Auf der „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (1973-1975) verhandelten Vertreter der Staaten diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs drei Jahre lang miteinander. Am Ende stand der Beginn der Entspannungspolitik. Der Dokumentarfilm „Der Helsinki Effekt“ würdigt den diplomatischen Kraftakt als bedeutenden Schritt, der historisch als Anfang vom Ende des Kommunismus gedeutet werden kann. Die Jury der Katholischen Filmkritik kürte den Film, der am 12. Juni in die Kinos kommt, zum neuen Kinotipp.
1973 bis 1975 trafen sich die wichtigsten Staatsmänner der Welt auf der „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (KSZE) in Helsinki. Dabei ging es um Verhandlungen zwischen den West- und Ost-Mächten im Kalten Krieg. Treibende Kraft hinter der Konferenz war der sowjetische Generalsekretär Leonid Breschnew. Tatsächlich erreichte er, dass die Grenzziehungen in Europa auch offiziell eingefroren wurden, was sie realpolitisch ohnehin längst waren. Der Westen hingegen schaffte es, dass sich auch die Russen zu einer Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg und zu einem freien Informationsfluss verpflichteten. Zumindest auf dem Papier.
Der Dokumentarfilm „Der Helsinki Effekt“ von Arthur Franck erinnert aus dem Abstand von 50 Jahren an die Konferenz und verteidigt mit Blick auf konkrete Ergebnisse insbesondere die Kunst der Diplomatie. Zwar enthüllt das Archivmaterial, dass viele Akteure die nicht enden wollenden Reden und Verhandlungen als langweilig und fruchtlos empfanden. Doch im hartnäckigen Fortgang der Konferenz wurde dennoch ein historischer Meilenstein erreicht. Der Film vertritt die These, dass die Helsinki-Schlussakte entscheidend zum Niedergang der Sowjetunion beigetragen hat. Dieser Freiheitsimpuls ist der eigentliche „Helsinki-Effekt“.
Ein dokumentarisches Kunststück
Die Jury der katholischen Filmkritik kürte den Film, der am 12. Juni in den deutschen Kinos startet, zum aktuellen Kinotipp. Diesem gelinge ein dokumentarisches Kunststück: ein hochkomplexes und historisch dichtes Thema nicht nur zugänglich, sondern auch ästhetisch und dramaturgisch spannend aufzubereiten. „Der Helsinki Effekt“ würdigt Diplomatie als jene Kunst, die es ermögliche, gegensätzliche Nationen an einen Tisch zu bringen und gemeinsam tragfähige Lösungen zu finden. Der Film, so die Jury, zeige, wie vor rund fünfzig Jahren die Supermächte – trotz aller ideologischen Konfrontation – den Dialog aufrechterhielten und Schritt für Schritt eine Einigung ermöglichten, die bis heute nachwirkt. Gerade in einer Gegenwart, in der autokratische Nationalisten und das „Recht des Lautesten“ die internationale Politik prägen, erhalte der Dokumentarfilm zusätzliche Brisanz. Denn er erinnert daran, dass Kommunikation und Kompromissbereitschaft keineswegs obsolet sind.
Hervorgehoben wurde von der Jury auch der souveräne Umgang des Regisseurs mit Archivbildern. Der Rückgriff auf ausschließlich zeitgenössisches Material erhöhe den Reiz beim Sehen und mache den Film umso mehr zu einem gewichtigen Dokument. Die Bilder sind höchst intelligent montiert und immer wieder durch humorvolle oder stilistisch gewagte Einschübe gebrochen. Dieser spielerische Umgang mit Form und Inhalt wirke nicht willkürlich, sondern diene der filmischen Argumentation; Geschichte ist nicht abgeschlossen, sondern wird durch jede Erzählung neu verhandelt. Lobend erwähnt wurde auch der innovative Einsatz von KI, mit deren Hilfe historische Figuren wie Henry Kissinger oder Leonid Breschnew „zum Sprechen gebracht“ würden.
Trockene Verhandlungen erreichen viel
Bei allem Humor sieht die Jury vor allem in der Aussage des Films einen hohen Wert. Die Pointe bestehe nämlich gerade darin, dass sich in trockenen und langwierigen Verhandlungen und mit der Unterschrift unter Verträge langfristig deutlich mehr für Frieden und Freiheit erreichen lässt als durch Gewalt. „Der Helsinki Effekt“ zeigt eindrucksvoll, was möglich ist, wenn Worte zu Brücken statt Mauern werden – eine Lehre, die in Zeiten zunehmender Polarisierung kaum wichtiger sein könnte.
„Der Helsinki Effekt“ läuft seit 12. Juni in den deutschen Kinos.
Hinweis
Der „Kinotipp der Katholischen Filmkritik“ hebt Filme hervor, die in besonderer Weise religiöse Themen aufgreifen, von menschlichen Nöten, Sorgen und Hoffnungen erzählen und Antworten auf existenzielle Fragen formulieren.