Rivalinnen - Eine herzzerreißende Komödie

Tragikomödie | Kanada 1990 | 110 (Video 86) Minuten

Regie: Marc André Forcier

Ein gealterter Jazz-Musiker erwehrt sich seit Jahren den Avancen einer in Sachen Liebe erfolgsverwöhnten Frau und erliegt dem Charme ihrer Tochter; diese spielt allerdings mit ihm, um ihrem untreuen Liebhaber einen Denkzettel zu verpassen. Tragikomödie über die vergebliche Suche nach Lebens- und Liebesglück, in der individuelle Versuche bis ins Groteske übersteigert werden. Intelligente Unterhaltung, die Alltagssituationen und -verhalten mit fast analytischer Schärfe beschreibt und dennoch den Blick fürs Komische nicht verliert. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
UNE HISTOIRE INVENTEE
Produktionsland
Kanada
Produktionsjahr
1990
Produktionsfirma
C.M. Luca Inc./La Groupe Film Téléscene/National Film Board/Téléfilm Canada/La Société Générale des Industries Culturelles du Québec (Sogic)/Super Ecran
Regie
Marc André Forcier · Gervais Gaudreau
Buch
Jacques Marcotte · Marc André Forcier
Kamera
Georges Dufaux · John McPherson
Musik
Serge Fiori
Schnitt
François Gill
Darsteller
Jean Lapointe (Gaston) · Louise Marleau (Florence) · Charlotte Laurier (Soledad) · Jean-François Pichette (Tibo) · Marc Messier (Lentaignes)
Länge
110 (Video 86) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12 (Video)
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Tragikomödie

Diskussion
Gaston, der Jazz-Trompeter, liebt seine Musik. Florence, die Vielgeliebte, der 40 abgelegte Liebhaber noch immer nachtrauern, liebt Gaston. Soledad, ihre Tochter, liebt Tibo, will sich jedoch für einen Seitensprung rächen. Kommissar Lentaignes liebt den Alkohol und Nicole, letztere jedoch nicht vorbehaltlos. Die Sängerin Alys liebt Slim, einen schwarzen Baptisten, der keinen außerehelichen Sex mit ihr will. Schließlich liebt Othello seine Desdemona, aber man weiß ja, wie böse diese Geschichte endet.

"Rivalinnen", die sechste Regie-Arbeit des Kanadiers Marc André Forcier, steht ganz im Zeichen der Liebe, einer Liebe jedoch, die sich in jedem einzelnen Falle an das denkbar ungeeignetste Objekt der jeweiligen Begierden richtet. Liebe zur falschen Zeit am falschen Ort. Während sich Florence, der die Männerherzen nur so zufliegen, seit Jahren vergeblich um Gaston bemüht, über den Zustand einer rein platonischen Beziehung jedoch nicht hinauskommt, verdreht Soledad dem gealterten Musiker den Kopf. Sie will damit nicht nur endlich aus dem Schatten der Mutter heraustreten, sondern gleichzeitig Tibo, den sie bei einem Schäferstündchen mit der Kostümschneiderin Arlette erwischte, einen nachhaltigen Denkzettel verpassen; vielleicht glaubt sie zeitweilig sogar, Gaston zu lieben. Da das Privat- und Beziehungsleben aller Beteiligten gereizt ist, bleiben Auswirkungen auf den jeweiligen Beruf nicht aus. Am schwersten tun sich Soledad und Tibo, die unter der Anleitung eines exzentrischen aber laienhaft agierenden Regisseurs immerhin "Othello" zu geben haben, er natürlich in der Rolle des eifersüchtigen Mooren, sie als Desdemona, seine der Untreue bezichtigte Frau. Spannungen bleiben natürlich nicht aus, und schließlich verweigert sich Tibo dem Beruf in dem Maße, wie Soledad ihm ihre Liebe und ihren Körper verweigert. Die weitgehend absurden Verwicklungen nehmen eine tragische Wende, als der aus Jux an Desdemona gekettete Gaston eines Abends mit auf die Bühne muß und den Erfolg des Stückes sichert. Man verpflichtet sich seiner weiteren Mitwirkung und Tibo, der nun wirklich Grund zur Eifersucht hat, spielt die Roile des Othello ins Leben hinein. Ausgerechnet Desdemona überlebt das Blutbad, der Musiker und der Schauspieler werden bald darauf zu Grabe getragen. Doch auch auf dem Friedhof ist ihnen zunächst die Ruhe verwehrt. Erst nach einem Schlußwechsel, nachdem Florence ihre Fans abgeschüttelt hat und Mutter und Tochter (zumindest vorübergehend) ihre Rivalitäten eingestellt haben, kann der Friede einkehren.

Es ist kaum zu glauben, mit welcher Frische Forcier das altvertraute Thema von Liebeslust und Liebesleid behandelt. Dabei zeigt er nichts wesentlich Neues, doch wie er die Dinge zeigt, wie schonungslos er Männer und Frauen ins denkbar schlechte Schlaglicht stellt, das macht den besonderen Pfiff seines Films aus. Auf der Suche nach Lebens- und Liebesglück scheint aus Forciers bewußt verzerrter Perspektive - im Zerrspiegel sieht man die Dinge mitunter deutlicher - jedes Mittel recht zu sein. Daß die Menschen dabei nicht das allerbeste Bild von sich selbst abgeben und kaum etwas unversucht lassen, um sich zum Narren zu machen, liegt in der Natur einer so vorgestellten Sache. Dabei ist es in erster Linie die Männerwelt, die der manchmal augenzwinkemde, manchmal derbe Humor des Regisseurs aufs Korn nimmt. Seine Frauengestalten agieren in Sachen Liebe zwar auch recht glücklos, doch sie agieren immerhin. Die eigentlichen Probleme, das aus ihnen resultierende Leid, ist den Männern zuzuschreiben. Dabei wird "Rivalinnen" jedoch nie weinerlich, sondern behält die komödiantische Übersicht über ein "Marionetten-Theater", dessen Fäden sich in den Händen ungeschickter Spieler immer mehr verwirren. Wortwitz und optischer Einfallsreichtum, ein Hang für skurrile Situationen, die Auflösung höchst tragischer Ereignisse ins Vergnügliche und die wohlüberlegte und sich stets abändernde Einbeziehung des "Othello"-Stoffes machen den Film zu einem lebensklugen Unterhaltungs-Juwel, dem ein engagiertes Darsteller-Ensemble Wirklichkeit zu verleihen versteht. Wenn ganz nebenbei auch noch Lebensweisheiten verteilt werden, etwa, daß jeder Trottel eine schöne Frau lieben kann, dann erweist sich der Film weniger als das Kino der großen Gefühle als das des analytischen Mitfühlens.
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