Eine Hommage auf Wim Wenders, eine unbekannte Seite des Nouvelle-Vague-Mavericks Jean-Luc Godard, Blicke auf den türkischen Regisseur Nuri Bilge Ceylan und die britische Schauspielerin Tilda Swinton, eine Variation des Nosferatu-Mythos und das kinematografische Universum des Hollywood-Regisseurs James Cameron. Die für 2025 angekündigten Ausstellungen über renommierte Filmkünstler:innen und interessante Kapitel der Kinogeschichte versprechen einen ereignisreichen Jahrgang. Hier eine Auswahl nationaler wie internationaler Events.
Das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt wird sich nach der aktuellen Sonderausstellung über deutsche Filmproduktionen („Neue Stimmen“) einer erzähldramaturgisch wichtigen Technik widmen: der sogenannten Plansequenz. Unter dem Titel „Entfesselte Bilder“ will man ab dem 2. April über das aus einer einzigen, ungeschnittenen Einstellung und Kamerafahrt bestehende Stilmittel sach- und fachkundig informieren. Bereits in der Stummfilm-Ära arbeiteten namhafte Regie- und Kameraleute mit dieser revolutionären Technik. Karl Freunds legendäre Kamerafahrten hinterließen ihre Spuren von den Neuen Wellen – in Frankreich, Italien, Großbritannien und auch der Bundesrepublik – bis ins Blockbuster- und Arthouse-Kino. So etablierte sich eine dynamische Atmosphäre aus Raum und Zeit. Anhand exemplarischer Ausschnitte aus der ganzen Filmgeschichte soll im Filmmuseum in Frankfurt auf Leinwänden und Monitoren eine Schule des Sehens und der audiovisuellen Kunst zu erleben sein. Die bis zum 1. Februar 2026 terminierte Schau wird von Michael Kinzer kuratiert.
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Anlässlich des 80. Geburtstags von Wim Wenders am 14. August würdigt die Bundeskunsthalle in Bonn vom 1. August an das Gesamtwerk des deutschen Filmemachers. Unterstützt wird die Schau vom Deutschen Filminstitut & Filmmuseum und der Wim Wenders Stiftung. Poetisch-melancholische Filmlandschaften, Fotografien, Zeichnungen und Collagen, elektronische „Malereien“, Plakate und eine Auswahl seiner Filmbibliothek versprechen eine multiperspektivische Begegnung. Neben biografischen Stationen laden Produktionsunterlagen, Drehpläne, Storyboards, Kostüme und Requisiten zu Wenders’ Reisen bis ans Ende der Welt ein. Kuratorin Susanne Kleine verweist darauf, dass Wenders für die Ausstellung auch eine Installation mit passender Begleitmusik vorbereitet, die eine immersive Wahrnehmung seines Filmuniversums ermöglicht. Wenders spricht eine Audioführung durch die einzelnen Räume selbst ein. Die Ausstellung läuft bis 11. Januar 2026.
Vampire in Düsseldorf, queeres Kino in Berlin
Das Filmmuseum Düsseldorf nutzt die derzeitige Leinwand-Wiederkehr des wohl legendärsten Vampirs zur Studioausstellung „Nosferatu Revisited – Ein filmischer Klassiker zwischenschwarzer Romantik und Naturmystik“. Bis zum 31. März reflektiert die Ausstellung drei populäre Verfilmungen des berühmten Untoten und ordnet sie zeit- und wirkungshistorisch ein. Den Anfang macht F. W. Murnaus Stummfilm „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ (1921/22), der zu Diskussionen über die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs und die gesellschaftspolitische Weltlage einlädt. Dabei helfen Originalaufnahmen des Klassikers sowie Entwürfe und Grafiken des Filmarchitekten Albin Grau. Eigenwillig im Vergleich dazu ist die Adaption des Bram-Stoker-Stoffes von Werner Herzog mit Klaus Kinski in der Titelrolle. Abgerundet wird das Thema durch die aktuelle Nosferatu-Hommage von Robert Eggers an den großen Ahnherrn des Vampir-Genres. Szenen aus dessen „Nosferatu“ sollen die Nähe zu den mystisch-rätselhaften Landschaften eines Caspar David Friedrich und Anklänge an die Malerei der sogenannten Schwarzen Romantik deutlich machen. Die zeitlose Ikone des Horrorfilms entlarvt Abgründe der menschlichen Seele.
