(© Nuri Bilge Ceylan/eksystent distribution)

Auf trockenen Gräsern

Bildmächtiges Seelendrama aus dem Osten Anatoliens - bis 17.6. in der arte-Mediathek

Veröffentlicht am
20.05.2025 - 09:38:18
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Der Kunstlehrer Samet (Deniz Celiloğlu) wird aus der Großstadt in die Provinz versetzt, wo er sein viertes Dienstjahr in einem verschneiten Dorf in Ostanatolien verbringen muss. Da die Region von Armut, ethnischen Konflikten und Terroranschlägen betroffen ist, zählt er die Tage bis zu seiner erhofften Versetzung nach Istanbul. Seinen tristen Alltag teilt er mit seinem Kollegen und Mitbewohner Kenan (Musab Ekici). Ein Lichtblick ist die Freundschaft mit zwei Schülerinnen, darunter die 14-jährige Sevim (Ece Bağcı). Als man in deren Notizbuch ein an Samet adressierten Liebesbrief findet, nimmt das Drama seinen Lauf. Samet wird befragt, gedemütigt – und bald sehen sich beide Lehrer mit dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs konfrontiert.

Samet vermutet, dass Kenan das Ziel der Anschuldigungen ist, was die Freundschaft der beiden Männer auf eine harte Probe stellt. In dieser Krise tritt Nuray (Merve Dizdar) in Samets Leben, eine Lehrerin aus einem Nachbardorf. Zunächst kommen sich aber Kenan und Nuray näher. Doch dann entwickelt auch Samet Interesse an ihr. Ihre Gespräche über die Möglichkeiten und Grenzen des Lebens in der Region zwingen Samet, sich mit seinen eigenen Vorurteilen und Ängsten auseinanderzusetzen.

Der türkische Regisseur Nuri Bilge Ceylan zeichnet ein vielschichtiges Porträt eines Mannes, der zwischen persönlichen Ambitionen, moralischen Dilemmata und den Zwängen seiner Umgebung navigieren muss. „Auf trockenen Gräsern“ beleuchtet eindringlich die Dynamik des geografischen, ethnischen und sozialen Gefüges im Osten der Türkei. Die weiten Landschaftsaufnahmen künden von der Schönheit, aber auch Härte des Lebens. Auf den Spuren von Tschechow folgt das glänzend gespielte und visuell ausgeklügelte Drama den Protagonisten durch die karge Seelenlandschaft ihrer inneren Wüste. Dabei geht im Kern immer auch um die Suche nach einem besseren, sinnvolleren Leben. - Sehenswert ab 16.


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