© DFF ("Im Tiefenrausch - Film unter Wasser")

Neue Filmausstellungen 2022

Eine Vorschau auf die kommenden Ausstellungen in Filmmuseen und Filmarchiven

Veröffentlicht am
25. März 2022
Diskussion

Trotz der Pandemie planen viele deutsche und europäische Filmmuseen für das laufende Jahr 2022 attraktive Ausstellungen rund um filmische Themen oder berühmte Stars. Das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt etwa präsentiert „Im Tiefenrausch – Film unter Wasser“; die Deutsche Kinemathek in Berlin wartet mit einer Würdigung des „Kosmos Werner Herzog“ auf. Ein Überblick über die Ausstellungen der kommenden Monate.


Das Deutsche Filminstitut & Filmmuseum (DFF) in Frankfurt setzt nach der noch bis zum 22. Mai laufenden Schau „Katastrophe. Was kommt nach dem Ende?“ sein genreorientiertes Ausstellungsprogramm fort. Am 1. Juli soll die Ausstellung „Im Tiefenrausch – Film unter Wasser“ eröffnet werden. Wer dabei an eine die Sinne, Emotionen und jede Menge Nervenkitzel stimulierende Thematik denkt, liegt nicht falsch. Filmfreunde assoziieren Produktionen wie Luc Bessons „Im Rausch der Tiefe“ oder „Das Boot“, „Abyss – Abgrund des Todes“, „Die Höllenfahrt der Poseidon“, „Aquaman - Königreich Atlantis“ oder auch Jacques Cousteaus „Die schweigende Welt“ und „Welt ohne Sonne“.

Die Frankfurter Ausstellungsmacher versprechen Anklänge an „geheimnisvolle Wracks und bezaubernde Meerjungfrauen, freundliche Delfine und weiße Riesenhaie, besessene Tiefseetaucher:innen und tollkühne U-Boot-Kapitäne. Schon früh hat der Film die fantastischen Welten und Wesen, die unter der Wasseroberfläche lauern, für sich entdeckt: ein Spannungsfeld zwischen Licht und Dunkelheit, Oberfläche und Tiefe, Leben und Tod“. Die bis zum 8. Januar 2023 terminierte Schau will mit einem blau schimmernden Bewegtbild-Aquarium zentrale Motive des Unterwasserfilms visuell und akustisch erfahrbar machen. Zeitgemäß werden auch naturwissenschaftliche, kunsthistorische, politische und ökologische Aspekte des Genres aufgezeigt.


„Was ich bin, das sind die Filme!“: Werner Herzog

Die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen in Berlin erhielt 2009 von Lucki Stipetić, dem Bruder von Werner Herzog und Geschäftsführer der Werner Herzog Produktionsfirma, das Produktionsarchiv des exzentrischen Regisseurs. Drei Jahre später kamen weitere Materialien hinzu. Aus diesem Fundus sind filmhistorisch sehr interessante Dokumente des Werner-Herzog-Archivs bereits online zugänglich. „Was ich bin, das sind die Filme!“, hat Filmemacher schon früh zu Protokoll gegeben. Nachdem die Deutsche Kinemathek Herzogs Gesamtwerk bereits im Jahr 2002 mit einer Sonderausstellung würdigte, ist nun, passend zum 80. Geburtstag von Herzog am 5. September 2022, unter dem Arbeitstitel Kosmos Werner Herzog eine neue Präsentation der Sammlung angekündigt (ab 24. August).

"L'livre de image" im Haus der Kulturen der Welt ()
"Le livre de image" im Haus der Kulturen der Welt (© Casa Azul Films/Ecran Noir productions)

Das Haus der Kulturen der Welt präsentiert ab Februar gleich zwei lohnende Ausstellungen. „The Children Have to Hear Another Story – Alanis Obomsawin“ (12.2. – 18.4.) thematisiert das Werk der in Kanada aufgewachsenen Dokumentarfilmerin, die sich seit fünf Jahrzehnten dem indigenen Kino widmet. Die bekennende Aktivistin Obomsawin versteht sich als Stimme der politisch-sozialen und ökologischen Diskurse über vernachlässigte Gemeinschaften. „Sentiments, Signes, Passions – Zu Godards Film ‚Le livre d’image‘“ (10.2. – 24.4.) ist sich eine Schau über das 2018 entstandenen Filmessay von Jean-Luc Godard betitelt. Fabrice Aragno, der Kameramann und Produzent des Films, will mit seiner Präsentation die lineare Struktur des Werks aufbrechen. Durch diese „dynamische Projektion“ soll das Publikum mittels 40 Monitoren ganz persönliche Assoziationen entwickeln.


Hamburg, Hitchcock, Pasolini

Das Altonaer Museum in Hamburg zeigt bis zum 18. Juli „Close-Up. Hamburger Film- und Kinogeschichte“, eine Introspektion urbaner Vielfalt der heimischen Film- und Medienszene. Das Spektrum reicht vom Beginn der Kinematografie bis zur unmittelbaren Gegenwart. Mit der Distanzierung vom Klischee der Seemannsromantik landet man so beim experimentellen (Kino-)Realismus. Schwerpunkte liegen auf der Entstehung der unabhängigen Filmproduktion ab 1960, auf der Diversifikation nach 1980, insbesondere im Blick auf den Animations- und Trickfilm. Hamburg als Drehort und als Filmkulisse erschließt sich über Filmkostüme und Filmausschnitte, die von Fritz-Lang-Stummfilm „Harakiri“ über die Jerry-Cotton-Adaption „Die toten Augen von London“ bis zu „Gegen die Wand“ von Fatih Akin reichen.

