Während die einen zu Schmetterlingen werden, kämpfen die anderen ums
Überleben. Im zweiten Teil seiner Essay-Reihe „Politische Cinephilie“
beschäftigt sich Till Kadritzke kritisch mit dem Imperativ der
Selbstfindung im narrativen Film seit der New-Hollywood-Ära und sucht nach
Alternativen – wobei er auch im Kino der 1970er-Jahre fündig wird.
Als ich ein zweites Mal Leonie Krippendorffs schönen Coming-of-Age-Film „Kokon“
im Kino sehe, muss ich, wann immer Rabenmutter Vivienne die Szene betritt, an
Wanda denken, die Protagonistin aus Barbara Lodens gleichnamigem Film
von 1970. Der assoziative Sprung vom gegenwärtigen Kotti in Berlin (der Gegend
um den U-Bahnhof Kottbusser Tor in Kreuzberg) zum US-Nirgendwo vor einem halben
Jahrhundert hat mit einem kleinen Vorbehalt gegenüber „Kokon“ zu tun, und
dieser Vorbehalt wiederum mit dem Thema dieser Essayreihe: dem Verhältnis
zwischen der Feier des Kinos einerseits – als einem Raum der Affekte, der
ungeahnten Möglichkeiten, des Exzesses – und dem sogenannten Politischen
andererseits, der Nachbarin, die bei dieser Feier irgendwann dann doch mal
klingelt und das Kino dran erinnert, dass es nicht allein ist auf der Welt.