Der
1941 im schweizerischen Winterthur geborene Filmemacher befasst sich in seinen
dokumentarischen Arbeiten seit den 1960er-Jahren immer wieder mit
gesellschaftlich brisanten Themen. Sein jüngster Film „Eldorado“ schlägt eine
Brücke zwischen den Zeiten. Er verknüpft Imhoofs biografische Erinnerungen an
ein italienisches Mädchen, das seine Familie 1945 aufgenommen hatte, mit der
Geschichte gegenwärtiger Flüchtlinge, die in Europa Schutz suchen.
Sie
erzählen in „Eldorado“ zwei Geschichten. Einmal die des italienischen Mädchens
Giovanna, das 1945 durch die Vermittlung des Schweizerischen Roten Kreuzes eine
Weile in ihrer Familie lebte und so etwas wie ihre ältere Schwester, vor allem
aber ihre erste große Liebe wurde, und dann jene der Flüchtlinge, die in den
letzten Jahren aus Afrika nach Europa kamen. Wie fanden diese beiden
Geschichten zusammen?
Markus Imhoof: Giovanna begleitet mich schon
mein ganzes Leben. Sie ist in „Das Boot ist voll“ (1980) in der Widmung erwähnt
und bereits dort der emotionale Kern der Geschichte. Ich hatte sie bei der
Arbeit an „Eldorado“ in einem Schreiben an die Marine erwähnt, aber nie daran
gedacht, sie in den Film hineinzunehmen. Bei einer Produktionsbesprechung wurde
es dann aber derart emotional, dass ich beim Reden über Giovanna in Tränen
ausbrach. Danach haben mich die Produzenten ermuntert, diese Geschichte in den
Film einzubauen. Ich brauchte eine Weile, um das zuzulassen. Als ich kurz
darauf im Nachlass meiner Eltern die Briefe von damals fand, begann Giovannas
Geschichte in die andere hineinzuwachsen. Ganz zuletzt, wir waren bereits in
der Montage, haben wir die Szene gedreht, mit welcher der Film beginnt: Ich
suche und finde Dinge, die an Giovanna erinnern, Fotos, Briefe. Die
Kinderzeichnungen hatte ich immer bei mir behalten.
Briefe und Fotos von Markus Imhoof und Giovanna
Sie
haben vom November 2014 bis im Mai 2016 gedreht und vom November 2015 bis
November 2017 geschnitten. Dazu kommen die Vorbereitungen. Das ist für einen
Film mit aktueller Thematik eine lange Entstehungszeit. Wie kam es dazu?
Imhoof: Als wir anfingen, war die
Flüchtlingsproblematik brandaktuell und es ging hektisch zu. Wir haben uns aber
bald entschieden, auf Aktualität zu verzichten und das Thema grundsätzlicher
darzustellen. Das hat uns viel Aufwand beschert: Wir mussten erst herausfiltern,
was das Grundsätzliche überhaupt ist. Wir haben vieles gedreht, was jetzt nicht
im Film ist, aus dem aber vielleicht ein zweiter Film entsteht. Während „Eldorado“
auf die illegale Reise von Afrika über Italien in die Schweiz fokussiert, handelt
der andere Teil als Gegenentwurf von den wenigen legalen Wegen, der Lösung für
die „most vulnerable“: Die UNO-Flüchtlingshilfe UNHCR hat die Möglichkeit, von
den rund 1,2 Millionen Flüchtlingen, die im Libanon gestrandet sind, 9000 in
verschiedenen Ländern unterzubringen. Wir haben diese Auswahl beobachtet und
zwei Familien durch die Vorbereitungszeit und während ihrer Auswanderung nach
Europa begleitet: eine Zahnarztfamilie mit drei Kindern und eine
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