Blood & Wine - Ein tödlicher Cocktail

Thriller | USA 1996 | 98 Minuten

Regie: Bob Rafelson

Nach dem erfolgreichen Raub einer Diamantenkette erleben die beiden Täter ein Fiasko nach dem anderen. Als die Ehefrau des einen mitsamt der Kette flüchtet, der Stiefsohn ihm die attraktive Komplizin abspenstig macht und sein todkranker Kumpel zunehmend aggressiver wird, mündet der Film in eine turbulente Tragödie mit betont komisch-absurden Momenten. Die skurrilen Charaktere und ihre spritzigen Dialoge kommen in der bemerkenswerten Besetzung voll zur Entfaltung. Buch und Regie gelingt es, aus trivialen, genrehaften Motiven einen populären Thriller mit fast schon parodistischen Momenten zu mixen. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
BLOOD & WINE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1996
Produktionsfirma
Majestic/Recorded Picture
Regie
Bob Rafelson
Buch
Nick Villiers · Alison Cross
Kamera
Newton Thomas Sigel
Musik
Michal Lorenc
Schnitt
Steven Cohen
Darsteller
Jack Nicholson (Alex Gates) · Michael Caine (Victor Spansky) · Stephen Dorff (Jason Gates) · Jennifer Lopez (Gabriella) · Judy Davis (Suzanne Gates)
Länge
98 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Thriller
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
Concorde (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt., DTS dt.)
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Diskussion
„Dein Toast ist verbrannt.” Dieser lapidare Satz - ausgesprochen mit allem nur möglichen Desinteresse und größter Herablassung - genügt, und Jack Nicholson ist im Film etabliert. Er bestimmt die Szenen, denn in seiner zur Schau getragenen Überlegenheit, seinem arroganten Charme gepaart mit mephistophelischer Schlitzohrigkeit, scheint er unwiderstehlich. Als finanziell gebeutelter Charaktere und ihre spritzigen Dialoge kommen in der bemerkenswerten Besetzung voll zur Entfaltung. Buch und Regie gelingt es, aus trivialen, genrehaften Motiven einen populären Thriller mit fast schon parodistischen Momenten zu mixen.

Weingroßhändler Alex Gate könnte er zusammen mit Michael Caine (very british als heruntergekommener Safe-Spezialist) das "große Dings" landen. Doch "Diebe haben's schwer" - und oft genug scheitern sie an ihrer uferlosen Selbstüberschätzung. Das ist auch Nicholsons/Gates' Problem: Sein fast schon animalischer Siegeswille, dem jede Selbstreflexion abgeht, steht ihm am Ende eher im Wege, als daß er ihn ans Zeil seiner Wünsche bringen könnte. Mit einem solchen Mann zu leben, bedeutet neben einer guten Portion Thrill auch jede Menge Probleme. Gates' Ehefrau Suzanne, die neben einem ansehnlichen Vermögen auch ihren Sohn Jason in das Leben mit Alex mitbrachte, ist davon gezeichnet. So wenig ihr Mann mit Jason anfangen kann, so aufgeschlossen ist er ihrem Geld gegenüber, bis keines mehr geblieben ist. Nachschub verspricht sich Alex von einem relativ ungefährlichen Beutezug mit seinem Kumpel Victor Spansky. Gemeinsam erleichtem sie einen vermögenden Kunden von Alex um eine eine Million Dollar schwere Diamantenkette, wobei der schwer lungenkranke Spansky noch einmal alles Raffinement an den Tag legt. Doch wie in vielen "big caper movies" (Filmen, in denen ein ausgeklügelter Raubzug im Mittelpunkt der Handlung steht), beginnen die eigentlichen Schwierigkeiten erst nach dem an sich gelungenen Unternehmen. Denn natürlich gerät die Beute schon bald in die falschen Hände - und aus dem Ansatz eines Thrillers wird mit zunehmender Dauer eine wilde Tragikomödie, die ungeniert, aber geschickt und reflektiert Elemente der "pulp fiction" benutzt, die derzeit so gewaltig im Trend liegt. Absolutes Mißtrauen untereinander charakterisiert die Beziehungen der Figuren im Film. Gates bekommt es gleich mit allen zu tun. Weder Victor, dessen Argwohn und Aggression proportional zu seinem Röcheln steigen, noch Frau und Stiefsohn trauen ihm auch nur ein Fünkchen Ehrlichkeit zu. Suzanne ist es denn auch, die nach einer wilden Schlägerei mit Gates, zunächst allerdings mehr aus Versehen, die Kette an sich bringt und mit ihrem Sohn vor seiner Revanche flüchtet. Klar, daß sich Victor von seinem Kumpel verschaukelt fühlt und all seine Energien mobilisiert, um zu seiner

Beute zu kommen. Vervollständigt wird die nicht gerade harmonische Konstellation durch die attraktive Exil-Kubanerin Gabriella, die für zusätzlichen Sprengstoff im Verhältnis von Gates zu Jason sorgt.

Trotz vieler Kapriolen und überraschender Wendungen bleibt Regisseur Bob Rafelson in seinem fünften Film mit Jack Nicholson immer Herr der Lage. Dank glänzender Dialoge, die auch in der synchronisierten Fassung, besonders zwischen Nicholson und Caine, jede Menge Esprit versprühen, und einer pointierten Kameraarbeit kitzelt der Film aus seinem an sich trivialen Stoff ein hohes Maß an Unterhaltung heraus. Und in besonders starken Momenten gesteht er den Charakteren sogar eine Ambivalenz und Widersprüchlichkeit zu, die die insgesamt recht glatte Oberfläche des Films angenehm aufrauht. Besonders verstörend wirkt das in der Szene, in der Nicholson nach einer wilden Verfolgungsjagd und dem daraus folgenden Unfall seiner Frau hin- und hergerissen ist, ihr zu helfen, andererseits aber seiner Gier nach der Beute nicht widerstehen kann. Gates bleibt Opfer seiner Instinkte, die aufkeimendes Mitmenschliches sofort wieder ersticken. Die Umstände, die ihn zu diesem Monstrum machten, bleiben im dunkeln. Am Ende wird ihm, wie unzähligen Antihelden klassischer "big caper movies" auch, das große Glück regelrecht vor der Nase liegen - und doch unerreichbar sein. Während seinem Gegner wenigstens moralische Integrität beziehungsweise ein erlösender Tod bleiben, stehen ihm nur die Erfahrung von Verzweiflung und Absurdität bevor. Aber da ihm beide bisher ja verschlossen geblieben waren, ist vielleicht sogar er als Verlierer ein kleines Stück vorangekommen.
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