Die Deutsche Kinemathek in Berlin verzeichnete vor ihrer Schließung Ende Oktober 2024 einen regen Besucherzuspruch. Direktor Rainer Rother, der Ende April 2025 in den Ruhestand wechselt, resümierte: „Dieses Echo zeigt, wie unverzichtbar die dauerhafte Präsentation unserer Filmerbe-Schätze in der Berliner Kulturlandschaft ist. Die Ausstellung war ein publikumswirksames Schaufenster der Kinemathek.“ Als Übergangsdomizil bis zu einem Museumsneubau fungiert das E-Werk in Berlin-Mitte; ein Industriedenkmal, in das vor 30 Jahren ein Techno-Klub einzog. Ab Juni 2025 wird die gebürtige Niederländerin Heleen Gerritsen die künstlerische Leitung der Institution übernehmen.
Von November 2025 bis Juli 2026 kündigt die Kinemathek eine Sonderausstellung unter dem Arbeitstitel „Inventing Queer Cinema“ an. Die Kuratoren wollen „die Geschichte des queeren Kinos nicht nur als Geschichte von Widerstand und Revolution, sondern auch als Geschichte von Solidarität und Innovation“ aufarbeiten. Denn, so die These: „Träume und Erfahrungen, Blicke und Sehnsüchte werden im queeren Kino aus ganz eigener Perspektive gezeigt.“ Dabei sollen historische Entwicklungen, Erfolge und Niederlagen, aber auch Einflüsse auf das Mainstream-Kino sichtbar werden. Ein besonderes Highlight: Anlässlich seines 40-jährigen Jubiläums übergibt der Berliner Filmverleih Salzgeber der Stiftung Deutsche Kinemathek sein Archiv und macht es für die Ausstellung erstmals öffentlich zugänglich.
Multimedia-Schau über Adolf Eichmann
Das Filmmuseum Potsdam eröffnete am 17. Januar sein neues Schaudepot, in dem rund 750 Exponate und 400 Schriftstücke zur Geschichte des Films zu sehen sind. Dabei handelt es sich um eine kleine Auswahl aus den über eine Million Objekte umfassenden Beständen. Der einmalige Fundus an Requisiten, Kostümen und technischen Geräten bietet einen umfassenden Blick auf die vielfältigen Ausdrucksformen und Produktionsbedingungen des deutschen Kinos von den Anfängen bis zur Gegenwart. Die Nähe zur Filmuniversität Babelsberg wertet den gemeinsamen Standort mit der Verbindung aus Filmarchiv, Filmforschung und Filmausbildung deutlich auf – national wie international.
Vom 27. März 2025 an ist im Potsdamer Filmmuseum eine neue Sonderausstellung geplant. „Operation Finale: Die Ergreifung und der Prozess von Adolf Eichmann – HOW TO CATCH A NAZI“ heißt eine Multimedia-Schau, die vom amerikanischen Maltz Museum in Kooperation mit dem israelischen Geheimdienst Mossad und dem Museum des jüdischen Volkes ANU konzipiert wurde. Die vom Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst in München übernommene Präsentation wird in Potsdam um eine biografische Komponente erweitert. Adolf Eichmann, der maßgeblich für die Deportation und Massenvernichtung von Millionen Juden im Dritten Reich mitverantwortlich war, konnte sich nach dem Zweiten Weltkrieg unbescholten in Argentinien eine neue Existenz aufbauen. Kurzfilme, 70 Fotografien und 60 Exponate ermöglichen den schmerzhaften Blick zurück in die 1960er-Jahre. Zu sehen ist auch eine Nachbildung der kugelsicheren Glaskabine, in der der ehemalige Obersturmbannführer der SS während seines Prozesses in Israel aussagte. Die Ausstellung über den untergetauchten Nazi-Verbrecher und seine spektakuläre Ergreifung ist bis zum 1. Februar 2026 zu sehen und dient der Erinnerung wie der Mahnung an die Holocaust-Geschichte.
Godards unbekannte Seite
Das Museum Serralves im nordportugiesischen Porto blickt bis zum 18. Mai auf eine nahezu unbekannte Seite des Nouvelle-Vague-Mitbegründers Jean-Luc Godard (1930-2022). Das Motto „Keeping Tale of Current Times“ beleuchtet das außerfilmische Schaffen von Godard – mit Gemälden, Zeichnungen, Notizbüchern und digitalen Bildern von seiner Kindheit bis zu seinem Tod. Auch Familienbilder seiner Mutter Odile Monod waren bislang noch nie zu sehen.
