Der Erdnußmann

Komödie | Deutschland 1991 | 85 Minuten

Regie: Dietmar Klein

Ein Berliner Plakatierer steigt kurzfristig zum Werbeträger einer Erdnuß-Marke auf, versucht sein Leben der veränderten Arbeitssituation anzupassen und fällt um so tiefer. Komödie vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung, die ironische Kritik an Wirtschaft, Werbung und Ausbeutung übt und liebevoll die "Stehaufmännchen"-Mentalität des "kleinen Mannes" beschreibt. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1991
Produktionsfirma
Hartmut Jahn Filmprod.
Regie
Dietmar Klein
Buch
Dietmar Klein
Kamera
Michael Hammon
Schnitt
Simone Bräuer · Andreas Herder
Darsteller
Achim Grubel (Eddy) · Franziska Troegner (Margot) · Ulrike Krumbiegel (Linda) · Jürgen Watzke (Ralf) · Ralf Holzhausen (Kasulke)
Länge
85 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
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Diskussion
Eddy, 45 Jahre, eher unscheinbar, hat sich in seinem Leben mehr schlecht als recht eingerichtet. Er arbeitet als Plakatierer in Berlin, kann sich so grade über Wasser halten, schimpft über den Akkord. Doch plötzlich ist die Mauer weg und sein Chef, ein Kapitalist reinsten Wassers, stellt willige "Ossis" als Lohndrücker ein. Die Dinge stehen schlecht, und Eddy ist weg vom Fenster.

Durch Zufall und seinen naiven Charme erhält Eddy die Chance seines Lebens. Eine Werbeagentur, die mit der Erdnuß-Marke "Shaky" den Ostmarkt erobern soll, sucht das passende Gesicht für dieses Produkt und scheint bei Eddy fündig geworden zu sein. Keiner schüttelt die Nuß so verheißungs - und hingebungsvoll wie er, keiner bringt den Firmenslogan "Schüttel die Nuß" so werbeträchtig über die Lippen. Werbeträger Eddy wird verjüngt, ein Baseballmütze ziert sein schütteres Haupt, der nicht mehr taufrische Körper wird in knallbunte Jogging-Anzüge gesteckt. Bald schaut sein Konterfei von allen Plakatwänden herab. Eddy schüttelt sich ins Glück.

Natürlich ändern sich seine Ansprüche. So ist die Geliebte aus dem Osten bald nicht mehr chic und jung genug, Eddy bandelt mit der Creativ-Designerin Linda an und kommt dadurch mit einer Welt in Berührung, die wahrlich nicht die seine ist: Small Talk, schöner Schein, borniertes Getue herrscht in diesen Kreisen vor. Doch Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Über Nacht ist Eddy als Werbeträger mega-out, "Crazy", ein Schimpanse, übernimmt seinen Part, und auch im Plakatier-Geschäft sind nun alle Züge abgefahren.

Wie schon in "Solinger Rudi" (fd 28 918) hat Dietmar Klein auch seinen zweiten Film als Komödie rund um die Marktwirtschaft angesiedelt und spielt teilweise witzig und erhellend mit dem "freien Spiel der Kräfte". Dabei versucht Klein, wohldosiert und ohne ideologische Keule, die Mechanismen von Werbung und Ausbeutung deutlich zu machen. Er rückt die Verführbarkeit des "kleinen Mannes" in den Mittelpunkt, der sich natürlich mit Wonne verführen läßt, wenn er sich dadurch eine Verbesserung seiner Situation erhofft. Obwohl die realen Hintergründe - Arbeitslosigkeit, die Perspektiviosigkeit in weiten Teilen der (Ost-) Bevölkerung, der Wandel des Arbeitsmarktes durch billige Arbeitskräfte - allgegenwärtig bleiben, verhindert die komödiantische Form ein Abgleiten des Films in die Tristesse. Weinerliche Töne werden nicht angeschlagen, vielmehr unterstreicht der "Erdnußmann" das Recht auf Glück und Erfüllung und zeichnet mit viel Verständnis den Aufstieg und Fall des Stehaufmännchens Eddy, dem Menschliches, Allzumenschliches widerfährt. Ein kleine Komödie, dem "Solinger Rudi"-Darsteller Achim Grubel wie auf den Leib geschrieben, dessen verknittertes Gesicht die vielen Schicksalsschläge dokumentiert, und dessen ungebrochene Naivität als (über-)lebensnotwendig im täglichen Kampf um Geld und Glück erscheint. Wer sich über die hintergründige Ironie von Eddys Kapitalismus-Odyssee amüsiert, dem könnte ganz am Ende dann doch das Lachen im Halse stecken bleiben. Da fallen nämlich die Worte: "Der Aulbau drüben kostet, da müssen wir alle den Gürtel enger schnallen, Eddy." Da holt die deutsche Wirklichkeit die Filmkomödie vollends ein, da tritt das Gesicht zurück zugunsten der Masse, die in der Tat nicht viel zu lachen hat. Gesprochen werden diese Worte natürlich von jemanden, der sich schon längst mit der veränderten Situation arrangiert und sein Schäfchen im trockenen hat; jemand ganz ohne Gürtel-Probleme.
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