrin

Eine abgehalfterte belgische Rock-Band hält auch nach dem unerwarteten Tod ihres Lead-Sängers an den Plänen einer lang ersehnten US-Tournee fest. Statt in den USA landet die Truppe nach allerlei Verwicklungen aber in der kanadischen Provinz, wo der Konflikt zwischen den Band-Mitgliedern und dem Liebhaber des Toten eskaliert. Eine bestechende, von warmherzigem Humor getragene Komödie, die trotz einiger inszenatorischer Schwächen bestens unterhält. Dabei verbindet sich der liebevolle Blick auf die Figuren trefflich mit der Spielfreude der vorzüglichen Darsteller. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
JE SUIS MORT MAIS J'AI DES AMIS
Produktionsland
Belgien/Frankreich
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Versus Prod./TS Prod./Altitude 100 Prod./Minds Meet/VOO/BE TV/Proximus
Regie
Guillaume Malandrin · Stéphane Malandrin
Buch
Guillaume Malandrin · Stéphane Malandrin · Vincent Tavier
Kamera
Hugues Poulain
Schnitt
Yannick Leroy
Darsteller
Bouli Lanners (Yvan) · Wim Willaert (Wim) · Lyès Salem (Dany) · Serge Riaboukine (Pierre) · Eddy Leduc (Nicolas)
Länge
96 Minuten
Kinostart
28.04.2016
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Bestechende Komödie um ein belgische Rockband, die auch nach dem Tod ihres Leadsängers an ihrem Vorhaben festhalten, durch die USA zu touren

Diskussion
Der erfolgreiche Schnulzensänger Florent sitzt am Piano, vor sich die Urne mit den Überresten seines toten Bruders Jipé. Von der Asche des ungeliebten Verwandten lässt er sich zu einem neuen schmalzigen Hit inspirieren: „Attends moi“ – „Warte auf mich, dort oben im Himmel, warte auf mich“. Dass draußen, hinter der gigantischen Glasfront, derweil zwei der etwas räudigen Bandmitglieder aus Jipés Hardrock-Combo stehen und angesichts dieses unsäglichen Anblicks langsam, aber sicher die Krise kriegen, bekommt Florent nicht mit – wohl aber die durch dieses Spektakel bestens unterhaltenen Zuschauer. Erst als Yvan und Wim einen Stein heranschleppen, um die Scheibe einzuschlagen und die Urne zu rauben, schreckt Florent aus seiner selbstverliebten Künstlerpose hoch. Das ist nur eine von sehr vielen sehr schönen Szenen der belgischen Komödie „Ich bin tot, macht was draus!“, die wunderbar beiläufig inszenierte Momente von großer Komik erschafft. Der Film erzählt von der in die Jahre gekommenen Band „Grand ours“, also: Großer Bär, die kurz vor einer lang ersehnten US-Tournee steht. Doch dann stirbt Sänger Jipé nach einem Konzert eines unvermittelten Todes: unter Umständen, die ebenfalls absolut grotesk sind. Doch weder hier noch an anderer Stelle rutscht der Film ins Herzlose. Neben dem schön unterspielten Humor sticht insbesondere der liebevolle Umgang mit den Figuren heraus. Das lässt allein schon der Blick erkennen, den die inszenierenden Brüder Malandrin auf den jähzorning-aufbrausend, nach einer Liebesnacht aber plötzlich verschämt-verschüchterten Yvan werfen. Ihren letzten und vermutlich einzigen Hit landeten die abgehalfterten Rocker von „Grand ours“ in den 1980er-Jahren. Umso mehr bestehen sie, vor allem Yvan, auf der US-Tour, auch wenn der Sänger und Kopf der Band plötzlich fehlt; zumindest in Gestalt seiner Asche soll er aber mit dabei sein. Ein weiteres Problem tut sich mit dem arabischstämmigen Piloten Dany auf, der sich als Jipés langjähriger Lebensgefährte vorstellt, von dem die Band ebenso wenig wusste wie von seiner Homosexualität. Schließlich fliegt Dany einfach mit in die USA, sozusagen als letztes Geleit, und gegen Yvans eifersüchtigen Widerstand. Nach allerhand Verwicklungen landen Dany, Yvan und Wim, die anderen Bandmitglieder sind ihnen unterwegs abhanden gekommen, allerdings in der tiefsten kanadischen Provinz, in Schefferville, einem tristen „Eskimo“-Örtchen. Bouli Lanners spielt den sturköpfig-wütenden Yvan, der den Tod seines besten Freundes einfach nicht wahrhaben möchte, gänzlich uneitel, ohne Scheu vor unsympathischen Eigenschaften, mit enormer Spielfreude und sehr starker körperlicher Präsenz: Er ist das unbestrittene Zentrum des Films. Aber auch die anderen Darsteller sind gut besetzt, Wim Willaert als der stets um Ausgleich bemühte Wim, Lyes Salem als Dany, der im Laufe der Reise beweisen kann, dass er mehr ist als ein hübscher Village-People-Verschnitt. Dennoch hätte das Drehbuch Dany ein wenig mehr Raum und Tiefe bei der Trauerbewältigung gönnen dürfen. Da standen dann wohl die Dominanz der Yvan-Figur beziehungsweise der Wille zur Komödie dagegen. Diese kleinere Schwäche fällt angesichts des von warmherziger Komik durchzogenen Films nicht allzu sehr ins Gewicht; ebenso wenig, dass die Inszenierung gelegentlich die Untiefen des Ekel-Humors streift. Spätestens nach der nächsten, wunderbar inszenierten Slapstick-Szene ist das vergessen – oder nach einem weiteren (nur vermeintlich persönlichen) Auftritt des „fünften Beatle“ Pete Best, der hier als „größter Pechvogel aller Zeiten“ als gelungener Running Gag fungiert.
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