The Handmaid's Tale - Staffel 1

Drama | USA 2017 | 504 (Staffel 1: zehn Folgen) Minuten

Regie: Reed Morano

Nach dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Gesellschaft wird auf ihrem Boden eine Diktatur errichtet, in der junge Frauen gezwungen sind, für die Eliten Kinder zu gebären. Eine dieser Sklavinnen wird ins Haus eines einflussreichen Offiziers beordert, wo sie rituellen Vergewaltigungen ausgesetzt ist, bis ihr die Flucht gelingt. Vorzüglich inszenierte, in der Hauptrolle herausragend gespielte Neuverfilmung des dystopischen Romans von Margaret Atwood. Auf drei Zeitebenen erzählt, gelingt eine schlüssige Neuinterpretation des Stoffs, die vor allem der zentralen Figur mehr Entfaltungsmöglichkeiten zugesteht und eindrucksvoll die klaustrophobische Atmosphäre wiedergibt. - Sehenswert ab 16.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
THE HANDMAID'S TALE - SEASON 1
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
MGM Television
Regie
Reed Morano · Mike Barker · Floria Sigismondi · Kate Dennis · Kari Skogland
Buch
Bruce Miller · Leila Gerstein · Dorothy Fortenberry · Wendy Straker Hauser · Lynn Renee Maxcy
Kamera
Colin Watkinson
Musik
Adam Taylor
Schnitt
Julian Clarke · Wendy Hallam Martin · Christopher Donaldson · Aaron Marshall
Darsteller
Elisabeth Moss (Offred / June) · Joseph Fiennes (Commander Fred Waterford) · Yvonne Strahovski (Serena Joy Waterford) · Max Minghella (Nick Blaine) · Amanda Brugel (Rita)
Länge
504 (Staffel 1: zehn Folgen) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12 (Folge 1-4,6,7)
ab 16 (Folge 5,9,10)
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama | Literaturverfilmung | Science-Fiction | Serie

„Wir schliefen in dem Raum, der einst die Turnhalle gewesen war.“ So beginnt Margaret Atwoods Roman „The Handmaid’s Tale“. Nichts war mehr so, wie es gewesen war, lässt uns die Erzählerin wissen. Das „wir“, das sind die Mägde, die in der Turnhalle auf ihre Rolle in der neuen Republik Gilead vorbereitet werden: für die Eliten Kinder gebären, um somit dem drastischen Geburtenrückgang Einhalt zu gebieten. Sie haben neue Namen und neue Identitäten bekommen. Die Erzählerin wurde zu Offred. Zu einer Sklavin.

Diskussion
„Wir schliefen in dem Raum, der einst die Turnhalle gewesen war.“ So beginnt Margaret Atwoods Roman „The Handmaid’s Tale“. Nichts war mehr so, wie es gewesen war, lässt uns die Erzählerin wissen. Das „wir“, das sind die Mägde, die in der Turnhalle auf ihre Rolle in der neuen Republik Gilead vorbereitet werden: für die Eliten Kinder gebären, um somit dem drastischen Geburtenrückgang Einhalt zu gebieten. Sie haben neue Namen und neue Identitäten bekommen. Die Erzählerin wurde zu Offred. Zu einer Sklavin. Es ist ein Rückblick, womit der „Report der Magd“ beginnt. In ihrem 1985 erschienenen dystopischen Roman changiert Margaret Atwood zwischen den Zeiten: zwischen der Zeit, bevor die USA aus den Fugen geriet, zu der Zeit des Aufbaus des Gileadschen Gesellschaftssystems (mit der Turnhalle als zentralem Handlungsort) und schließlich zu der Zeit, aus der heraus Offred ihre Geschichte erzählt, im Haus des einflussreichen Kommandanten und seiner Frau, denen sie dient – in einer schmerzhaften Wiederkehr des Immergleichen und der regelmäßigen rituellen Vergewaltigung ihr Dasein als Magd fristend. In der Adaption von „The Handmaid’s Tale“ wird die Zeitstruktur des Romans kongenial für die gegenwärtige Rückblendenwut in Serien genutzt. Es gibt nur wenige serielle Narrationen, in denen Rückblenden so viel Sinn machen wie hier. Die Wechsel zwischen den Zeitebenen erfolgen im perfekten Timing, wodurch ein beklemmendes Gefühl des Sich-zwischen-den-Zeiten-Befindens entsteht, die Frage immer wieder in den Raum der Erinnerung gestellt wird, wie es zu diesem Regime kommen konnte. Dabei bleibt die Erzählung nahe an der Hauptfigur, überträgt die Ich-Perspektive auf eine überlegt eingesetzte Voice-Over und schafft zahlreiche Momente intensiver Introspektion, die von Elisabeth Moss herausragend gespielt werden. Nie lässt sie ihre Figur derart in die Hoffnungslosigkeit fallen, dass sie ihren Stolz verlieren, ihren Körper vollends den Mächtigen anheimgeben würde. Sie bleibt stark, stärker als das literarische Vorbild – und das ist gut so. Es gibt signifikante Ergänzungen im Vergleich zum Roman, und das betrifft einige Figuren, denen mehr Raum gegeben wird. Etwa Ofglen, die Magd, mit der Offred einkaufen geht und deren Bestrafung gezeigt wird, nachdem sie des Dissidententums überführt wird. Vor allem Luke, Offreds ehemaligem Partner, wird mehr Raum gegeben; die Flucht des Paars nach Kanada, bei der June (im Unterschied zum Roman wird Offreds wirklicher Name explizit ausgesprochen) und ihrer beider Kind gefasst werden, wird in einer ganzen Episode erzählt. An diesem Punkt der seriellen Narration wird auch der Bezug zu den aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen in den USA und zur Geschichte der Sklaverei explizit: Luke ist in der Serie Afroamerikaner; die Gesellschaft Gileads schließt die Schwarzen nicht aus der Gesellschaft aus, sie funktionalisiert sie als furchteinflößende „Neger“ in den schwarzen Anzügen der neuen allgegenwärtigen Polizei. Zur Führungsschicht sind sie nicht zugelassen. Die ist weiß. Wer dies und die Unterjochung der Frau nicht mitträgt, muss fliehen und wird im Nachbarland zum politischen Flüchtling. In den USA hat die Serie für Furore gesorgt, weil Zuschauer Atwoods Dystopie Gilead als beunruhigend aktuelles Menetekel dafür verstanden, wozu das Land unter Donald Trump werden könnte. Vom Serienschöpfer Bruce Miller abgesehen, prägen vor allem Frauen die Serie: Hauptdarstellerin Elisabeth Moss („Mad Men“) hat auch produziert, Margaret Atwood wirkt als Supervising Producer mit, Kamerafrau und Regisseurin Reed Morano führt in den ersten drei Episoden Regie. Auch in den folgenden Episoden führten überwiegend Frauen Regie, u.a. die Kanadierin Kari Skogland, die auch für „Boardwalk Empire“-Folgen verantwortlich zeichnete; auch die Autoren sind neben Bruce Miller größtenteils Frauen. Colin Watkinson führte in allen Folgen die faszinierend klaustrophobische Kamera. Ob es June am Ende gelingt zu fliehen, lässt die Serie wie auch das Buch offen. In der Serie ist es ein Cliffhanger: Eine zweite Staffel ist geplant.
Kommentar verfassen

Kommentieren