Dunkle Erleuchtung

Drama | USA 1990 | 100 Minuten

Regie: Michael Tolkin

Eine junge Frau entflieht der Leere ihres ausschweifenden Lebenswandels und schließt sich einer christlichen Sekte an, die mit dem baldigen Ende der Welt rechnet. Nach dem gewaltsamen Tod ihres Ehemanns hält sie die Zeit der Apokalypse für gekommen; in der Wüste entladen sich ihre religiösen Obsessionen in einer Bluttat. Naive, unreflektierte Aufarbeitung der "neuen Religiosität" in den Vereinigten Staaten. Dramaturgisch schwach und klischeebeladen, erweckt der Film nie Anteil an den Figuren und seiner Geschichte.
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Filmdaten

Originaltitel
THE RAPTURE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1990
Produktionsfirma
Nicolas
Regie
Michael Tolkin
Buch
Michael Tolkin
Kamera
Bojan Bazelli
Musik
Thomas Newman
Schnitt
Suzanne Fenn
Darsteller
Mimi Rogers (Sharon) · Patrick Bauchau (Vic) · David Duchovny (Randy) · Kimberly Cullum (Mary) · Dick Anthony Williams (Henry)
Länge
100 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Genre
Drama
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Diskussion
Als Autor der Romanvorlage und des Drehbuchs zu Robert Altmans "The Player" (fd 29 643) hat sich Michael Tolkin einige Lorbeeren verdient, die er nun schnell wieder loswerden könnte. Denn wenn es tatsächlich so etwas wie eine "dunkle Erleuchtung" gibt, dann geht Tolkins Regiedebüt wohl auf eine Erleuchtung der besonders düsteren Sorte zurück. Sharon ist Telefonistin. Nach Feierabend geht sie mit ihrem Freund Vic auf die Suche nach "aufgeschlossenen Paaren" für gemeinsame Sex-Abenteuer. Eher zufällig gerät Sharon mit mehreren Menschen in Kontakt, die sich zum Christentum haben bekehren lassen und dabei offenbar identische Träume um eine Perle und einen Knaben erlebt haben. Warum sich die spitzzüngige Skeptikerin nach hartnäckigem Widerstand plötzlich selbst für die Bibel zu interessieren beginnt, vermag das Drehbuch nur ansatzweise zu vermitteln. Anscheinend zwangsläufig entfremdet sich die junge Frau von Vic und - wie es scheint - von ihrem derzeitigen Geliebten Randy.

Fünf Jahre später. Randy, der frühere Mörder, ist bekehrt und Sharons Ehemann. Mit der gemeinsamen Tochter Mary besucht man Gebetskreise, bei denen der Sohn von Sharons früherem Chef als prophetisches Medium ("Der Knabe") fungiert. Die Idylle zerbricht jäh, als Randy von einem Amokschützen getötet wird. Wenig später folgt Sharon einer inneren Stimme und fährt mit Mary in die Wüste, um dort gemeinsam eine Art "Himmelfahrt" zu erwarten. Nach wochenlangem vergeblichem Warten auf Gott und das himmlische Wiedersehen mit Randy nimmt die verzweifelte Sharon das Problem selbst in die Hand. Sie erschießt ihre Tochter, schreckt aber im letzten Moment vor dem Selbstmord zurück. Im Gefängnis von Glaubens- und Gewissensnöten heimgesucht, vermischen sich Realität und Visionen zusehends. Die Gefängsniswände fallen unter dem Klang apokalyptischer Fanfaren, Reiter erscheinen, schließlich gar der Tod und Mary, die mit ihrer Mutter einen Disput über Glaubensstärke beginnt.

Man muß den Film gesehen haben, um sich von der geballten Naivität dieser Apokalypse ein Bild machen zu können. Zugegeben: "Dunkle Erleuchtung" behandelt ein spezifisch amerikanisches Phänomen mit den ästhetischen Mitteln eines spezifisch amerikanischen Kinos; noch spielen die theologisch äußerst simplen, oft "fundamentalistischen" Erweckungsbewegungen hierzulande nicht die Rolle, die sie in Teilen der Vereinigten Staaten an sich gerissen haben. Tolkins Debüt trägt allerdings zum Verständis dieser religiösen und soziologischen Phänomene nicht das geringste bei. Zu allem Übernuß pendelt die Dramaturgie zwischen Langeweile und Hysterie; weder Sharons Sinnkrise noch ihr religiöses Engagement kommen je über banale Klischees hinaus. Daß Tolkin es "bewußt vermeidet, einfache Antworten auf diese komplexen Fragen zu geben", so das Presseheft, bedeutet nichts anderes, als daß sich der Film um jegliche Position herumdrückt und damit in Belanglosigkeit versinkt.
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