Es geht den Kuratoren um die Transformation von Bildern, die Korrektur historisch fragwürdiger Kategorisierungen und um die Freiheit sprachlicher Metaphern. Außerdem um das Phänomen vom allmählichen Verschwinden der Zeit und einem Verständnis vergangener Orte und Erfahrungen im Kontext der gegenwärtigen Betrachtung.
Godard verknüpfte seit seiner Jugend in den 1940er-Jahren eigenwillig Sprache und Bilder. Er experimentierte mit der Diversität der Ausdrucksstile in abstrakten wie figurativen Porträts, Landschaften oder geometrischen Formen. Tradition und Regelbruch, Literarisches und Poetisches, Malerei und Kino zählten zu seinem Repertoire. Bei Blaise Pascal, Albert Camus oder auch Alfred Jarry „studierte“ Godard den Konstruktivismus, der sich in Filmen wie „Film Socialisme“ oder „Adieu au Langage“ widerspiegelte.
Im Gegensatz zu Wagners Idee eines Gesamtkunstwerks favorisierte Godard lebendige Bilder, die Offerten der Videotechnik und des Smartphones. Fasziniert von der deutschen Romantik, schätzte er den Begriff „Sympoesie“. Seine ältere Schwester Rachel begeisterte ihn für die Malerei und unterrichtete ihn. Henri Langlois, Chef der Cinémathèque française, vermittelte Godard kinematografische Visionen. Für weitere Einflüsse sorgten Ende der politisch durchtränkten 1960er-Jahre der Maler Gérard Fromanger und die Filmemacherin Anne-Marie Miéville.
James Cameron, Nuri Bilge Ceylan & Tilda Swinton
Das Museo Nazionale del Cinema in Turin zeigt eine Übernahme aus der 2024 in der Cinémathèque française präsentierten Ausstellung über James Cameron. Unter dem Titel „Die Kunst von James Cameron“ bieten die Kuratoren Kim Butts und Matthieu Orléan eine populäre Hommage auf Leben und Werk des Hollywood-Regisseurs. Mehr als 300 Exponate – auch aus Camerons Privatsammlung – ermöglichen einen ganzheitlichen Blick auf das sechs Jahrzehnte umspannende Oeuvre.
Camerons Kreativität ist schon in den Zeichnungen und Malereien aus seiner Jugend erkennbar und mündete konsequenterweise in die filmische Umsetzung. „Aufgewachsen in einer kanadischen Kleinstadt, habe ich ununterbrochen gezeichnet. Comics, Science-Fiction-Bücher und Filme, die ich voller Gier verschlang, inspirierten mich. Ich werde immer mehr als Illustrator denn als Künstler betrachtet. Ich nutzte meine Zeichnungen und Malereien zum Erzählen von Geschichten. Das war ein perfektes Training, bevor ich Ende zwanzig zum Film wechselte“, erklärte Cameron.
Das Eye Filmmuseum in Amsterdam bereitet bis zum 1. Juni dem türkischen Regisseur und Fotografen Nuri Bilge Ceylan eine Bühne. Die Auseinandersetzung mit der Ästhetik des Filmemachers spiegelt sich in einer umfangreichen Retrospektive seiner preisgekrönten Werke. Ausdrucksstarke Fotoaufnahmen verweisen auf die filmischen Visionen und Leidenschaft für eine universell verständliche Bildsprache – von archaischen Strukturen und paradiesischen Landschaften aus einer türkischen Perspektive. Diese brannten sich bei dem 1959 in Istanbul geborenen, aber auf dem Land aufgewachsenen Ceylan in die künstlerische Handschrift ein. Sein kinematografisches Universum bevölkern authentische Figuren. Sie erkunden die Tiefen der menschlichen Herkunft, die sichtbare wie unsichtbare Geschichte ihrer Heimat – im Spannungsfeld zwischen Stadt und Land, Religion und Säkularem, Individualität und Gemeinsinn.
Ab 26. September wartet das niederländische Filmmuseum mit einem weiteren Highlight auf. Die britische Schauspielerin Tilda Swinton offeriert eine exklusive Sonderausstellung mit neuen Arbeiten, die auf ihrer Autobiografie basieren. Dazu tragen auch eine Auswahl ihrer Kurz- und Langfilme sowie eine Neubewertung von Derek Jarmans Einfluss und dem ihrer Jugendfreundin Joanna Hogg bei.