Warum verfilmt eine junge Regisseurin in den frühen 1990er-Jahren eine Novelle von Adalbert
Stifter? "Stifter war eine wesentliche Erfahrung für mich", antwortete
Dagmar Knöpfel, Absolventin der Münchner Filmhochschule, "in seinem
Schreiben findet man schon den im Film typischen Wechsel zwischen
Nachaufnahme und Totale."
Wie um den Sinn dieser Erzähltechnik
beispielhaft zu demonstrieren, beginnt "Brigitta" mit einer solchen
Schnittfolge: das erste Bild zeigt eine Schafherde in der Puszta. Aus der
Tiefe der schwarz-weißen Einstellung nähert sich ein Pferdegespann. Die
Kamera folgt dieser natürlichen Bewegung und schwenkt in einen anderen
Ausschnitt, der die Weite der ungarischen Steppe vermittelt. Schnitt.
Ein junger blonder Mann läuft auf die Kamera zu, bis sein Gesicht
relativ nahe zu sehen ist. Er nimmt seinen Hut ab und blickt vor sich
nach unten. Im Gegenschnitt ist aus der Perspektive seines Blicks ein
Blumenfeld zu sehen, das sich vor ihm ausbreitet. Der Mann reagiert auf
diesen Anblick mit einem Lächeln, er setzt den Hut wieder auf und geht
weiter.