Die unsichtbare Falle

Thriller | USA 1997 | 110 Minuten

Regie: David Mamet

Ein Erfinder wird Opfer einer unüberschaubaren Verkettung von Intrigen und Betrügereien, die ihm den scheinbar sicheren Boden der Realität unter den Füßen entziehen. Eine stilsicher entwickelte Fingerübung in Sachen Betrug, die sich an Vorläufern Hitchcockscher Prägung orientiert und das Stilmittel der falschen Fährte in kaum zu überbietender Weise einsetzt. Die stimmige "Arthouse"-Produktion setzt auf die (Film-)Erfahrung des Publikums und bietet diesem intelligente Unterhaltung. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THE SPANISH PRISONER
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1997
Produktionsfirma
Sweetland Films
Regie
David Mamet
Buch
David Mamet
Kamera
Gabriel Beristain
Musik
Carter Burwell
Schnitt
Barbara Tulliver
Darsteller
Campbell Scott (Joe Ross) · Rebecca Pidgeon (Susan Ricci) · Ben Gazzara (Klein) · Steve Martin (Jimmy Dell) · Ricky Jay (George Lang)
Länge
110 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Thriller
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Diskussion
Joe Ross hat eine bahnbrechende Erfindung gemacht, die unermeßlichen Reichtum verspricht: den „Process“. In Begleitung seines Anwalts Lang sollen auf einer Insel in der Karibik die Vertragsverhandlungen mit einer Firma geführt werden, doch man kommt zu keinem Abschluß. Statt dessen hat Ross das Gefühl, hingehalten zu werden. Immerhin liegt die Formel sicher im heimischen Safe, zu dem nur Ross und Lang die Schlüssel besitzen. Während eines Strandbummels lernt Ross seine neue Kollegin Susan kennen, die offenbar Gefallen an ihm findet, und wenig später auch den grauhaarigen Millionär Jimmy Dell. Am Tag der Abreise bittet Dell ihn, ein Geschenk für die jüngere Schwester mit in die Heimat zu nehmen; ein Freundschaftsdienst, bei dem Ross sich nichts denkt. Doch während des Fluges schürt Susan das Mißtrauen des Erfinders; er öffnet das Päcken und findet – ein altes Tennislehrbuch. Da es beim Öffnen beschädigt wurde, kauft Ross in einem Antiquariat eine Dublette und erfüllt seinen Auftrag. Als er Dell zufällig wiedertrifft, reagiert dieser überraschend abweisend, entschuldigt sich aber tags darauf und lädt Ross zum Essen in seinen Club ein. Eine Grundstein für eine Freundschaft scheint ebenso gelegt wie der für eine Beziehung zu Susan, die immer offensiver die Nähe des Erfinders sucht. Nur die Vertragsverhandlung treten auf der Stelle, und da Ross befürchtet, man wolle ihn ausbooten, vertraut er sich dem Millionär an. Als Ross aus einer spontanen Laune heraus Dells jüngerer Schwester ein Geschenk überreichen will, stellt sich heraus, daß die eigentliche Adressatin eine alte blinde Frau ist. In seiner Angst, übervorteilt zu werden, vertraut sich Ross einer FBI-Agentin an und fädelt mit ihr und anderen Beamten einen Deal ein, um Dell zu überführen. Die Formel soll als Lockmittel dienen. Die Bundespolizisten instruieren den Erfinder aufs Genaueste, der begibt sich zum verabredeten Treffpunkt – und wartet vergebens. Erst Stunden später bemerkt er, daß die Formel entwendet wurde und er einer Bande von Trickbetrügern aufgesessen ist. Erst jetzt schaltet er die Polizei ein, die ihm kein Wort glaubt, sprechen doch geschickt arrangierte Indizien gegen ihn. In seiner Not wendet sich Ross an Lang, verabredet ein spätes Treffen in dessen Wohnung. Der Anwalt wartet bereits auf den Erfinder – allerdings mausetot, erstochen mit dessen Messer. Nun sind nicht nur die Betrüger hinter ihm her, um seine lästigen Nachforschungen zu unterbinden, sondern auch die Polizei. Die einzige, die jetzt noch helfen könnte, wäre Susan. Wirklich?

Diese aufwendige Inhaltsangabe, die dennoch Details, neuerliche Schlenker und zusätzliche Finessen ausspart, gibt die Marschrichtung wieder, die der amerikanische Dramatiker David Mamet einschlägt: die Welt als Tummelplatz für gerissene Betrüger, in der der naiv-ehrbare Bürger nicht die Spur einer Chance hat. Nichts ist so, wie es scheint; in diesem Gedankenspiel lautert der Feind hinter jedem vertrautem Gesicht; je größer der Betrug angelegt ist, um so überzeugender wirkt er im Endeffekt. Auf sehr spielerische Art kehrt Mamet in die Betrügerwelt seines Erstlingsfilms „Haus der Spiele“ (fd 26 767) zurück, wobei ihn hier nicht die Psychologie dieses „Berufsstandes“ interessiert, sondern der Betrug als solcher, der Taschenspielertrick im großen Stil. Der Zuschauer weiß dabei nie mehr als die hereingelegte Hauptperson, weiß um die Schattenwelt, doch nicht um ihre Geheimnisse. Trotz einiger logischer Brüche ist so ein romantischer Thriller in bester Hitchcock-Tradition entstanden, der den Meister durch den Einsatz gleich mehrerer „MacGuffins“, eine Vielzahl falscher Fährten und sich stets ändernder Identitäten und Loyalitäten gar zu übertrumpfen versucht. Die Konfusion, die dadurch entsteht, nimmt Mamet lächelnd in Kauf, geht es ihm doch um einen in allen Belangen altmodischen Thriller, der von der verschlungenen Geschichte und nicht von vordergründigen Effekten lebt. Nicht nur die gediegene, sehr elegante Regie trägt zum Gelingen bei, sondern auch die überzeugenden Darsteller. Allen voran Campbell Scott als Erfinder Ross, der, je mehr ihm der Boden der Realität entzogen wird, zu großer Form aufläuft und zeigt, welchen Albträumen man ausgesetzt sein kann, wenn einem nachhaltig die Orientierung verloren geht. Auch Steve Martin hat als zwielichtiger (Betrugs-)Millionär eine Traumrolle gefunden, die er mit Eleganz und Durchtriebenheit füllt. Mamet schuf ein keineswegs leicht konsumierbares Genre-Puzzle, das seine Vorbilder zitiert, ohne sie zu kopieren, und dessen stets überraschende Wendungen den Zuschauer schier schwindelig machen können. Vorausgesetzt sind dabei dessen Intelligenz und Kinoerfahrung, damit der bei aller scheinbaren Leichtigkeit streng durchdachte Film seine Wirkung entfalten kann. Daß Mamets Rechnung aufgeht, belegt die Tatsache, daß „Die unsichtbare Falle“ der erfolgreichste Arthouse-Film der amerikanischen Sommersaison 1998 war. Witz und Esprit scheinen sich also doch noch an der Kinokasse auszuzahlen. Und schließlich ist alles in diesem Film „MacGuffin-like“, sogar die alle Intrigen auslösende Erfindung, der alle nachjagen und von der alle profitieren wollen, die aber niemand zu Gesicht bekommt. Vielleicht existiert sie gar nicht, doch ihre Funktion hat sie auch so perfekt erfüllt.
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