Der kaltschnäuzig wirkender Gerichtsvollzieher Jean-Claude (Patrick Chesnais) hat wenig Mitleid mit den armen Schluckern, denen er Zahlungsbefehle oder Räumungsbescheide zustellt. Er ist pflichtbewusst, routiniert und regungslos. Bis frischer Wind zwischen die Aktendeckel seiner verstaubten Existenz fährt. Als er das Fenster seiner Kanzlei öffnet, schwebt Musik aus der Tanzschule gegenüber herein, die ihm in die Beine fährt. Klammheimlich umfasst er die stickige Büroluft, als hielte er eine Frau in den Armen, und beginnt, sich mit ungelenken Tanzschritten zu wiegen.
Als er sich dann für die Tango-Anfängergruppe meldet, spricht ihn prompt eine jüngere Frau an, Françoise (Anne Consigny). Ob er sich nicht erinnere? Seine Mutter sei doch ihr Kindermädchen gewesen. Jean-Claude bleibt reserviert, aber als er ihr tanzt, keimt so etwas eine Liebe auf. Und auch Françoise, die selbst irritiert ist über ihre Zuneigung, verschweigt ihm, dass sie Tango für ihre eigene Hochzeit übt.
Die Kamera konzentriert sich auf die stummen, manchmal Hilfe suchenden, oft komischen Blicke der Figuren. Auf die Füße der Tanzenden schaut sie nie. Die Seele des Tangos legt nur die faszinierende Musik von Christoph H. Müller und Eduardo Makaroff frei. Stachelige Rhythmen und gleißende Geigen künden von Trauer, Haltlosigkeit, Sehnsucht, von Gefühlen also, die sich die Protagonisten nicht eingestehen wollen.
Die in den Hauptrollen grandios besetzte und gespielte Tragikomödie von Stephane Brizé konzentriert sich ganz auf die Personen und ihre mitunter ratlosen Gesichter. Eine heiter-melancholische Fingerübung in Sachen Sprachlosigkeit und Unfähigkeit zur Kommunikation, die auch durch die präzis geschriebenen und gespielten Nebenrollen überzeugt. – Sehenswert ab 14.