Kino ist am Schönsten, wenn alles
fließt, und will ein Film strukturelle und systematische Ungleichheit
anprangern, wird es schnell didaktisch. In seinem vierten Kracauer-Essay widmet
sich Till Kadritzke diesem Problem anhand der Miniserie „When They See Us“ von Ava
DuVernay. Und fragt sich, ob die Affekte des Kinos und die Analyse von
Machtverhältnissen einander ausschließen müssen.
Das
Kino fließt immer fort, aber das Leben ist hart. Ich schließe an mein Essay „Politische Cinephilie (III): Die Filter der Wahrnehmung“ und bei Kathleen Stewart
an: „Strukturen wachsen in ihren Verwurzelungen, Identitäten nehmen Platz, Wege
des Wissens werden mir nichts, dir nichts zu Gewohnheiten. Aber die
gewöhnlichen Affekte geben den Dingen die Eigenschaft eines Etwas, das bewohnt
und beseelt werden kann.“ Das Kino kann gerade dann politisch sein, ohne den
ihm eigenen Fluss zu verstopfen, wenn es diesen gewöhnlichen Affekten auf den
Grund geht, wenn es zu verstehen versucht, wie die Menschen ihre Welt bewohnen,
welchen Dingen sie warum Bedeutung beimessen.