Abenteuer | Deutschland/Rumänien 2016 | 98 Minuten

Regie: Dominik Wessely

Eine 13-Jährige soll mit ihren Eltern die Sommerferien in Siebenbürgen verbringen, doch in Wahrheit tritt ihr Vater in der Walachei einen neuen Job an. Wütend reißt das Mädchen aus, fällt Entführern in die Hände, die es in ein Roma-Dorf verschleppen, wo ihm zwei Geschwisterkinder zur Flucht verhelfen. Das unterhaltsame Kinderspielfilmdebüt weckt Verständnis für die Kultur und die Gebräuche der Roma, indem es geschickt den Perspektivwechsel der Protagonisten herausgearbeitet. Der pädagogische Impetus geht mitunter aber auf Kosten der Abenteuer- und Freundschaftsgeschichte, die bisweilen etwas langatmig gerät. - Ab 10.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland/Rumänien
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Indi Film/Libra Film/Bastei Media/SWR/SR
Regie
Dominik Wessely
Buch
Jens Becker · Uta Kolano
Kamera
Knut Schmitz
Musik
Franziska Henke
Schnitt
Anja Pohl
Darsteller
Flora Li Thiemann (Nelly Klabund) · Julia Richter (Anne Klabund) · Kai Lentrodt (Robert Klabund) · Hagi Lacatus (Tibi) · Raisa Milhai (Roxanna)
Länge
98 Minuten
Kinostart
08.09.2016
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 10.
Genre
Abenteuer | Jugendfilm | Kinderfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Farbfilm
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Abenteuer- und Freundschaftsgeschichte um eine 13-Jährige, deren Eltern nach Siebenbürgen auswandern wollen.

Diskussion
Die Sommerferien haben begonnen, und die 13-jährige Nelly ist völlig genervt. Während ihre Freunde ans Meer oder ins raue Norwegen fahren, muss sie mit ihren Eltern ins unbekannte Siebenbürgen fliegen, nach Transsilvanien. Außer den Vampir-Geschichten kann sie mit Rumänien nichts Spannendes verbinden. Aber es kommt natürlich anders. Nelly muss nicht nur an der Beziehung zu ihren Eltern zweifeln, weil diese ihr verheimlicht haben, dass der Vater in Rumänien ein alternatives Stromnetz aus Windmühlen errichten soll und die Familie deshalb einen Umzug dorthin plant. Sondern sie wird auch noch von einem kapitalistischen Schurken, dem Staudamm-Unternehmer Wagner, gekidnappt, der die ungeliebte Konkurrenz ausschalten will. Nellys Entführung gestaltet sich schwieriger als gedacht und ist ein ewiges Jagen, Entkommen und Fangen. Dabei erfährt Nelly die Hilfe des 14-jährigen Roma-Jungen Tibi und seiner 15-jährigen Schwester Roxana, während ihre Eltern sie vergeblich suchen. „Nellys Abenteuer“ ist Dominik Wesselys Spielfilmdebüt. Bislang hat sich der Regisseur als Dokumentarfilmer einen Namen gemacht, wie auch seine versierten Drehbuchautoren Jens Becker und Uta Kolano vor allem in der Non-Fiction-Sparte beheimatet sind. Das merkt man dem Film an. Die fiktionale Handlung dient dazu, das junge Publikum mit dem Land und dessen Minderheiten, den Siebenbürger Sachsen und Roma, bekannt zu machen. Dabei möchte der Film nicht nur unterhaltsam und bildend sein, sondern auch eine pädagogische Botschaft vermitteln. So wird Nelly von den beiden Gehilfen des Bösewichts in ein Roma-Dorf verschleppt. Dieser Aufenthalt versetzt das Mädchen in die Lage einer Fremden. Am eigenen Leib muss es erfahren, wie bedrohlich und unbehaglich es sich anfühlt, wenn man als Einzelne durch unvorhersehbare Vorkommnisse in eine anders organisierte Gesellschaft gelangt. Der Film hat dafür ein sprechendes Bild gewählt. Aus Versehen wird Nelly mit einem Eimer Wasser übergossen und steht unter dem Gelächter des Dorfes beschämt wie ein nasser Pudel da. Aber Nelly erfährt auch Gastfreundschaft und Unterstützung. Sie beobachtet, was um sie herum geschieht, und lernt ein unmoderneres Leben kennen, wird mit dem Alltag, den Sitten und Gebräuchen der Roma vertraut gemacht. Die Bilder inszenieren trefflich den Gegensatz dieser Welten. Nellys Siedlung wird in ihrer sachlich-nüchternen Architektur mit geometrisch-strengen Bildkompositionen und hellen Farben eingefangen. Im Roma-Dorf dagegen leuchten Rot-, Grün- und Blautöne kräftig, die Stoffe sind bunt gemustert. Die Aufnahmen werden dynamisiert, indem das Bild mit unterschiedlichen Elementen bevölkert wird. Der Film lässt dem Mädchen Zeit, sich mit dem Roma-Jungen bekannt zu machen und in ihm einen treuen Freund zu finden. Dabei führt er die Protagonisten und den Zuschauer durch malerische Landschaften und erlaubt ihnen, manch Ungehöriges zu tun, und sei es nur, an einer Zigarette zu ziehen. Für die Verfolgungsjagd setzt er sämtliche Fortbewegungsmittel wie ein Pferd, ein Auto, einen Zug oder einen Fesselballon ein, die man aus der Abenteuerliteratur kennt. Bei der Gestaltung des größenwahnsinnigen Bösewichts standen offenbar James-Bond-Filme Pate. Wenn Wagner an seiner Pool-Landschaft gierig schnappenden Fischen das Futter hinwirft, lassen „Man lebt nur zweimal“ (fd 14 922) und „Leben und sterben lassen“ (fd 18 508) grüßen. Mitunter geht der Bildungswille auf Kosten der Abenteuer- und Freundschaftsgeschichte. Dann gelingt es dem Film nicht durchgängig, die Gefühlsspannung aufrechtzuerhalten, auch deshalb, weil die Schurken nicht furchteinflößend genug sind und die Balance nicht rhythmisch zwischen Schrecken und Komik gehalten wird. Auch findet der Film keine unverbrauchten Bilder für die kindliche Lust am Abenteuer. So wird der Kampf gegen das Böse auf Dauer doch zu langatmig.

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