Dokumentarfilm | Deutschland 2011 | 116 Minuten

Regie: Sebastian Dehnhardt

Porträt der ukrainischen Boxweltmeister Vitali und Wladimir Klitschko, zweier Brüder, die ihre sportlichen Erfolge zum Familienunternehmen ausgebaut haben. Der Dokumentarfilm bemüht sich um Nähe zu den Protagonisten, thematisiert Privates wie auch die Schinderei des Trainings und stellt die Brüder als symbiotische Einheit dar, die vor allem durch ihren Erfolgswillen miteinander verbunden sind. Während die Porträtierten offen über ihre Bedenken, Ängste und Niederlagen reden, vermitteln extreme Zeitlupenaufnahmen ausdrucksstark die Ästhetik, aber auch die ganze Härte des Boxsports. (Teils O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Broadview Pic.
Regie
Sebastian Dehnhardt
Buch
Sebastian Dehnhardt
Kamera
Johannes Imdahl
Musik
Stefan Ziethen
Schnitt
Lars Roland
Länge
116 Minuten
Kinostart
16.06.2011
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm | Boxerfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen Audiokommentar von Wladimir Klitschko und dem Regisseur in deutscher Sprache (auf BD wird er in einem in den laufenden Film einblendbaren "Bild-im-Bild"-Feature angeboten). Während die DVD weiter keine bemerkenswerten Extras bietet, enthält die BD zudem u.a. ein kommentiertes Feature mit neun im Film nicht verwendeten Szenen sowie weitere Kurz-Featurettes zum Film und zum Medienrummel um ihn.

Verleih DVD
Majestic/Fox (16:9, 1.85:1, DD5.1 russ./dt.)
Verleih Blu-ray
Majestic/Fox (16:9, 1.85:1, dts-HD russ./dt.)
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Diskussion
Die Brüder Vitali und Wladimir Klitschko sind ein Phänomen: zwei promovierte Schwergewichtsboxer aus der Ukraine, die längst die Herzen deutscher Box-Fans erobert haben und die Weltmeistertitel von vier der fünf bestehenden Box-Verbände auf sich vereinen. Schon der Filmtitel, der nicht den Plural bemüht, sondern mit dem Singular eine nahezu symbiotische Verbindung der Brüder andeutet, signalisiert die Stoßrichtung des Dokumentarfilms: Es geht nicht um den Kampf des Einzelnen, sondern um ein „Familienunternehmen“, dessen Hauptakteure sich den harten Bedingungen ihres Berufs unterordnen und sich gegenseitig unterstützen. Kein Kampf findet ohne die Beteiligung und Betreuung des Bruders außerhalb des Box-Rings statt. Strategien werden abgesprochen, wenn auch nicht immer erfolgreich umgesetzt, Perspektiven gemeinsam erarbeitet, die Gegner intensiv analysiert – es könnte ja sein, dass Vitalis Bezwinger Wladimirs nächster Kontrahent ist oder umgekehrt, denn irgendwie haben sich die Brüder darauf geeinigt, die Niederlagen innerhalb der Familie auszugleichen. Sebastian Dehnhardts Dokumentarfilm, der die Klitschkos zwei Jahre lang begleitete und überdies auf Archivmaterial zurückgreift, ist zwar nicht frei von Klischees, kann aber durch eine ungewöhnliche Nähe zu seinen Protagonisten punkten, die Einblicke in ihr Familienleben gewähren. So treten auch ihre Eltern mit ihren Ängsten und ihrem Stolz auf; zu sehen ist auch die desolate Wohnung, in der die Brüder als Söhne eines sowjetischen Offiziers aufwuchsen. Der Schwerpunkt liegt indes auf den Kämpfen, denen die Klitschkos ihren Erfolg zu verdanken haben, und auf der Vorbereitung für diese mitunter schweren Gänge, die auch mit mulmigen Gefühlen angetreten werden. Es gibt auch Niederlagen zu sehen, wie auch beide keinen Hehl daraus machen, dass in ihrer Gewichtsklasse ein einziger Schlag und ein unachtsamer Augenblick über Sieg und Niederlage entscheidet. Deutlich wird, dass ihr Sport mit einer enormen Schinderei verbunden ist, wie sich beide auch des Risikos bewusst sind, das sie und ihre Gegner auf sich nehmen. Schließlich geht es im besten Fall um kontrollierte Körperverletzung; auch bei durchtrainierten Schwergewichtlern kann ein Schlagabtausch tödliche Folgen haben. Auf diese Weise schleichen sich trotz der affirmativen Grundhaltung durchaus boxkritische Untertöne ein, die freilich zum Kanon dieses Filmgenres gehören, unabhängig, ob im Dokumentar- oder Spielfilmbereich. Daraus resultiert ein um Ehrlichkeit bemühter Dokumentarfilm, der die Klitschko-Brüder nicht nur als über zwei Meter große Kampfmaschinen porträtiert, sondern vor allem als Menschen, die sich ihres Berufs und seiner Gefahren bewusst sind. Besonders deutlich wird dies in den vielen Zeitlupen-Aufnahmen, welche die Deformationen in den Gesichtern der Boxer dokumentieren, wenn sie eine „krachende Rechte“ trifft oder sich einer einen „Cut“ zuzieht, eine Platzwunde unterhalb des Auges, die zum Kampfabbruch führen kann, bei Live-Übertragungen im Fernsehen aber oft nur als geringfügige Verletzung erscheint. Auf der großen Kinoleinwand wird daraus eine klaffende Wunde, die in den Kampfpausen in Windeseile behandelt werden muss, um die Blutung zum Stillstand zu bringen. Ein Unterfangen, das meistens nicht gelingt. Das Doppelporträt der Ausnahme-Athleten richtet sich in erster Linie an Box-Fans – Gegner des Boxens werden in ihren (Vor-)Urteilen wahrscheinlich eher bestätigt. Der Film zeichnet sich durch seine Nähe und Offenheit aus und bemüht sich, die beiden Hünen in möglichst vielen Facetten ihres Lebens und Wesens darzustellen. So darf am Ende auch die Frage nicht ausbleiben, ob sie je gegeneinander antreten werden. Dass dies nie der Fall sein wird, haben sie ihrer Mutter längst versprochen; es würde wohl auch ihrer unglaublichen Doppelkarriere abträglich sein. Denn trotz aller sportlichen Erfolge und trotz allem sozialen Engagement sind die Klitschkos auch clevere Geschäftsleute.
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