Der letzte Mohikaner (1992)

Abenteuer | USA 1992 | 112 Minuten

Regie: Michael Mann

Der weiße Adoptivsohn eines Mohikanerhäuptlings versucht, die Töchter eines englischen Colonels davor zu bewahren, daß sie dem rachelüsternen Huronenstamm in die Hände fallen. Im Jahr 1757 angesiedeltes Kolonialkriegsepos (frei nach dem Roman von James Fenimore Cooper), das sich um eine Entromantisierung des Genres bemüht, dabei jedoch wenig tut, um das reaktionäre Porträt der amerikanischen Urbevölkerung zu korrigieren. Die Aufmerksamkeit des Regisseurs gehört mehr aufwendigen und harten Schlachtenpanoramen als der Psychologie der Figuren. Erstaunlich humorlos und kaum fesselnd. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THE LAST OF THE MOHICANS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
Morgan Creek
Regie
Michael Mann
Buch
Michael Mann · Christopher Crowe
Kamera
Dante Spinotti
Musik
Trevor Jones · Randy Edelman
Schnitt
Dov Hoenig · Arthur Schmidt
Darsteller
Daniel Day-Lewis (Hawkeye) · Madeleine Stowe (Cora) · Russell Means (Chingachgook) · Eric Schweig (Uncas) · Jodhi May (Alice)
Länge
112 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Abenteuer | Western | Literaturverfilmung
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. eine separate Soundtrackspur. Der US-Import enthält im Gegensatz zur deutschen DVD eine Director's Cut-Version, in der zwölf bislang nicht gezeigte Szenen integriert worden sind. Des weiteren ist als US-Import eine DTS-Version erhältlich.

Verleih DVD
Warner (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
George B. Scitz' legendäre Verfilmung des Cooper-Romans aus dem Jahre 1936 war nicht die erste Adaption des Stoffes für das damals noch junge Medium, aber sie ist die meistgeschätzte geblieben. Ihr Vorbild wirkt fort in der Neuverfilmung Michael Manns, die mindestens die Hälfte des Drehbuchs dem alten Film verdankt. Die Story unterscheidet sich in ihrem Ablauf nur unwesentlich von der Handlung des früheren, mit Randolph Scott ideal besetzten Films. Während des Krieges zwischen Engländern und Franzosen um die Herrschaft über das amerikanische Kolonialgebiet (1757) bewahrt Hawkeye (Adlerauge), weißer Adoptivsohn des Mohikaner-Häuptlings Chingachgook, die beiden Töchter eines britischen Colonels davor, angreifenden Indianern vom Stamm der Huronen in die Hände zu fallen. Er geleitet sie sicher zum nahegelegenen Fort, das der Colonel befehligt, und kommt gerade zurecht, um dem Sieg der schwerbewaffneten Franzosen beizuwohnen. Den englischen Militärs wird ein ehrenvoller Abzug gewährt, doch schon nach kurzem fallen sie denselben Indianern zum Opfer, die den früheren Überfall begangen hatten. Vom Haß ihres Anführers Magua angetrieben, kennen sie keine Gnade. Magua selbst, der Rache für den Tod seiner Familie geschworen hat, tötet auf barbarische Weise den Colonel und entführt dessen Töchter. Hawkeye, in eine der Töchter verliebt, folgt den Kriegern zu ihrem Stamm und bietet sich selbst als Geisel an.

"Der Letzte der Mohikaner" ist eine Abenteuergeschichte mit allen Attributen des romanhaft ausgeschmückten Genres, bis hin zu Selbstverleugnung und heroischem Verzweiflungstod. Wie die Vorlage ist der Film aber auch eine Bekräftigung reaktionärer Denkvorstellungen, die das amerikanische Gesellschaftsbild und das Verhältnis der Weißen zur indianischen Urbevölkerung bis zum heutigen Tag beeinflußt haben. Schon Mark Twain hat darauf hingewiesen, daß Coopers 1826 erschienener Roman einer Philosophie Ausdruck verleiht, die Rassen- und Klassentrennung als soziale Folgeerscheinung der Abstammungslehre rechtfertigt. Von Michael Mann hätte man erwarten können, daß er sich dem Sujet kritisch und differenzierend nähert. Mann, der seine größten Erfolge mit den Fernsehserien "Miami Vice" und "Crime Story" hatte und dessen Spielfilm "Blutmond" (fd 26 032) ein interessanter Vorgänger von "Das Schweigen der Lämmer" war, ist in der Branche nicht nur als ein Perfektionist, sondern auch als ein kompromißloser Neuerer bekannt. In der Tat betont er in diesem, seinem ersten historischen Film politisches und menschliches Fehlverhalten, das zum Beispiel zu Spannungen zwischen den Siedlern und den Repräsentanten der Krone geführt hat. In der Tat versucht er auch, der Romantisierung des Koloniallebens mit realistischen Szenen zu entgehen, unter denen vor allem die militärischen breiten Raum einnehmen. Doch wer nach Anzeichen zeitgenössischer Relevanz sucht, findet diese allenfalls in - historisch wenig glaubwürdigen - Manifestationen frühen Feminismus' und - mit Gewißheit glaubwürdiger - kommerzieller Motivation für das Engagement der Briten (siehe Golfkrieg!). Die für den Stoff wesentliche Dimension indlichkeit des historischen Arrangements zu erzielen als eine differenzierte Herausarbeitung der einzelnen Charaktere. So stehen denn minuziös inszenierte Schlachtenpanoramen (mit harten Detailbildern bis hin zum Skalpieren der Opfer) deutlicher im Vordergrund als die bewegenden Motive der Figuren. Wie wenig Aufmerksamkeit Mann der Psychologie seiner Helden schenkt, zeigt sich exemplarisch an Hawkeyes indianischem Bruder Uncas, der während des ganzen Films kaum mehr Profil gewinnt als ein Statist. Selbst die Höhepunkte des Dramas, wie etwa die Flucht in den Indianerkanus, aus dem alten Film als spannende Abenteuerlichkeit in Erinnerung, wirken wie auf einem Reißbrett entworfen und mit großer filmischer Raffinesse ins Bild übersetzt, doch sind auch diese Szenen seltsam blutleer und uninvolvierend. Irgendwie bleibt von dem Film der Eindruck zurück, als habe Mann dem historischen Sujet das Action-Raster seiner modemistischen "Miami Vice"-Serie übergestülpt, bezeichnenderweise dabei jedoch jede Spur von Humor vergessen. Selten in der Geschichte des Indianer-Westerns hat sich ein Film so strohtrocken und bitterernst gegeben wie diese Neuauflage des "Letzten der Mohikaner".
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