Friedrich und der verzauberte Einbrecher

Kinderfilm | Deutschland 1996 | 78 Minuten

Regie: Rolf Losansky

Ausgerechnet an seinem Geburtstag wird ein mit seiner Mutter in einer Stadtwohnung lebender neunjähriger Junge von einem Einbrecher bedroht, den er jedoch durch seine Liebe zu Büchern und vor allem seine Leidenschaft für "Robin Hood" zum Guten bekehren kann. Ein Kinderfilm um einen liebenswerten Jungen und seine reiche Fantasie, die er als schöpferische Kraft, sich der Wirklichkeit zu stellen, entdeckt. Charmante Darsteller und vor allem die sympathische Botschaft lassen die Schwächen der mit geringem Budget eher bescheiden produzierten und inszenierten Geschichte schnell vergessen. (Fernsehtitel: "Der verzauberte Einbrecher") - Ab 8.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1996
Produktionsfirma
ANTAEUS
Regie
Rolf Losansky
Buch
Christa Kozik · Rolf Losansky
Kamera
Claus Neumann
Musik
Markus Lonardoni
Schnitt
Monika Schindler
Darsteller
Friedrich Lindner (Friedrich) · Nina Hoger (Mutter) · Rufus Beck (Einbrecher) · Lydia Schönfeld (Mausi) · Günter Lamprecht (Fischer)
Länge
78 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 8.
Genre
Kinderfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Eigentlich lockt der Kinder-Rap mit dem schönen Titel "Wild und gefährlich", den Friedrich während Vor- und Nachspann singt, auf eine falsche Fährte, wirkt der Song in seiner betonten Modernität doch eher wie ein Fremdkörper in einem ansonsten wohltuend "altmodischen"

Kinderfilm. Am besten stellt man sich das Lied denn auch als eine Wunschfantasie des neunjährigen Friedrichs vor, der allein mit seiner berufstätigen Mutter in einer fernseh- und computerfreien Stadtwohnung lebt und auf die Rückkehr seines Vaters wartet. Dieser sei Seemann, hat ihm die Mutter vor Jahren erklärt, und Friedrich wartet nun schon verdächtig lange auf eine Flaschenpostbotschaft von ihm. Friedrichs große Leidenschaft ist das Lesen. Er sammelt Bücher und verstaut sie in einem großen Schrank in seinem Zimmer, der sogar über ein Geheimfach verfügt, in dem er sein Lieblingsbuch aufbewahrt: "Robin Hood". Wenn er sich in die Abenteuer des Gesetzlosen aus dem Sherwood Forest vertieft, dann glaubt er, Robins Pferd neben sich zu haben, und er kann sich selbst zu den "Mannen" in den Wald hineinträumen. Zwar läßt die Bücherleidenschaft Friedrich gelegentlich zum Gespött seiner Klassenkameraden werden, doch das erträgt er mit einer großen Portion Selbstbewußtsein, dessen er sich noch gar nicht so recht gewahr ist. Ausgerechnet an seinem Geburtstag, als Friedrich von der Schule heimkehrt und allein in der Wohnung ist, wird es aber auf die Probe gestellt: Statt der erwarteten Mutter steht plötzlich ein Dieb in der Wohnung, hält Friedrich eine (Wasser-)Pistole vor die Nase und verlangt die Ersparnisse. Irgendwann in dieser durchaus bedrohlichen Situation gelingt Friedrich die Flucht, und er kann einen schwer beschäftigten Polizisten und auch seine Mutter informieren; aber wer weiß, wie die Geschichte mit dem eigentlich gar nicht so unsympathischen Dieb ausgegangen wäre, wenn dieser nicht plötzlich begonnen hätte, "Robin Hood" zu lesen und dabei seine Umwelt und seine räuberischen Absichten vergessen hätte?

Spannend und ausgesprochen witzig erzählt dieser Kinderfilm von den großen und kleinen (Alltags-)Abenteuern eines aufgeweckten, ausgesprochen liebenswerten Jungen, der sich zwischen Wirklichkeit und Fantasie behauptet, indem er den Dieb "bekehrt" und vielleicht sogar einen neuen Vater findet. Die Sehnsucht nach seinem (nach der ihm verheimlichten Scheidung) abwesenden leiblichen Vater, die Bedrohung durch den Dieb, die Konflikte mit Freunden und Freundinnen - das alles sind durchaus "handfeste" Probleme für Friedrich, die aber charmant, amüsant und stets kindgerecht aufbereitet sind, ohne daß sie verharmlost oder gar verniedlicht würden. Friedrich befürchtet, daß er eigentlich zu klein für sein Alter sei, und da hilft ihm der Trost seiner kameradschaftlich-resoluten Mutter, daß er für sie der Größte sei, immer nur ein kleines Stück. Als ihm sein Freund, ein einzelgängerischer Fischer, erklärt, daß in kleinen Menschen oft große Kräfte stecken würden, grübelt er darüber nach, daß er eigentlich "nur" Geschichten erzählen könne, aber vielleicht sei das ja die Kraft in ihm. Und wirklich sind es Friedrichs Einfallsreichtum und vor allem sein (kindliches) Einfühlungsvermögen in Geschichten und Menschen, was ihn so stark und "lebenstauglich" erscheinen läßt. So ist Rolf Losanskys Film in erster Linie ein Loblied auf die Fantasie als schöpferische Kraft, die hilft, sich der Wirklichkeit zu stellen, und diese Essenz erinnert an die früheren Kinderfilme Losanskys, vor allem an "Ein Schneemann für Afrika" (fd 20 986) und "Moritz in der Litfaßsäule" (fd 25 306), die ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Kinderbuchautorin Christa Kozik entstanden. Darüber hinaus ist "Friedrich", natürlich, auch ein Loblied auf das heutzutage längst anachronistisch gewordene Konkurrenzmedium des Kinos - das Buch. Und hier hat Losansky aus einer Not eine Tugend gemacht; denn wenn man allein an den äußeren Aufwand an Ausstattung, Kostümen und kameratechnischen Finessen seines längst zum Klassiker aufgestiegenen Films "Moritz in der Litfaßsäule" denkt, dann wird schmerzhaft deutlich, wie sehr die üppige Budgetierung des Kinderfilmstudios der DEFA fehlt; "Friedrich" dagegen mußte ganz offensichtlich mit minimalem Budget auskommen, konnte aber immerhin vieles durch darstellerischen Charme, einige bescheidene Filmtricks und vor allem eben eine funktionierende "Botschaft" wettmachen. So aufwendig gestaltete Kinderfilme wie "Moritz in der Litfaßsäule" dürften wohl der Vergangenheit angehören, Losansky aber nutzt die geringe Chance, die der Kinderfilm im Kino noch hat, auf hoffnungsvolle Weise.
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