- | USA 1997 | 94 Minuten

Regie: Ken Selden

Die Liebesgeschichte zwischen einer weißen Galeristin und einem schwarzen Museumswärter, der sich ihr gegenüber als Künstler ausgibt. Eine amüsante romantische Gesellschaftskomödie mit pointiert-nuancierten Seitenhieben gegen den "gutgemeinten Rassismus". Darüber hinaus eine treffsichere Satire auf den Kunstmarkt. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
WHITE LIES
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1997
Produktionsfirma
Buena Vista
Regie
Ken Selden
Buch
Ken Selden
Kamera
Robert Yeoman
Musik
Donald Markowitz
Schnitt
Michael Berenbaum · Angelo Corrao
Darsteller
Julie Warner (Mimi Furst) · Larry Gilliard jr. (Leon Turner) · Rosanna Arquette (Künstlerin) · Harvey Fierstein (Art) · Terry Kinney (Richard)
Länge
94 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
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Diskussion
"Rat' mal, wer zum Essen kommt" (fd 15 363), hieß einer jener liberalen Hollywood-Filme der späten 60er Jahre, in denen die über Jahrzehnte im Zensurcode gefangene Filmindustrie den Anschluß an gesellschaftliche Veränderung suchte. Spencer Tracy und Katharine Hepburn spielen darin ein progressiv (denkendes Ehepaar, dem der schwarze Freund ihrer Tochter subtil ihren latenten Rassismus vor Augen führt. Auch wenn die Filmakademie den umstrittenen Film mit zwei "Oscars" belohnte, blieb die unverhoffte Liberalität des Kinojahres 1967 weitgehend folgenlos. Heute werden zwar Drehbücher gründlich auf politische Unkorrektheiten hin, die Minderheiten verärgern könnten, durchkämmt; gemischtrassige Liebespaare aber hat es in den letzten Jahren nur noch andeutungsweise auf der Leinwand gegeben. Auch wenn "White Lies" aus New York stammt und nicht aus Hollywood, erstaunt doch das Engagement des nicht unbedingt für die mutige Behandlung heißer Eisen berühmten Buena-Vista-Konzerns für diese romantische Komödie, die sich zwischen der attraktiven weißen Galeristin Mimi und dem schwarzen Lebenskünstler Leon entspinnt. Als Museumswärter hat sich Leon die Argumente jener jungen Connaisseure zueigen gemacht, die mit einem geistreichen Satz über ein Bild Studentinnen zu beeindrucken versuchen. Mimi gegenüber stellt sich Leon als provokanter Maler vor, dessen Bilder die kulturelle Dominanz der Weißen attackierten. Mimi ist fasziniert, und ihr Entschluß, den "neuen Basquiat" groß herauszubringen, speist sich gleichermaßen aus naiver Neugier und vordergründigem Interesse für das im intellektuellen Diskurs in Mode gekommene Thema schwarzer Identität. Daß sie letztlich in Leons Harlemer Stammkneipe wie eine Touristin auftritt, wird ihr nicht einmal bewußt.

Kein Wort ist nötig, um diesen freundlich gemeinten Rassismus zu thematisieren, der sich in vordergründigem, unkritischem Interesse artikuliert, vielmehr erschließt sich die ganze Problematik aus der feinfühligen Zeichnung dieser im übrigen durchaus sympathischen Figur. Hierin liegt eine ganz besondere Qualität dieser Komödie, die den Blick für derartige Phänomene schärft, ohne zu moralisieren. Eigentlich also geschieht es Mimi ganz recht, daß sie in Leon an einen Schwindler geraten ist, der sich ihrer Naivität nur zu gern bedient, um ihr Bilder zu verkaufen, die aus der Hand einer armen Fixerin stammen (Rosanna Arquette spielt die dankbare Gastrolle einer heruntergekommenen Akademie-Absolventin). Natürlich ist der Film in erster Linie eine romantische Komödie, und so entzweit der aufgeflogene Schwindel die Liebenden, bevor sie noch wirklich zusammengefunden haben. Zur Lösung des Problems finden sich schließlich ein Sammler, der einmal selbst als Künstler gescheitert ist, und ein Kritiker, der als Mimis Ex-Geliebter zugleich seine Eifersucht zu überwinden lernt, mit Leon zu einem denkwürdigen Joint Venture zusammen; so bescheren sie der blasierten Kunstmafia, was sie verdient, und dem jungen Paar eine wirtschaftliche Basis. Nicht nur in der subtilen Behandlung von falscher Liberalität findet der als Autor und Regisseur debütierende Ken Seldon den richtigen Ton. Auch als Satire über den Kunstmarkt ist sein Film erstaunlich. Seldon vertritt keineswegs die platte These, daß es Scharlatanen ein Leichtes wäre, die Sammler moderner Kunst zu foppen. In den kubistisch angehauchten Aktbildern des falschen Leon steckt eine charmante Ironie, die auch Kritiker und Galeristen schmunzeln lassen dürfte. Wenn am Ende aus dem geplanten Betrug sogar Kunst entsteht, überzeugt diese ästhetisch und besteht durchaus im Kontext zeitgenössischer Malerei. Das ist mehr, als man über Kunst im Film im allgemeinen sagen kann. All dies inszeniert Seldon mit der Leichtigkeit und Verspieltheit einer Independence-Produktion. Nur die Musikunterlegung läßt den Druck des Verleihs vermuten: seifige Soulmusik überdeckt bedeutungsschwer die Offenheit der Inszenierung und versucht zu glätten, was sich doch gerade im Ungeschliffenen formalisiert.
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