Komödie | Deutschland 1992 | 93 Minuten

Regie: Ralf Huettner

Ein abgehalfterter Schauspieler wird während des Wahlkampfes zum charismatischen Spitzenkandidaten einer rechtsextremen Partei aufgebaut. Zunehmende Skrupel treiben ihn zu dem Versuch, Finanzierung und heimliche Führungsspitze der Partei zu enthüllen; ihren Wahlerfolg kann er allerdings nicht verhindern. Harald Juhnke brilliert in einer zügig inszenierten Farce, die jedoch Mühe hat, in ihrer politischen Argumentation sicheren Boden unter die Füße zu bekommen. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
Factory
Regie
Ralf Huettner
Buch
Andy T. Hoetzel · Ralf Huettner · Hans Dräxler
Kamera
Diethard Prengel
Musik
Joe Mubare
Schnitt
Ulla Möllinger
Darsteller
Harald Juhnke (Did Stricker) · Dominic Raacke (Rainer Towa) · Ilse Zielstorff (Wilma Stricker) · Ludwig Haas (Fuchsmühl) · Veronica Ferres (Helga)
Länge
93 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
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Diskussion
Manchmal wird man den Verdacht nicht los, die Besetzung sei vor dem Film dagewesen. Abgehalftert, hinter jedem Frauenrock her und für ein paar Mark zu jeder Schandtat bereit -welcher deutsche Schauspieler kann diesen Typ verkörpern wie kein anderer? Genau. Willkommen bei der Show des Harald Juhnke, der auf dem besten Wege ist, eine zweite Filmkarriere zu starten - zuerst mit einem kleineren Auftritt in "Schtonk" (fd 29 455), nun in einer Rolle, die ihm auf den Leib geschneidert ist. Vergessen fast schon die langen Fernsehjahre, die vielen Skandälchen, die täglichen Meldungen über Juhnkes Promille-Spiegel.

"Der Papagei" fängt da an, wo böswillige Zeitgenossen bereits Juhnkes Ende sahen - als ausrangierter Schauspieler, der jetzt buchstäblich auf der Straße steht und alten Damen unter Zuhilfenahme all seines schmierigen Charmes Gemüsehobel andreht und nach Feierabend in Kneipen herumsitzt, die seine unbezahlten Deckel hinter der Theke stapeln. Did Strickers freudloses Leben ändert sich von Grund auf, als er Rainer über den Weg läuft, einem weit jüngeren Kollegen, mit dem er mal das "Dschungelbuch" synchronisiert hat. Der aalglatte Managertyp ist unterdessen ins Marketing eingestiegen und versucht, eine rechtsradikale Splitterpartei bei den Wahlen über die Fünfprozenthürde zu bringen. Braunes "Gedankengut", schwarzes Geld aus dunklen Kanälen, alles ist da; was Rainer und denn blassen Hinterzimmerpolitikern von der "NS-DU" fehlt, ist eine Figur, die ihre Ideen von einem sauberen Vaterland mit etwas Ausstrahlung unters deutsche Volk bringt, der sie gewinnbringend verkauft. Und wer könnte das besser als Did Stricker, dem völlig gleichgültig zu sein scheint, welche Ware er verhökert, so lange der Preis stimmt? Rainer baut den Kleindarsteller zum Spitzenkandidaten auf und schickt ihn auf Wahlkampftour, obwohl alle Beteiligten ihre Skrupel haben - die NS-DU'ler, weil Stricker die rechte Überzeugung vermissen läßt und lieber Witze erzählt, als das Parteiprogramm vorzutragen, Stricker, weil Geld selbst ihm manchmal stinken kann. So kommt es ihm ganz zupaß, als er von einem Tag auf den anderen geschaßt wird - irgendein Schreiber hat in seiner Vergangenheit geschnüffelt und herausbekommen, daß er angetrunken seine Frau zum Krüppel gefahren hat -, und er macht das Beste daraus, als die Partei wenig später erneut auf seine mimischen Dienste zurückgreift: ohne ihn sind die fünf Prozent wieder in unerreichbare Feme gerückt. Stricker besiegt Angst und Feigheit und will einer Journalistin Material besorgen, das enthüllen soll, wie und zu welchem Zweck die NSDU finanziert wird. Leider stellt er sich dabei nicht klug genug an, und so erlebt er den Wahltriumph der Partei aus einer Entfernung, die für ihn wie für alle Beteiligten sicher genug ist.

Eine schmutzige kleine Geschichte, ganz angemessen verpackt in die bescheidenen Bilder eines Fernsehfilms und ganz zugeschnitten auf den Hauptdarsteller. Natürlich - und Ralf Huettners Regie kommt an diesem Doppelspiel gar nicht vorbei - steht hinter Stricker überlebensgroß der Schatten von Harald Juhnke, dem notorischen Klatschspaltengast. So nimmt man ihm den Schmarotzer Stricker nur allzugerne ab, den Wendehals, der sich nach jedem raschelnden Geldschein umdreht und die plötzliche Popularität zuallererst in Frauen und Schampus umsetzt. Wie er dann Skrupel bekommt angesichts der Herren, bei denen er im Brot steht, und wie ihn die Gewissensbisse zum Spionieren treiben, wie er zu einem kleinen Günter Wallraff wird - das ist zwar ganz sympathisch, aber nicht gar so überzeugend. Erst am Ende ist Stricker/Juhnke wieder ganz der Alte, wenn er den Wagen vor eine Telefonzelle setzt, die Bierflaschen auf dem Beifahrersitz und das Toupet verrutscht. Fast eine Charakterrolle.

Ralf Huettner hat diese Farce ohne große Umstände in Szene gesetzt, schnell, aber nicht überdreht, unaufdringlich im Tonfall und in der politischen Aussage. Mit den Ereignissen des letzten Jahres hat die Geschichte vom "Papagei" eine Aktualität gewonnen, die wohl bei den Dreharbeiten nicht vorauszuahnen war. Darin liegt allerdings auch die Crux des Films - er hat einige Mühe, politisch sicheren Boden unter die Füße zu bekommen. Es wäre ja ganz schön, wenn die Anziehungskraft der rechtsextremen Szene mit ihren Führern stände und fiele; aber so einfach ist das nicht mit der Wirklichkeit, wie man inzwischen weiß, leider.
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