Judas
war gestern! Prominente Whistleblower haben die Verachtung für Verräter in
Frage gestellt. Das Kino erzählt mittlerweile Geschichten über die Möglichkeit
eines „guten“ Verrats durch integre Vorbildfiguren, was neben Filmbiografien über
Edward Snowden & Co. auch unerwartete Umdeutungen hervorbringt. Aktuell beweist
Marco Bellocchio mit „Il Traditore“, dass ein Verräter selbst im Mafiafilm zum
Helden werden kann.
Beim
großen Mafia-Gruppenfoto darf Tommaso Buscetta in die Mitte rücken, ein Zeichen
der Wertschätzung seiner Kollegen von der Cosa Nostra. Respektgebietend mit maßgeschneidertem
weißem Anzug, eingeölten Locken, tiefer Stimme und dem staatmachenden
inoffiziellen Titel „Boss der zwei Welten“ präsentiert sich der von Pierfrancesco Favino gespielte Protagonist von Marco Bellocchios „Il Traditore – Kronzeuge gegen die Mafia“ (ab Donnerstag, 13. August, im Kino). Es
ist ein immenser Kontrast zur gängigen Darstellung von Verrätern im Mafiafilm, wo
sie seit jeher fest zum Personal gehören: als erbärmliche Kreaturen, denen jede
„Klasse“ für eine Verbrecherorganisation von Format fehlt. Männer, wie sie vor
allem der zweite Teil von Francis Ford Coppolas „