Gewagtes Spiel (1992)

Thriller | USA 1992 | 98 Minuten

Regie: Alan J. Pakula

Das sichere Leben eines bürgerlichen Paares gerät aus den Fugen, als sich der Ehemann, ein Werbekomponist, auf einen fatalen Vorschlag seines neuen Nachbarn zum Partnertausch einläßt. Unmittelbar nach der Liebesnacht ist die begehrte Nachbarin tot, der Komponist droht das Opfer einer raffinierten Intrige zu werden. Thriller auf den Spuren Alfred Hitchcocks, der trotz Löchern in der Handlungslogik auf altmodische Weise spannend unterhält, die Doppelbödigkeit der Geschichte aber nicht konsequent genug entwickelt. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
CONSENTING ADULTS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
Hollywood Pictures/Touchwood Pacific Partners I.
Regie
Alan J. Pakula
Buch
Matthew Chapman
Kamera
Stephen Goldblatt
Musik
Michael Small
Schnitt
Sam O'Steen
Darsteller
Kevin Kline (Richard Parker) · Mary Elizabeth Mastrantonio (Priscilla Parker) · Kevin Spacey (Eddy Otis) · Rebecca Miller (Kay Otis) · Forest Whitaker (David Duttonville)
Länge
98 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Thriller
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Buena Vista (1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Der erste Teil könnte in Anlehnung an Hitchcock heißen: "Der Fremde im Nachbarhaus". Denn wie in "Strangers on a Train" ("Der Fremde im Zug", fd 1818) geht es um ein sehr merkwürdiges "Geschäft", das ein Mann einem anderen vorschlägt. Alles beginnt damit, daß in dem wohlhabenden Villenidyll, m dem Richard Parker, Komponist für Werbespots, und seine Frau Priscilla ihr Leben eingerichtet haben, neue Nachbarn auftauchen. Eddy und Kay Otis signalisieren vom ersten Moment an, daß sie nach völlig anderen Grundsätzen als Richard und Priscilla Leben. Während sich deren Dasein in sicherenberuflichen und privaten Bahnen abspielt und inzwischen durchaus auch zur ernüchternden Langeweile neigt, liebt es der wagemutige Eddy eine Nummer großspuriger. Angehimmelt von der attraktiven Kay, führt er riskante, aber erfolgreiche wirtschaftliche Transaktionen durch und nimmt es dabei auch mit dem Gesetz nicht so genau. Doch Gegensätze ziehen sich an, und so werden die beiden Paare gute Freunde und verbringen viel Freizeit miteinander. Richard und Priscilla genießen den frischen Wind in ihrem Leben und nehmen dabei stillschweigend in Kauf, daß Eddy zunehmend ihre moralischen Grundsätze in Frage stellt, als er eines Tages gar Richard verschwörerisch vorschlägt, für eine Liebesnacht die Ehefrauen zu tauschen, weist dieser das zunächst empört zurück. Doch daß er Kay begehrt, ist mehr als offensichtlich, und da er in seinem Schweigen gegenüber Priscilla keinen Halt findet, läßt er sich verführen: eines Nachts steigt er in Kays Bett, während er Eddy bei Priscilla wähnt. Am nächsten Morgen aber folgt die Katastrophe: Kay wurde noch in derselben Nacht ermordet, Richard wird verhaftet. Nach dem "Fehltritt" folgen die Kapitel "Schuld" und "Sühne", und - wieder in Anlehnung an Hitchcock -könnte dieser zweite Teil des Films "Vertigo - Aus dem Reich der Toten" lauten. Zunächst auf sich allein gestellt. später durch den schwarzen Versicherungsdetektiv Duttonville unterstützt, ringt Richard um Erkenntnis und Wahrheit. Und während es immer schlechter um ihn bestellt ist, muß in der Tat eine Gestalt scheinbar aus dem Reich der Toten eine entscheidende Spur geben.

"Gewagtes Spiel" umschreibt einmal mehr von Alan J. Pakula bevorzugte Themen; doch war früher die Gesellschaft in ihrer Makrostruktur ein bedrohliches Netz aus Lügen und Intrigen, Hinterhalten und tödlichen Fallen, in dem sich der alles andere als heldenhafte Durchschnittsmann verfing, so ist es - wie ansatzweise schon in Pakulas vorletztem Film "Aus Mangel an Beweisen" (fd 28 659) - jetzt der soziale Mikrokosmos, der zusammenbricht: selbst die Ehe ist kein Garant mehr für Liebe und Moral sowie Vertrauen und Geborgenheit, vielmehr im Gegenteil ein Hort für Verschwörung und Komplotte, katalysiert durch sexuelles Begehren, geheime Wünsche und entsprechende "Fehltritte". Auch die beiden Verweise auf Hitchcock-Filme kommen nicht von ungefähr: Pakula konstruierte einen Thriller auf den Spuren des "Meisters des Suspense", der auf eine längst altmodisch gewordene Weise spannend unterhält, vor allem dann, wenn man nicht allzu sorgfältig auf manches Loch in der Handlungslogik achtet. Denn wie bei Hitchcock ist es eher die filmisch geschickt aufgebaute Atmosphäre, die von den zugrundeliegenden Themen "erzählt": viele Überblendungen, eine stets "haltlos" schwebende Kamera, geheime (und auch voyeuristische) Blicke der Protagonisten auf das Geschehen in ihrer Ferne verweisen atmosphärisch durchaus stimmig auch auf moralische Problemstellungen wie Schuld und Angst. Leider funktioniert gerade diese reizvolle "metaphysische" Erzählebene im zweiten Teil immer weniger, da die Charaktere nicht mehr weiterentwickelt, sondern nur noch wie die Figuren eines "Hase und Igel"-Spiels hin- und hergeschoben werden. Dabei reduziert sich alles auf die Frage, wer schneller am jeweils anders motivierten Ziel ankommt: der verzweifelte, sich fast nur noch wie in Trance vorwärtskämpfende Richard oder der eiskalte, persönlichskeitsgespaltenen Eddy in seinem Größenwahn. Erst das Schlußbild läßt die anfanglich so reizvolle Doppelbödigkeit nach einmal anklingen: nach einem wenig spektalkulären und ebensowenig überzeugenden Happy End zieht das Paar in ein neues Heim, in ein völlig einsam gelegenes Haus ohne Nachbarn - Zeichen für einen Neuanfang oder Dokument für die endgültige Isolation von Realität und Erkenntnisbereitschaft?
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