Kinderfilm | USA 1997 | 94 Minuten

Regie: Charles Sturridge

Am Ende des Ersten Weltkrieges besucht ein achtjähriges Mädchen seine zwölfjährige Cousine auf dem Land. Beide Kinder haben wertvolle Menschen verloren, spenden sich gegenseitig Trost und entdecken ihre Faszination für Elfen, an deren Existenz sie fest glauben. Als sie eines Tages die Feen auf ein Foto bannen können, stehen sie für kurze Zeit im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Auf einer wahren Begebenheit basierender Kinderfilm, der seine kleinen Zuschauer ernst nimmt und einen Glücksfall für das Genre darstellt. Indem die Kinderwelt als Gegenentwurf zu der der Erwachsenen dargestellt wird, in der Glaube und Fantasie herrschen, entsteht eine faszinierende, eigenwillige Sphäre, die die Realität jedoch nie ganz ausschließt. Schöne, aufwendige Bilder, dezente Tricks und ein hervorragendes Darstellerensemble runden den prächtigen Film ab. - Sehenswert ab 8.
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Filmdaten

Originaltitel
FAIRYTALE: A TRUE STORY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1997
Produktionsfirma
Icon Prod./Wendy Finerman Prod.
Regie
Charles Sturridge
Buch
Ernie Contreras
Kamera
Michael Coulter
Musik
Zbigniew Preisner
Schnitt
Peter Coulson
Darsteller
Florence Hoath (Elsie Wright) · Elizabeth Earl (Frances Griffiths) · Paul McGann (Arthur Wright) · Phoebe Nicholls (Polly Wright) · Bill Nighy (E.L. Gardner)
Länge
94 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 8.
Genre
Kinderfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Nicht alle Filme, die bei uns ohne den Umweg übers Kino direkt in die Videothek wandern, erleiden dieses Schicksal zu recht. Auch „Fairytale: A True Story“, vom deutschen Verleiher etwas ungeschickt mit „Fremde Wesen“ betitelt, zählt zu diesen – der Film ist der Glücksfall eines Kinderfilms, der seine Zuschauer ernst nimmt und nicht primär als Zielpublikum für Merchandise-Produkte mißbraucht. Die achtjährige Frances reist am Ende des Ersten Weltkriegs aufs englische Land zu ihrer zwölfjährigen Cousine Elsie, nachdem ihr Vater als verschollen gilt. Auch ihre Cousine muß einen Verlust verschmerzen: Ihr Bruder ist vor kurzem gestorben. Neben einer spontanen Zuneigung verbindet die Mädchen eine große Faszination für Elfen, von deren Existenz sie felsenfest überzeugt sind und die sie eines Tages im Garten sogar auf ein Foto bannen können. Die Umwelt vermutet hinter der Abbildung einen Schwindel, bis das Bild über den Umweg einer theosophischen Gesellschaft bei dem Autor Conan Doyle landet, der das Foto in einem Magazin veröffentlicht. Prompt wird das Heim von Elsie und Frances von Touristen überlaufen. Auch Doyle und sein skeptischer Freund, der Magier Harry Houdini, machen ihre Aufwartung und laden die beiden Mädchen nach London ein, wo sie kurzzeitig zur Sensation des gesellschaftlichen Lebens avancieren. Wieder zu Hause auf dem Land, kehrt Frances vermißter Vater aus dem Krieg zurück. Die Geschichte der beiden Mädchen, die Elfen fotografiert haben wollen, ist tatsächlich wahr – auch wenn die beiden als alte Damen zugegeben haben, bei der Aufnahme getrickst zu haben. Doch das ist in „Fremde Wesen“ nicht von Interesse – der Film ist vielmehr ein sensibler Blick auf das Heranwachsen, den Umgang mit Verlusterfahrungen und der Kluft zwischen Kinder- und Erwachsenenwelt. Letztere haben in den Augen der Kinder zwar die Kraft des Glaubens und der Phantasie verloren, doch auch Frances und Elsie ziehen diese Welt schließlich dem Kindsein vor. Auch für sie heißt erwachsen zu werden zum ersten Mal zu spüren, was andere, nicht nur sie selber fühlen. Davon erzählt der Film in schönen, aufwendigen Bildern und mit dezenten Tricks, die nie in den Mittelpunkt drängen; auch alle Klippen des Kitsches werden elegant umschifft. In kurzen Sätzen und Szenen relativiert sich selbst die vermeintliche Idylle des Landes – Kinderarbeit und ausgeprägtes Klassenbewußtsein klingen an, außerdem bleibt der ferne Krieg immer im Hinterkopf der Figuren und des Zuschauers präsent. Ein gutes Darstellerensemble trägt diesen sehenswerten Film, allen voran die eindrucksvollen Darstellerinnen der beiden Mädchen und ein würdevoller Auftritt Peter O’Tooles als Arthur Conan Doyle. Schade, daß dem Film keine Kinoauswertung vergönnt war: Als Gegengewicht zur allgegenwärtigen Süße der Trick- und Realfilme für Kinder aus dem Hause Disney hätte er durchaus kommerzielle Chancen gehabt. Ab 8.
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