Das im
Kalabrien der 1940er-Jahre angesiedelte Historiendrama des Ehepaars Cristiano
Bortone und Daniela Porto erzählt von einer Frau, für die sich als junge ledige
Mutter in ihrer ländlich-konservativen Gemeinde nach dem Zweiten Weltkrieg nur
deprimierende Zukunftsaussichten eröffnen – bis sie mit Hilfe eines anderen
Außenseiters neue Möglichkeiten zu erkunden beginnt. Die Jury der katholischen
Filmkritik kürte den Film nun zum Kinotipp.
Vor der siebzehnjährigen
Süditalienerin Marta, die in den 1940er-Jahren in einem Dorf in Kalabrien lebt,
scheint ein geradliniger Lebensweg zu liegen: Sie wird ihren Verlobten Michele,
von dem sie schwanger ist, heiraten und Ehefrau und Mutter werden. Doch dann zerschellen
ihre Zukunftspläne am Zweiten Weltkrieg, der auch ihre kleine, ländlich-konservative
Heimat nicht unberührt lässt: Michele kehrt nicht von der Front zurück. Als der
Krieg vorbei ist, sehen die Zukunftsaussichten für die junge ledige Mutter
nicht rosig aus; ihre Familie drängt sie, einen wesentlich älteren Bauern zu
heiraten. Doch nach der Katastrophe des Krieges liegt auch gesellschaftliche
Veränderung in der Luft. Mit Hilfe des schwulen Lorenzo, eines Außenseiters in
ihrem Ort, mit dem sie sich anfreundet, beginnt Marta, ihre Fühler
auszustrecken und beharrlich nach Möglichkeiten der Selbstverwirklichung zu
suchen.
„Mein Platz ist hier“, ein Drama des Ehepaars Cristiano
Bortone und Daniela
Porto, erzählt
von der allmählichen Öffnung starrer Welt- und Rollenbilder. Die Jury der
katholischen Filmkritik kürte den Film, der seit 15. Mai in den deutschen Kinos
läuft, dafür nun zum Kinotipp.
Dabei
überzeugte die Jury nicht zuletzt die Zeichnung der beiden Hauptfiguren und der
Dynamik, die ihre Freundschaft entwickelt: „Passiv akzeptiert Marta ihren Platz
in der Welt und die Entscheidungen, die andere über ihr Leben treffen – bis sie
Lorenzo trifft, den Assistenten des Pfarrers. Offen schwul und in der
konservativen Dorfgemeinschaft ein Außenseiter, gerät er mit Marta zunächst
aneinander. Aus Feindseligkeit wird Neugierde und aus Neugierde Freundschaft.
Beide erkennen sich als Verbündete in einer Welt, die sie zu unterwerfen
versucht – und finden gemeinsam die Kraft zum Widerstand.“
Auch wenn
die weitgehend konventionelle Inszenierung nicht frei von Schwächen sei,
überzeugte sie die Jury insgesamt doch als bemerkenswerte Einlassung auf die
geschilderte Lebenswelt: „Die Figurenzeichnung ist genau, die Ausstattung
grandios, viele kleine Gesten und Rituale lassen tiefe Einblicke in den
Katholizismus und die Politik des Nachkriegs-Italien zu.“
Als
bemerkenswert lobt die Jury nicht zuletzt auch, dass das Historiendrama, das nach
Ende des Zweiten Weltkriegs und im ersten Jahr des Frauenwahlrechts in Italien
(1946) angesiedelt ist, in seinen Themen durchaus aktuell ist: Wie sich der
Film „Gleichberechtigung und Toleranz, Selbstermächtigung und Emanzipation
sowie den immerwährenden Kampf um Chancengleichheit für alle Menschen“ auf die
Fahnen schreibt, lasse ihn zeitgemäß erscheinen. Gerade die Hoffnungs-Perspektiven,
die diese Geschichte „vom stillen, aber konsequenten Widerstand einer Frau“
aufzeigt, erweise sich als in die Gegenwart hineinstrahlende politische und
ethische Botschaft.
Ludovica Martino als Marta in "Mein Platz ist hier"
Hinweis
Der „Kinotipp der Katholischen Filmkritik“ hebt Filme hervor, die in
besonderer Weise religiöse Themen aufgreifen, von menschlichen Nöten, Sorgen
und Hoffnungen erzählen und Antworten auf existenzielle Fragen formulieren.