TwentyFourSeven

Drama | Großbritannien 1997 | 96 Minuten

Regie: Shane Meadows

Ein unermüdlicher Sozialarbeiter stemmt sich in einer heruntergekommenen englischen Industriestadt gegen die soziale Verwahrlosung der Jugendlichen. Mit der Gründung eines Box-Clubs gelingt es ihm, allgegenwärtige Aggressionen aufzufangen. Doch ausgerechnet der Moment höchsten Triumphes, der erste öffentliche Wettkampf, wendet sich zur Katastrophe. Spielfilmdebüt in der guten Tradition des britischen Sozial-Kinos. Obwohl der Film einige erzählerische Schwächen aufweist, lebt er doch vom hohen Maß seiner sozialen Genauigkeit und stellt auch ästhetisch einen eindrucksvollen Talent-Beweis dar. Kein makelloses Meisterwerk, aber lebendiges Kino, das von der noch immer dynamischen, weil authentischen Filmkultur Großbritanniens spricht. (O.m.d.U.)
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Filmdaten

Originaltitel
TWENTYFOURSEVEN
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
1997
Produktionsfirma
BBC Film/Scala
Regie
Shane Meadows
Buch
Shane Meadows · Paul Fraser
Kamera
Ashley Rowe
Musik
Neill MacColl · Boo Hewerdine
Schnitt
William Diver
Darsteller
Bob Hoskins (Alan Darcy) · Jimmy Hynd (Meggy) · Mat Hand (Fagash) · Danny Nussbaum (Tim) · Bruce Jones (Tims Vater)
Länge
96 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Genre
Drama
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Diskussion
Die ersten Bilder dieses schwarz-weißen Films setzen eindeutige Zeichen: ein offenbar stillgelegtes, von Gras überwuchertes Gleis, das ins neblige Nichts führt. Wir befinden uns unweit einer heruntergekommenen Industriestadt irgendwo in England. Längst sind die Fabrikanlagen aufgegeben, die Eltern ohne Arbeit, ihre Kinder ohne jede Aussicht darauf. Die zur Untätigkeit verdammten Jugendlichen formieren sich zu Gangs, lungern herum, Aggressionen sind allgegenwärtig. Sozialarbeiter Alan Darcy stemmt sich vehement gegen den Fatalismus dieser Situation. Durch unermüdliche Aktivitäten versucht er, den Leerlauf aufzufangen. Mit der Gründung eines Box-Clubs scheint endlich ein Weg gefunden, um die Energien der Heranwachsenden zu kanalisieren. Darcy gelingt es tatsächlich, die gegenseitigen Rivalitäten zurückzudrängen, im kontinuierlichen Training aufzufangen. Es entwickelt sich ein intaktes Gruppengefüge, in das sogar ein Junkie und der pummelige Sohn des ortsansässigen Finanzmaklers Eingang finden. Höhepunkte dieser erfolgreichen Entwicklung bilden ein Gruppenausflug nach Wales, der für romantische Szenen unter freiem Himmel, und ein Artikel im Lokalblatt, der für öffentliche Reputation sorgt. Nun sind sogar die ständig alkoholisierten Eltern stolz auf ihre Nachkommenschaft. Doch dunkle Wolken ziehen auf. Ausgerechnet der Moment höchsten Triumphes wandelt sich zur Katastrophe: Als Darcy einen ersten Kampf gegen ein anderes Box-Team organisiert, erleben seine Schützlinge nicht nur das totale sportliche Desaster, einer der Väter verursacht auch noch einen handfesten Eklat, infolge dessen der Wettkampf abgebrochen werden muß. Der aufgebrachte Darcy, der „seinen Jungs“ stets gepredigt hatte, nur ja die eigenen Aggressionen im Zaum zu halten, rastet völlig aus. Nachdem er den Unruhestifter zusammengeschlagen hat, verschwindet er, resigniert und erschrocken über sich selbst, mit unbekanntem Ziel. Nach Jahren erst wird er wieder in seiner Heimatstadt auftauchen, vieles wird sich dann verändert haben ...

„TwentyFourSeven“ ist als Debüt ein nachdrücklicher Talent-Beweis, steht dabei in bester Tradition des britischen Sozial-Kinos. Aus dem einfachen erzähltechnischen Kunstgriff einer Rahmenhandlung, auf die sich das Geschehen nach einem Prolog chronologisch zubewegt und mit einem Epilog den Kreis schließt, zieht der Film seine ganze Dynamik. Er benötigt dazu sonst keine Intrigen, Affären oder Verbrechen. Neben seiner präzisen Fotografie und Musik lebt er vom spürbar lustvollen Spiel der Darsteller, allen voran den jugendlichen „Helden“ sowie Bruce Jones (bekannt aus „Raining Stones“ (fd 30 689)) und Bob Hoskins (für diese Rolle als „bester Darsteller“mit dem Europäischen Filmpreis geehrt). Daß „TwentyFourSeven“ auch viele Schwächen aufweist, macht ihn dabei eigentlich nur sympathischer. So bleiben die Motivationen Alan Darcys für sein enormes Sendungsbewußtsein dem Zuschauer verborgen; man erfährt nicht das geringste über seinen persönlichen Hintergrund. Sein Wirken auf die Jugendlichen wird zwar als prägend ausgewiesen, doch bleibt unklar, wie sich ihr offenbar erfolgreicher Weg in der Gesellschaft nach seinem Weggang vollzogen hat. Daß sie es alle „geschafft haben“ (der Junkie hat sogar eine Familie gegründet), wird im Epilog lediglich behauptet. Auch krankt die Erzählung an einigen Längen und nicht eben eleganten Auflösungen: einen Helden sterben zu lassen, bedeutet nicht immer shakespearesche Dimension, spricht dafür um so öfter von Ratlosigkeit. „TwentyFourSeven“ – kein makelloses Meisterwerk also, wohl aber lebendiges Kino, das von der noch immer dynamischen, weil authentischen Filmkultur Großbritanniens spricht. Ob des ungekünstelten sozialen Bewußtseins kann man hierzulande wieder einmal nur neidvoll erblassen.
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