Hand aufs Herz

Kinderfilm | Frankreich 1991 | 105 Minuten

Regie: Jacques Fansten

Als die Mutter eines 12jährigen Jungen stirbt, fürchtet dieser die Einweisung in ein Heim und hält ihren Tod so lange wie möglich geheim. Doch seine Schulkameraden bekommen mit, was geschieht. Es bildet sich eine stetig wachsende solidarische Gruppe, die dem Jungen bei seinem Versuch, allein und ohne Erwachsene zu leben, unterstützt. Eine feinsinnige Komödie um die Solidarität unter Kindern, heiter und traurig, spannend und anrührend, aber ohne falsche Sentimentalität. Seine Glaubwürdigkeit bezieht der Film vor allem aus der genauen Erfassung der kindlichen Psyche sowie eines fantasievollen Verhaltens in extremer Situation. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
LA FRACTURE DU MYOCARDE
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
1991
Produktionsfirma
Belbo/Antenne 2/Canal +/SFP
Regie
Jacques Fansten
Buch
Jacques Fansten
Kamera
Jean-Claude Saillier
Musik
Jean-Marie Sénia
Schnitt
Colette Farrugia
Darsteller
Sylvain Copnas (Martin) · Nicolas Parodi (Jerome) · Cecilia Rouaud (Marianne) · Olivier Montiege (Antoine) · Lucie Blossier (Claire)
Länge
105 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Kinderfilm
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Diskussion
Der zwölfjährige Martin ist unter seinen Schulfreunden kein Außenseiter. Desto mehr fällt ihnen sein plötzlich so stilles Wesen, seine Teilnahmslosigkeit am Unterricht und Schülerschabernack auf. Mühsam bekommen Martins beste Freunde heraus, daß seine Mutter, mit der er allein seitab des französischen Provinzstädtchens in einem klapperigen Häuschen lebt, plötzlich gestorben ist. Rat- und hilflos in dieser Situation, hat der Junge vor allem Angst, daß sich nun die öffentliche Fürsorge seiner bemächtigen werde. Die Freunde kommen überein, die Beerdigung der toten Mutter selbst zu besorgen und Martin ein von Behörden unbelästigtes Leben zu ermöglichen. Eine Weile gelingt es ihnen und Martin, mit allen denkbaren Ausreden und Schwindeleien die langsam auffallende Abwesenheit der Mutter glaubhaft zu machen. Martin versteht es sogar, einen Nachbarn abzuwimmeln, als der fast schon zudringlich nach der Frau forscht. Erst als Martin in der Schule einen Unfall erleidet, beginnt die schichtweise Aufdeckung des ganzen Schwindels, und Martin gerät letzten Endes doch in den Griff von Polizei, Justiz und Ämtern. Aber man weiß, wenn er vor den Augen seiner Clique abschiedwinkend an der Hand eines Wärters im Dunkel des Behördenbaus verschwindet, daß er aus diesem Erlebnis von Kameradschaft, Vertrauen und Hilfsbereitschaft eine Stärke zum Durchhalten gewonnen hat und alles eine "fördernde Erinnerung" fürs ganze Leben bleiben wird.

Der mit geradezu professionell agierenden Jungen und Mädchen gedrehte Film ist als Geschichte von Solidarität unter Kindern nicht frei von schönen Erfindungen und Unwahrscheinlichkeiten. Daß die Clique, ohne aufzufallen, vor der Stadt ein Grab aushebt und die im Gehäuse einer riesigen Standuhr (!) eingesargte Tote mit vorsichtig gelenktem Auto in nächtlicher Stunde durch die Stadt zur Beerdigung transportiert, will einem nicht sehr glaubwürdig vorkommen. Aber es ist ja eigentlich die Realität und Logik des Märchens, die hier waltet. Und die Beerdigung der Mutter wirkt um so weniger absurd und makaber, je deutlicher das ganze Vorhaben mit einer genauen Darstellung der Psyche von Kindern begründet wird. Wenn manches auch einer aufgesetzten Altklugheit nicht enträt, entwirft der Film in den Abenteuern Martins und der Jungen und Mädchen um ihn jedoch ein folgerichtiges Bild von der durch eine extreme Situation ausgelösten Mobilisierung der kindlichen Phantasie und des Willens zu abenteuerlichen Taten. Auch die entwaffnende Komik des Films ergibt sich meist aus der kundigen psychologischen Erfassung von Situationen und Verhalten. Dabei fällt angenehm auf, daß die mit den Augen der Kinder gesehenen Erwachsenen und ihre Eigenarten, Rituale, "Zudringlichkeiten" oder Drohgebärden wohl einen entlarvend-erheiternden Zuschnitt haben, aber nicht der genreüblichen Verzerrung ausgesetzt sind. Wie einfühlsam der Film mit dem Generationsverhältnis umgeht, zeigt sich besonders in einer der anrührenden Szenen, wenn einige der Jungen nach dem Anblick von Martins toter Mutter zu Hause die eigene Mutter nachdenklich, mit "bewußtem Sehen" anschauen und ihnen die Ahnung kommt, "welchen Schatz Gott einem mit der Mutter gibt".
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