Bettina Böhler ist seit mehreren Jahrzehnten eine der einflussreichsten deutschen
Filmeditorinnen. Sie hat die „Berliner Schule“ mit ihrer Arbeit wesentlich
mitgeprägt. Allein für Christian Petzold montierte sie zwölf Filme. „Transit“
gehört zu ihren Meisterwerken. Ein filmisches Erzählexperiment, das die Montage
vor extreme Herausforderungen stellte.
Steht für Sie die Montage im Dienst der erzählten Geschichte eines
Films?
Bettina
Böhler: Die Montage ist eine der drei Säulen eines Films.
Das Material, das beim Drehen entsteht, ist noch kein Film. Fast kann man
sagen, dass es „totes Material“ ist.
Aber stehen die abgedrehten Szenen nicht in einem Zusammenhang mit der
Art und Weise, wie filmisch erzählt wird? Es gibt ja auch eine sichtbare und eine
unsichtbare Montage.
Böhler:
Man kann das vielleicht an dem festmachen, was man
sieht. Das hat damit zu tun, was das menschliche Auge wahrnimmt. Die Montage
erspürt in dem Material, nach welcher Form der Film verlangt.
In der Montage können aber Bilder eingefügt werden, die nicht viel mit
der erzählten Geschichte zu tun haben. Kurze Inserts, die etwa eine Assoziation
herstellen. In Agnès Vardas „Le Bonheur – Das Glück“ (1965) ist das beispielsweise
sehr auffällig.
Böhler: Assoziationen sind grundsätzlich bei jeder Filmerzählung ein ganz
wichtiges Element. Je nachdem, mit welchem Bild man aus einer Sequenz aussteigt,
gib man schon etwas für die nachfolgende Szene vor. Es passiert etwas zwischen
diesen Schnitten. Natürlich sollte auch innerhalb einer Sequenz zwischen den
Schnitten etwas passieren. Im übertragenen Sinn. Aber zwischen den Sequenzen
ist es für die gesamte Lesart der Geschichte wichtig. Manchmal ist es
assoziativ – wenn ein Schauspieler den Blick in eine bestimmte Richtung wendet
und man in dem Moment schneidet, in dem er auf die Person schauen würde, die
aber zeitlich und örtlich vielleicht wo ganz anders ist. Dadurch wird eine
gedankliche Verbindung hergestellt.
Bettina Böhlers jüngste Arbeiten neben "Transit"