Szene aus "Brides" (© Neon Films)

Fritz-Gerlich-Preis 2025 für "Brides"

Das britische Drama „Brides“ von Nadia Fall gewinnt den Fritz-Gerlich-Preis 2025

Aktualisiert am
11.07.2025 - 13:40:03
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Der diesjährige Gewinner des im Gedenken an den von den Nazis ermordeten Publizisten Fritz Gerlich benannten Preises ist das britische Drama „Brides“ von Nadia Fall. Darin reisen zwei befreundete jugendliche Musliminnen 2015 von ihrer Heimat Großbritannien in die Türkei, um von dort aus zum „Islamischen Staat“ in Syrien zu gelangen. Auf dem Weg zeigt sich, dass die beiden Mädchen weniger radikalisiert als zornig und perspektivlos sind. Der Preis wurde zum 13. Mail im Rahmen des 42. Filmfests München verliehen.

 

Wie zwei Jugendliche auf dem Weg in den Urlaub wollen die Freundinnen Ferdosa (Ebada Hassan) und Muna (Safiyya Ingar) wirken, als sie 2015 von ihrer Heimat Großbritannien in die Türkei reisen. Doch in Wahrheit planen die Mädchen nicht weniger als den radikalen Bruch mit allem, was ihr Leben bislang bestimmt hat. Ihr Ziel ist der sogenannte „Islamische Staat“ in Syrien. Als die titelgebenden „Brides“ wollen sie sich in dem Drama der britischen Regisseurin Nadia Fall den radikalen Islamisten anschließen. Der Grund dafür ist weniger Hass, auch wenn Propagandavideos und Social-Media-Einträge über den syrischen Bürgerkrieg ihre Wirkung nicht verfehlt haben. Mehr noch treiben sie der Rassismus und die Gewalt an, denen sie in Großbritannien als Musliminnen ausgesetzt waren. Eine Perspektive für sich sehen sie in ihrer Heimat nicht mehr.

 

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Das eindringliche Drama wurde am 2. Juli 2025 im Rahmen des 42. Filmfests München mit dem jährlich vergebenen Fritz-Gerlich-Preis ausgezeichnet. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung verlieh der Münchner Kardinal Reinhard Marx persönlich. Mit dem Preis wird an den Publizisten Fritz Gerlich (1883-1934) erinnert. Der Journalist positionierte sich Anfang der 1930er-Jahre als Herausgeber der Wochenzeitung „Der gerade Weg“ gegen den Nationalsozialismus. Nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler wurde Gerlich 1933 verhaftet und am 30. Juni 1934 im Konzentrationslager Dachau ermordet. Der nach ihm benannte Preis zeichnet einen Film aus dem Programm des Filmfests München aus, der sich für mehr Menschlichkeit und gegen Diktatur, Intoleranz und Verfolgung einsetzt.

Edaba Hassan, Safiyya Ingar in "Brides"
Edaba Hassan, Safiyya Ingar in "Brides" (© Neon Films)

 

Die Jury des Fritz-Gerlich-Preises nannte „Brides“ einen „Weckruf“, genau hinzuschauen, was mit Jugendlichen passiere. Der Film erinnere daran, dass man junge Menschen „behutsam und sorgfältig begleiten und vor gefährlichen Manipulationen warnen und schützen muss“, so die Jury weiter. Einfühlsam zeige der Film, „wie aus einer Reihe kleinerer Katastrophen schließlich eine große Katastrophe wird“. Die Radikalisierung von jungen Menschen und ihre Rekrutierung durch Extremisten sei nach wie vor eine Gefahr, die durch Ausgrenzung und soziale Ungerechtigkeit, ob gewollt oder ungewollt, nur befeuert werde. „Der Film besticht durch diese Aktualität“, erklärte die Jury.

 

Leise & humorvoll

Die britische Regisseurin Nadia Fall setzt in ihrem Spielfilmdebüt auf leise Mittel und überrascht vor allem zu Beginn auch mit einem humorvollen Ansatz. Die ruhige Ferdosa, die „Doe“ genannt wird, und die impulsive Muna albern wie ganz normale Jugendliche herum; ihre Naivität zeigt sich in pointierten Details. So haben sie bei ihrer Reise zu den Islamisten nicht auf Eyeliner und Turnschuhe verzichtet. Auch haben sie sich streng an die Vorgaben einer Kontaktperson beim IS gehalten, doch am Flughafen in Istanbul ist niemand, der sie abholt. Als sie sich auf eigene Faust zur Grenze durchschlagen wollen und ihnen dabei prompt Geld und Ausweise abhandenkommen, offenbart sich mehr und mehr, in welche Gefahr sich die Mädchen gebracht haben. Mit der Geschichte von einem Onkel, den sie besuchen wollen, überreden sie freundliche Mitmenschen zur Hilfe. Eine Busticketverkäuferin lädt sie über Nacht zu ihrer Familie ein, ein Mann mit zwei Kindern nimmt Doe und Muna bereitwillig ein Stück in seinem Auto mit.

Doch je näher sie ihrem Ziel kommen, umso schmerzhafter macht der Film den Ernst der Lage deutlich. In eingestreuten Rückblicken ist zu sehen, wie beide immer wieder von Mitschülern tätlich angegriffen wurden. Überdies erlebten sie zu Hause auch in ihren Familien Gewalt. Die Mutter der aus Somalia stammenden Doe hat die Religiosität ihrer Tochter nicht geteilt, ihr aggressiver alkoholkranker Freund aber trieb das Mädchen noch mehr in den Glauben. Die rebellische Muna hingegen begehrte gegen die strengen Vorgaben ihrer pakistanischen Familie auf; sie handelt auch auf der Reise vor allem aus Trotz. Dennoch ist sie es, die entschiedener darauf pocht, den Weg fortzusetzen, während die empfindsame Doe aus Angst immer wieder einen Rückzieher machen will.

Unterwegs nach Syrien: "Brides"
Unterwegs nach Syrien: "Brides" (© Neon Films)

 

Nadia Fall und ihre Drehbuchautorin Suhayla El-Bushra lassen die Jugendlichen ihre Beweggründe in pointierten Dialogen enthüllen. So wird deutlich, dass Doe und Muna mit der Aufnahme beim IS ernsthaft die Hoffnung auf Respekt und Liebe verbinden. „Dort wollen sie uns“, sind die beiden überzeugt. Allerdings kommen während der Reise immer wieder auch Zweifel auf, ob sie bei den extremistischen Kämpfern wirklich ein besseres Leben erwartet. Die Spannung, ob die Mädchen auf ihrem fatalen Irrweg noch innehalten und umkehren können, steigert „Brides“ auf eindringliche Weise bis zum Schluss.

Mitglieder der Jury waren 2025 waren Alexander Bothe, Mareike Engelhardt, Yoko Higuchi-Zitzmann, Sandra Krump und Claudia Luzius.

 

Hinweis

Weitere Informationen zum Fritz-Gerlich-Filmpreis finden sich hier.

 

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