Passionen

Veröffentlicht am
26. Januar 2018
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In M. Night Shyamalans „Das Mädchen aus dem Wasser“ (2006) lässt der Regisseur den miesepetrigen Filmkritiker Harry Farber (Bob Balaban) auf sehr unschöne Art ums Leben kommen. Er läuft dem wolfsartigen Monster, das hinter der Titelheldin her ist, direkt vor die Schnauze. Der Mann, der sämtliche Plot-Muster in- und auswendig zu kennen meint, begreift nicht schnell genug, in was für einer Geschichte er da steckt, und wendet sich erst zur Flucht, als es schon zu spät ist. Das ist eine hämische Rache des Regisseurs an einem Berufsstand, der seinerseits oft nicht mit Häme geizte, wenn es darum ging, Shyamalan-Filme zu zerreißen.

Der US-Regisseur dürfte mit seiner Antipathie nicht allein dastehen. Wie die Kritiker-Zunft im Allgemeinen kämpfen auch Filmkritiker immer wieder mit dem Image, freudlose Nörgler zu sein – professionelle Miesmacher, die das, was die Filmemacher mit Herzblut zum Leben erweckten, spitzfindig zu Tode analysieren.

Das können wir Filmkritiker natürlich nicht auf uns sitzen lassen, weil es eine grobe Entstellung unserer Profession ist. Die Initialzündung, sich für das Filmkritiker-Gewerbe zu entscheiden, besteht ja nicht in der Lust am Nörgeln, sondern in der Lust an Filmen. Filmkritiker wird man, wenn man sich am liebsten mit nichts anderem als mit Filmen beschäftigen will, schauend, denkend und schreibend. Und weil das der einzige Job ist, bei dem man fürs Filmeschauen bezahlt wird, anstatt dafür bezahlen zu müssen.

Der Alltag kann diesem Lustprinzip auf Dauer nicht immer standhalten, weshalb das Nörgeln tatsächlich nicht ausbleibt – wenn sich Filmemacher an der geliebten Kunst vergreifen, die das besser gelassen hätten, oder wenn wir an Filme geraten, die mit unseren Stil- und Genre-Vorlieben rein gar nichts zu tun haben. Schließlich können sich die wenigsten Kritiker die Filme aussuchen, über die sie schreiben, sondern bekommen ihre Aufträge meist von Redakteuren.

Dabei kann, wenn man Pech hat, die Begeisterung für Filme mit den Jahren durchaus abgeschliffen werden. Und da im FILMDIENST Woche für Woche sämtliche Kinostarts vorgestellt und kritisch begutachtet werden, brauchen die Autoren bisweilen auch eine hohe Frustrationstoleranz – einer muss sich schließlich auch noch den dritten „Pitch Perfect“-Teil antun. Um dafür einen Ausgleich zu schaffen, startet mit Jahresbeginn 2018 eine neue Reihe, die von solchen Zwängen frei ist und in der die Autoren ihre Steckenpferde reiten dürfen: Die Rubrik „Passionen“ ist als Plattform für alles das gedacht, was die Kritiker jenseits aktueller Texte fasziniert und begeistert (und für das sie die Leser begeistern wollen).

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