Sturmhöhe (1939)

Melodram | USA 1939 | 104 Minuten

Regie: William Wyler

Ein Zigeunerjunge wird nach dem Tod seines bürgerlichen Adoptivvaters von dessen Sohn gedemütigt und von der Tochter leidenschaftlich geliebt. In Südamerika zu Reichtum gekommen, findet er die Geliebte verheiratet, worauf seine Liebe in Haß umschlägt und er Rache fordert. Wildromantisches, exzellent gespieltes und brillant fotografiertes Melodram nach dem Roman von Emily Brontë, zugleich eine Studie über das "Abenteuer Liebe", bei der die beiden Hauptfiguren als Vertreter unvereinbarer Prinzipien agieren. Ein außergewöhnlicher, düsterer Hollywood-Klassiker, der im eigentlichen Sinne "Augenlust" bereitet. (O.m.d.U.; früherer Verleihtitel: "Stürmische Höhen") - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
WUTHERING HEIGHTS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1939
Produktionsfirma
Samuel Goldwyn
Regie
William Wyler
Buch
Ben Hecht · Charles MacArthur
Kamera
Gregg Toland
Musik
Alfred Newman
Schnitt
Daniel Mandell
Darsteller
Merle Oberon (Cathy) · Laurence Olivier (Heathcliff) · David Niven (Edgar Linton) · Flora Robson (Ellen Dean) · Geraldine Fitzgerald (Isabelle)
Länge
104 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Melodram | Literaturverfilmung
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Diskussion
Produziert in Schwarz-weiß

Der 1847 unter dem männlichen Pseudonym Ellis Bell erschienene Roman "Wuthering Heights" der englischen Pfarrerstochter Emily Brontë entwickelte sich nicht nur zu einem Klassiker der Weltliteratur, seiner für damalige Zeiten ungewöhnlichen Struktur wegen gilt er auch heute noch als Beispiel moderner Prosa. Auch als Filmvorlage erfreute sich der düstere Stoff großer Beliebtheit: William Wylers Klassiker, der nun wieder in unseren Kinos zu sehen ist, folgte eine Adaption von Luis Bunuel, 1970 versuchte Robert Fuest ein Remake, eine arabische Filmversion existiert ebenso wie eine intellektuell kalte Verfilmung von Jacques Rivette. Die Geschichte, die die Zeiten und den sich ändernden Geschmack überdauert und immer wieder Interesse geweckt hat, erzählt von einer unheilvollen Verstrickung der Seelen, von Liebe über den Tod hinaus.

Der gütige Mr. Earnshaw bringt 1841 ein Waisenkind aus Liverpool mit auf seinen Hof Wuthering Heights inmitten der sturmgepeitschten Heidelandschaft von Yorkshire. Der Knabe Heathcliff wächst zunächst gleichberechtigt neben den beiden eigenen Kindern heran, doch während ihn mit der quirrligen Cathy eine innige Freundschaft und später eine schwärmerische Kinderliebe verbindet, bleibt Hindley, der spätere Erbe, abweisend und kalt. Nach dem Tod des Vaters übernimmt Hindley den Hof und weist den Findling in seine vermeintlichen Schranken. Pferdeknecht und "Mädchen für alles" ist er in seinen Jugendjahren, seine Liebe zu Cathy darf nur im verborgenen blühen. Auch sie ist dem Freund aus Kindertagen weiterhin zugetan, doch die herrschaftliche Welt lockt in der Gestalt des kultivierten, wenn auch verweichlichten Edgar Linton. Heathcliff fühlt sich zurückgesetzt, ist voller Gram, doch er bleibt an der Seite seiner Cathy, deren Herz er immer wieder zurückgewinnen kann. Erst als ihre Eitelkeit siegt und sie sich über ihre Liebe zu Heathcliff hinwegsetzt, um am mondänen Leben in der Grafschaft teilnehmen zu können, verläßt er gekränkt England und verschwindet auf Jahre.

Cathy ist mittlerweile mit Edgar verheiratet, nicht unbedingt glücklich, aber zufrieden, als plötzlich Heathcliff heimkehrt. Er hat in der Neuen Welt sein Glück gemacht, es zu Reichtum gebracht und setzt sein Vermögen nun zum Zweck seiner Rache ein. Er kauft Wuthering Heights dem hochverschuldeten Säufer Hindley ab und setzt alles daran, einen Keil zwischen Cathy, die nur die Konvention bei ihrem Ehemann hält, und Edgar zu treiben. Sogar vor einer Heirat mit dessen Schwester Isabelle, die binnen kurzer Zeit verblüht, schreckt er nicht zurück: er will sein Recht, seine Liebe. Cathy wird zusehends hinfälliger, erkrankt und fällt der Lebensmüdigkeit anheim. Erst ihm Tod hat sie die Kraft, sich endlich zu Heathcliff zu bekennen. Sie stirbt in seinen Armen, den Blick auf die geliebte Heide gerichtet. Doch auch jetzt findet die Arme noch keine Ruhe. Heathcliff verflucht sie, ihr ungelebtes Leben auch mit dem Tod nicht beenden zu können. In eine Rahmenhandlung eingebettet, die in tiefverschneiter Nacht 40 Jahre später spielt, und in der Heathcliff und Cathy endlich ihre Erlösung finden werden, wird "Wuthering Heights" als Rückblende erzählt und als Erinnerung der Haushälterin Ellen ausgewiesen. Die Konstellationen zwischen den Personen kristallisieren sich rasch heraus und erweisen sich als äußerst dauerhaft. Die Motivationen der beiden Hauptfiguren Heathcliff und Cathy hingegen, von Laurence Olivier und Merle Oberon hervorragend gespielt, sind äußerst sprunghaft und wankelmütig. Er, zwischen Liebe und abgrundtiefem Haß hin - und hergerissen, sie, Unwillens, sich zwischen dem Abenteuer der Liebe und gesellschaftlicher Geborgenheit zu entscheiden, sind weniger glaubhaft agierende Personen als Archetypen widerstrebender Prinzipien. So auf Extreme zugespitzt, können auch Landschaft und Witterung als "psychologische Komponenten" ihre Kommentare zur leidenschaftlichen Handlung beisteuern. Die Ausstattung, Beleuchtung und exzellente Bildgestaltung - Kameramann Gregg Toland erhielt für seine Leistung einen "Oscar" - tragen zum Gelingen dieses wunderbaren Hollywood-Klassikers bei. Während die Räume in "Wuthering Heights" düster bleiben und merkwürdig gestaucht wirken, so daß sich ein beklemmendes Gefühl einstellt, wirkt alles im Herrenhaus der Lintons hell und licht, eine großzügige Architektur schafft den Menschen Raum. Auch hier wieder der Kontrast zweier (Gefühls-)Welten: Leidenschaft mit ihren beängstigenden, düsteren Facetten auf der einen Seite, Ordnung, Anstand und Bürgerlichkeit auf der anderen; die leidenschaftliche Umarmung im Kontrast zum Gute-Nacht-Kuß. Tolands Kamera unterstreicht diese Gegensätze. Hervorragend das Spiel mit Hell und Dunkel, faszinierend, wie der Blick in die Tiefe des Raumes gelenkt wird und vor allen Dingen: diese Augen. Aus glatten, mitunter puppenhaft wirkenden, weichgezeichneten Gesichtern ohne jeden Makel funkeln dem Betrachter gespenstisch helle Augen entgegen - die glühende Liebe ausstrahlen oder Haß versprühen. So ist Wylers Meisterwerk auch im eigentlichen Sinne "Augenlust".
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