Die Cinémathèque de Luxembourg und die Universität der Stadt warten noch bis Juni mit einer Hommage an „Hitchcock. The Brand auf, wie die aus der Privatsammlung Paul Lesch zusammengestellte Ausstellung heißt. Der Großmeister der Siebten Kunst, der seine eigene Marke mit ihrer auratischen Atmosphäre während seiner gesamten Karriere kultivierte, schlug ein weltweites Publikum in seinen Bann. Alfred Hitchcock verkörpert wie wenige andere das Kino und unsere Vorstellung davon. In der Stummfilm-Ära geschult, avancierte er zum Vorbild des Autorenfilms und zum Hollywood-Star. Subversiv konnotierten seine Produktionen das Regelwerk des modernen Unterhaltungskinos. Die Schau wird von sechs Lektionen renommierter Filmwissenschaftler flankiert, die signifikante Themenkomplexe aus seinem Werk analysieren, etwa die Psyche, die Täuschung, Frauen sowie Einflüsse und Rezeptionsästhetik.

Auf den Spuren von "Pier Paolo Pasolini - Chantal Vey" (C)
Auf den Spuren von "Pier Paolo Pasolini - Chantal Vey" (© Cinémathèque Royale de Belgique)

Neben einer Retrospektive nimmt die Cinémathèque Royale de Belgique in Brüssel den 100. Geburtstag von Pier Paolo Pasolini zum Anlass, das Oeuvre des italienischen Autorenfilmers unter besonderen Aspekten darzustellen. Im Foyer der Kinemathek verweist die Ausstellung „Pier Paolo Pasolini – Chantal Vey“ (5. März bis 18. April) auf die aktuelle Bedeutung des visionären Filmemachers, Poeten und Humanisten hin. Die in Brüssel lebende französische Künstlerin Chantal Vey unternimmt eine Spurensuche, die sich auf Pasolinis legendäre Autofahrt 1959 entlang der italienischen Küste bezieht, die sie als „La Longue Route de Sable“ bezeichnet und mit Pasolinis Dokumentarfilm „Gastmahl der Liebe“ (1964) verschränkt. Ihre digitalen Arbeiten und Plastiken treten so in einen offenen Dialog, ohne vorgegebene Räume oder Zugänge vorauszusetzen.


Romy Schneider in der Cinémathèque française

Die Cinémathèque française ehrt vom 16. März bis 31. Juli Romy Schneider – vierzig Jahre nach ihrem Tod 1982. Die Erinnerung an einen Superstar in der Geschichte des Films verantwortet Clémentine Deroudille, die eine Auseinandersetzung mit den „diversen“ Rollen und Interpretationen der Ikone ankündigt. Im Zentrum stehen Romy Schneiders Texte, Gedanken, Tagebucheinträge, Interviews oder Drehaufnahmen vom Set, die bei aller Anstrengung und Konzentration auch einen leidenschaftlichen, fröhlichen Menschen zeigen. Auf den Spuren ihres Lebens kann man nachvollziehen, wie aus der österreichischen Verlobten von Alain Delon, wie aus Rosemarie Magdalena Albach eine Identifikationsfigur der modernen, unabhängig-selbstbewussten Frau wurde. Spannung verspricht die populäre Aufbereitung allemal. Es wäre ein großer Verdienst, wenn sie dem Oberflächencharme der Ikone entkommt und zum Entdecken der unbekannten Seiten der Actrice einladen könnte.

"Nummer acht, everything is going to be alright" von Guido van der Werve (courtesy the artist and GRIMM Amsterdam/New York)
"Nummer acht, everything is going to be alright" von Guido van der Werve (© GRIMM Amsterdam)

Das Amsterdamer Eye Filmmuseum bietet bis zum 29. Mai einen Blick auf das filmische Werk von Guido van der Werve. In der Retrospektive mit Arbeiten aus zwanzig Jahren dominieren Romantik, Natur und das untergründige Dimensionen der Existenz. Es sind extreme Ansätze und Projekte, Studien wie der Kurzfilm „Nummer acht“, der Triathlon-Lauf zwischen der Warschauer Kirche mit dem dort aufbewahrten Herzen Chopins und seiner Grabstätte in Paris. Van der Werve verbindet autobiografische Versatzstücke mit klassischer Musik oder, da selbst ein begeisterter Marathonläufer, mit Ausdauersport. Performances und Aktionen dienen hier zur Welt- und Selbsterfahrung. Der ausgebildete Pianist komponierte die Musik zu vielen seiner Filme, deren experimentelle Ästhetik auch Spuren von Melancholie und trockenem Humor aufweist. Seine jüngste Produktion „Nummer achttien“ erzählt so von einem Verkehrsunfall, den van der Werve erlitt, und der danach notwendigen Reha-Maßnahme.

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