Weil ich Künstler war - Geheime Kunstwerke aus den Konzentrationslagern

Dokumentarfilm | Frankreich/Deutschland 2013 | 105 Minuten

Regie: Christophe Cognet

Obwohl sie wie ihre Mithäftlinge ums nackte Überleben kämpften, ließen viele internierte Maler auch im Konzentrationslager nicht von ihrer Kunst. Rund 30.000 dieser damals entstandenen Bilder sind heute noch erhalten. Der Dokumentarfilmer Christophe Cognet stellt einen Teil der Werke vor und besucht einige der noch lebenden Künstler, um mit ihnen über die Malerei im Angesicht des Schreckens zu sprechen. Eine intensive, unkommentierte, in der Wahl ihrer filmischen Mittel betont karg gehaltene Dokumentation. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
PARCE QUE J'ÉTAIS PEINTRE
Produktionsland
Frankreich/Deutschland
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
La Huit Prod./Augenschein Filmprod.
Regie
Christophe Cognet
Buch
Christophe Cognet · Pierre-François Moreau · Jean Breshand
Kamera
Nara Keo Kosal
Schnitt
Catherine Zins
Länge
105 Minuten
Kinostart
16.10.2014
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Dokumentarfilm

Diskussion
„Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch“, notierte Theodor W. Adorno in seinem 1951 publizierten Aufsatz „Kulturkritik und Gesellschaft“. Dabei hatte u.a. Paul Celan mit seinem Gedicht „Todesfuge“ schon Jahre zuvor das Gegenteil bewiesen. Doch dem Verdikt des Philosophen, dass eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Holocaust der Unvorstellbarkeit dieses Verbrechens per se nicht gerecht werden könne, wurde bereits weit früher widersprochen. Zahlreiche von den Nazis inhaftierte Künstler hörten auch während ihrer Jahre in den Konzentrationslagern nicht auf zu schreiben und zu malen. Unter widrigsten Bedingungen zeichneten sie im Geheimen auf Papierfetzen, Kartons und anderen Materialien und versuchten, dem Grauen um sie herum eine Gestalt zu geben. Gut 30 000 dieser Werke lagern in Museen und Archiven in der ganzen Welt. In seinem Dokumentarfilm begibt sich Christophe Cognet auf eine Reise zu diesen Bildern und besucht einige der einst internierten, heute noch lebenden Künstler, um mit ihnen über ihre Bilder und ihre Motive zu sprechen, auch im Konzentrationslager an ihrer Kunst festzuhalten. Ihre Erklärungen sind dabei so unterschiedlich wie ihre Bilder aus jenen Jahren. Demnach entstanden viele Zeichnungen aus quasi journalistischem Antrieb, um die Verbrechen zu dokumentieren, da klar war, dass diese Gräueltaten von keiner Fotokamera abgelichtet werden würden. Manche dieser Werke fanden in den späteren Auschwitz-Prozessen Verwendung. Andere fertigten Porträts ihrer Mitgefangenen und versuchten, den Schrecken in deren Gesichtszügen festzuhalten. Oder sie malten, um ihrem Alltag etwas entgegenzusetzen und sich und den Porträtierten ein Stück Menschenwürde zu erhalten. Bei einigen Malern war es aber auch eine seltsame Faszination, die sie zu Stift oder Pinsel greifen ließ. So konfrontiert der Autor einige seiner Gastgeber mit einem Zitat des Malers Zoran Music, der seine Empfindungen angesichts von Leichenbergen im KZ festhielt: „Was mich zutiefst bewegt hat, das war die schreckliche Schönheit all dieser Körper, die wie die Äste eines Scheiterhaufens aufeinanderlagen, und die Hände und Füße, die daraus hervorragten. Diese tragische Eleganz faszinierte mich... Es war eine Notwendigkeit, dies zu reproduzieren, darzustellen, und für später zu erhalten.“ Auch wenn der Film um die Frage einer möglichen Ästhetisierung des Schreckens kreist, bleiben sein Hauptele­ment die Bilder selbst, die oft kommentarlos und ohne Musikuntermalung minutenlang mit der Kamera abgefahren werden. Eine unspektakuläre, aber angesichts des Themas stimmige und konsequente filmische Handschrift. Daneben bietet der Film in einem dritten Erzählstrang aktuelle Einstellungen von den Gedenkstätten der ehemaligen KZs, die in ihrem nüchternen Alltag mit Besucherströmen und Hinweistafeln einen seltsamen Kontrast zu den beklemmenden Gemälden und Zeichnungen bilden. „Weil ich Künstler war“ ist in seiner kargen Inszenierung fraglos ein Special-Interest-Film. Dennoch ist die klug und souverän gemachte Dokumentation unbedingt sehenswert.
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