Drama | USA 2015 | 90 Minuten

Regie: Alex Ross Perry

Nach diversen Schicksalsschlägen zieht sich eine Frau gemeinsam mit ihrer ehemals besten Freundin in eine abgelegene Hütte am See zurück. Statt wie erhofft Ruhe und Trost zu finden, entspinnt sich zwischen den beiden Frauen ein zermürbender Nervenkrieg. Die Inszenierung des abgründigen Porträts einer Freundschaft kombiniert Horrorelemente und Seelenentblößung und wird durch Erinnerungsflashbacks zusätzlich intensiviert. Die Gesichter der beiden Darstellerinnen werden dabei zum ereignisreichen Schauplatz einer wachsenden Destabilisierung. (O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
QUEEN OF EARTH
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Washington Square Films
Regie
Alex Ross Perry
Buch
Alex Ross Perry
Kamera
Sean Price Williams
Musik
Keegan DeWitt
Schnitt
Robert Greene
Darsteller
Elisabeth Moss (Catherine) · Katherine Waterston (Virginia) · Patrick Fugit (Rich) · Kentucker Audley (James) · Keith Poulson (Keith)
Länge
90 Minuten
Kinostart
05.05.2016
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Alex Ross Perry schickt Elisabeth Moos und Katherine Waterston zum Frauenclinch in eine einsame Hütte.

Diskussion
Die Worte wollen verletzen und klingen ihrerseits tief verletzt. „Vielleicht wird es dir irgendwann auch mal richtig scheiße gehen und dann werde ich auch nicht für dich da sein und wir sind quitt.“ So sagt es Virginia zu Catherine. Messerscharf fallen die Worte zwischen den beiden Freundinnen in „Queen of Earth“. Und treffsicher zielen sie auf genau auf die Stellen, die besonders heftig wehtun: berufliche Ambitionen und ihr Scheitern, finanzielle Abhängigkeiten, die Objektwahl in Liebesbeziehungen und ähnlich Existenzielles. Einen Sommer später: Catherine geht es richtig scheiße. Ihr Vater hat sich das Leben genommen, der Freund Schluss gemacht. Exil findet sie bei ihrer ehemals besten Freundin Virginia, in einer abgeschiedenen Hütte am See. Schon den Sommer zuvor war sie dort, hat ungefragt den Freund mitgebracht und Virginia das Glück der Paarsymbiose unter die gerümpfte Nase gehalten. In Rückblenden schiebt sich die Vergangenheit immer wieder ins Jetzt. Doch die Vergangenheit sortiert nicht, wie das in Flashback-Erzählungen allgemein üblich ist. Sie ist von Wahrnehmungsstörungen durchwirkt, ebenso wie die Gegenwart. Der amerikanische Independent-Regisseur Alex Ross Perry, ein Spezialist für dysfunktionale Beziehungen und Charaktere, setzt Virginia und Catherine von Anfang an unter ein Hochspannungsverhältnis. Zunächst ist es nur ein bissiger Satz, ein lauernder Blick, ein heruntergezogener Mundwinkel zu viel. Als ein Dritter in Form eines Nachbarn in das Beziehungsgefüge tritt – Virginias vorgeschobenes Liebesobjekt, eine Spielfigur, mit der sich die Kräfteverhältnisse umsortieren lassen –, breitet sich die Atmosphäre aus Angst, Paranoia und Verstörung immer weiter aus. In einer langen Szene sitzen Catherine und Virginia eng nebeneinander auf dem Fußboden und gestehen sich gegenseitig vergangene Beziehungskatastrophen. Die Kamera wandert langsam von einem Gesicht zum anderen, als suche sie nach einer fehlenden Verbindung. Doch was bleibt, sind zwei isolierte, delierende Monologe oder Beichten, die da in den eigenen Raum hineingesprochen werden. Perry lässt hier die Gesichter seiner beiden Darstellerinnen zum ereignisreichen Schauplatz einer wachsenden Destabilisierung werden. Jede noch so kleine innere Regung wird sichtbar nach außen gebracht. Das Gesicht gleicht so einem „Bewegungsbild“, das sich durch Schatten, Falten, Zucken, Beben und Tränen ständig neu moduliert. Nach dem Wortreichtum der beiden Vorgängerfilme „The Color Wheel“ (2011) und „Listen Up Philip“ (2014) spricht nun auch die Stille: Bilder des flirrenden Wassers, unheilvoll aufgeladene Dinge, die Enge der Räume, stumme Gesichter. Mit seinen unverhohlenen Reminiszenzen an Roman Polanski – ein beunruhigender Psychoscore, subjektive Weitwinkelperspektiven etc. – sucht Perry erstmals, und das sehr explizit, die Nähe zum Genrekino. „Queen of Earth“ ist eine Freundschafts- und Persönlichkeitsstudie im Gewand eines Horrorfilms, folgt aber gleichzeitig auch dem Seelenentkleidungskino Ingmar Bergmans. Es ist eine hervorragende Mischung, da sie dem Schmerz und dem Diabolischen gleichermaßen Raum gibt.
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