„Sie gehören zu den Guten und ich zu den Schlechten. Keiner von uns ist zu was nütze.“ Mit entsetzt aufgerissenen Augen reagiert Pater Nazario, der sein Leben ganz der Nachfolge Jesu geweiht hat, auf diese Bemerkung eines Verbrechers, der mit ihm zusammen in Haft sitzt. Diese Schlüsselszene in Luis Buñuels Meisterwerk „Nazarin“ (1959), die den Dialog Jesu mit dem Schächer am Kreuz umdeutet, stellt die provokative Frage nach dem, was der Heilige in einer unheilen Welt bewirken kann und führt in das Zentrum der religiösen Reflexionen von Buñuel. Die religiösen Bezüge in seinem Werk kommen so häufig vor, dass man nicht umhin kann, sie zu berücksichtigen. Die Religion und der Surrealismus sind so sehr Motor seiner Kreativität, dass sie einen Schlüssel für das Verständnis seines Oeuvres darstellen. So oft diese Bezüge auch schon thematisiert worden sind, besteht doch nach wie vor die Gefahr, die religiösen Elemente in Schubladen einzuordnen.
Allgegenwart der Religion
Eindringlich hat Buñuel immer wieder die Erfahrungen seiner Kindheit beschrieben: Tod, tiefer Glaube und sexueller Instinkt seien die drei Triebkräfte seiner Knabenzeit gewesen. In seinem Geburtsort Calanda