Therapie für einen Vampir

Komödie | Österreich/Schweiz 2014 | 98 Minuten

Regie: David Ruehm

Ein Vampir sucht 1932 in Wien die Praxis von Sigmund Freud auf, da er seines Daseins müde ist. Als er im Porträt einer Bekannten Freuds eine Wiedergängerin seiner großen Liebe erkennt, setzt er alles daran, die junge Frau für sich zu gewinnen. Aus dem Zusammenprall zwischen „normaler“ Welt und Vampirwelt schlägt die Komödie wunderbar absurde Funken. Die stimmige Kombination von Psychoanalyse und Vampirismus entfaltet ein illustres Spiel um Identitäten und Projektionen und erzählt mit rasantem Wortwitz und raffinierten Wendungen eine gelungene Screwball-Comedy. Der ebenso kluge wie komische Film glänzt neben durchweg guten Schauspielerleistungen vor allem durch die selbstironische Performance des Hauptdarstellers. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
DER VAMPIR AUF DER COUCH
Produktionsland
Österreich/Schweiz
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Novotny & Novotny Filmprod./Hugo Film Prod.
Regie
David Ruehm
Buch
David Ruehm
Kamera
Martin Gschlacht
Musik
Beat Solèr
Schnitt
Claudio Cea
Darsteller
Tobias Moretti (Graf Geza von Közsnöm) · Jeanette Hain (Gräfin Elsa von Közsnöm) · Cornelia Ivancan (Lucy) · Dominic Oley (Viktor) · David Bennent (Radul)
Länge
98 Minuten
Kinostart
10.09.2015
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Komödie | Vampirfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Verleih DVD
MFA/Ascot Elite (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
Verleih Blu-ray
MFA/Ascot Elite (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
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Wunderbar absurde Vampirkomödie: Blutsauger bei Freud

Diskussion
Im Grunde erzählt dieser Film von der ganz normalen Hölle eines langen Ehelebens. Allerdings potenziert um das Hundertfache zweier Vampirleben, die bekanntlich nie enden. Und therapieren soll das Ganze niemand Geringeres als Sigmund Freud höchstpersönlich. Was für eine grandiose Ausgangslage für eine tiefschwarze Komödie! Der österreichische Autor und Regisseur David Ruehm enttäuscht die eingangs geweckten Erwartungen keineswegs: „Therapie für einen Vampir“ ist klug und komisch, glänzt mit geschliffenem Wortwitz und neben durchweg tollen Schauspielleistungen vor allem mit einer herrlich selbstironischen Performance von Tobias Moretti. Ruehm ist freilich nicht der Erste, der Psychoanalyse und Vampirismus zusammenbringt. Der Literaturwissenschaftler Laurence A. Rickels nennt beide sogar die „miteinander konkurrierenden Wissenschaften des Untoten“. Auch ist Ruehm bei weitem nicht der Erste, der sich der Welt der Vampire auf komödiantischen Pfaden nähert. Doch die Kombination aus all dem ist wunderbar originell und so stimmig, dass man sich wundert, dass noch keiner vor ihm auf diese Idee gekommen ist. Die Handlung spielt 1932 in Wien: Ein neuer Patient sucht Freuds Praxis auf, Graf Geza von Közsnöm. Dass er nur abends Zeit hat, wundert den Psychoanalytiker nicht weiter. Der Graf ist seines Daseins müde, vor allem aber ist er furchtbar genervt von seiner Frau. Die verlangt jede Nacht, dass er ihr Äußeres beschreibe (Vampire haben schließlich kein Spiegelbild). Wie Freud nun versucht, den Eheproblemen des Grafen auf sachlich-wissenschaftliche Weise beizukommen und bei der Gräfin eine Scopophobie konstatiert, erzeugt in der Diskrepanz zur wüsten vampirischen Parallelwelt eine wunderbar absurde Komik. Richtig Fahrt nimmt die Handlung auf, als der Graf bei Freud das Porträt einer jungen Frau entdeckt: Es zeigt Lucy, die Freundin des jungen Malers Viktor, der für den Psychoanalytiker regelmäßig Traumillustrationen erstellt. Der Graf erkennt in ihr eine Wiedergängerin seiner großen Liebe Nadila, die Jahrhunderte zuvor Vampirjägern zum Opfer fiel, und setzt alles daran, Lucy für sich zu gewinnen. Da die selbstbewusste Lucy im ruppig-leidenschaftlichen Dauerclinch mit ihrem etwas konservativen Geliebten liegt, kommt ihr der Graf gerade recht. Der wiederum gibt ein Porträt seiner Frau bei Viktor in Auftrag, um beide für die geplanten Schäferstündchen mit Lucy/Nadila loszuwerden. Die daraus folgenden Gefühlsverirrungen und -wirrungen inszeniert Ruehm als Spiel um Identitäten, Projektionen und Bilder, die man sich voneinander, aber auch von sich selbst macht – und die zur Obsession werden: Was zur Liebe im Allgemeinen, aber natürlich auch zur Psychoanalyse und den spiegelbildlosen Vampiren passt. Transportiert wird das über raffinierte Wendungen in der Handlung und ebenso intelligente wie witzige Dialoge, die dem Zuhörer im rasanten Ping-Pong-Stil um die Ohren fliegen. Damit ist „Therapie für einen Vampir“ im Grunde eine lupenreine Screwball Comedy, erweitert um das sehr komisch eingesetzte Vampir-Motiv: Ein schöner Running Gag ist beispielsweise der Zählzwang der Untoten. Auch die Psychoanalyse wird auf subtile Weise auf die Schippe genommen, etwa in Freuds eigenen Albträumen (von kaltem Wasser). Denn ob es nun um Therapie, die profane Teilung von Rindfleisch oder das Malen von Bildern geht: Alles findet hier stets nach einer ominösen „Methode“ statt. Ein durchweg liebevoll gestalteter Film, der nach einem Jahrhundert voller Vampirfilme durch eine originelle Herangehensweise glänzt.

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