Henry und Verlin

Jugendfilm | Kanada 1994 | 90 Minuten

Regie: Gary Ledbetter

Eine ländliche Kleinstadt im Kanada der 30er Jahre: Ein neunjähriger autistischer Junge lernt einen geistig zurückgebliebenen Hünen kennen und kann durch die langsam wachsende Freundschaft zu ihm sein geistiges Gefängnis durchbrechen. Gemeinsam bauen sie sich ihre eigene bunte Welt auf und lassen auch eine einbeinige Frau mit anrüchiger Vergangenheit an ihrem Glück teilhaben. Die Dorfgemeinschaft reagiert auf die gemeinsame Emanzipation mit Mißtrauen und veranlaßt, daß der Mann in eine Anstalt eingewiesen wird. Als der Junge in seine Krankheit zurückfällt und in dieselbe Anstalt kommt, entsteht die Hoffnung auf eine neue Chance für die beiden Außenseiter. Ein sehr einfühlsamer Film, der sich durch seine Ehrlichkeit und unsentimentale Anteilnahme auszeichnet, der Hoffnung macht, aber auch vermittelt, daß die Menschen unterschiedlich mit Problemen fertig werden. Blendend gespielt, in Atmosphäre und Milieuschilderung stimmig und mit wunderbaren Landschaftsaufnahmen ist ein Film für die ganze Familie entstanden. - Sehenswert ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
HENRY & VERLIN
Produktionsland
Kanada
Produktionsjahr
1994
Produktionsfirma
Opeongo Films
Regie
Gary Ledbetter
Buch
Gary Ledbetter
Kamera
Paul Huguenot van der Linden
Musik
Mark Korven
Schnitt
Miume Jan Eramo
Darsteller
Gary Farmer (Henry) · Keegan MacIntosh (Verlin) · Nancy Beatty (Minnie) · Robert Joy (Ferris) · Margot Kidder (Mabel)
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 10.
Genre
Jugendfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Ein Film, der nachdrücklich für Toleranz gegenüber Schwachen und Außenseitern wirbt, und der dabei nicht lehrhaft sondern poetisch, spannend und unterhaltsam bleibt! Die Handlung spielt in den 30er Jahren in einer ländlichen Kleinstadt und erzählt die Geschichte des geistig zurückgebliebenen Henry und seines autistischen Neffen Verlin. Der neunjährige Junge verweigert jeden Kontakt mit der Umwelt. Er spricht nicht, lacht nicht und entwickelt keinerlei Initiativen. Aber als der tolpatschige Hüne Henry sich ihm mit neugieriger Sympathie nähert, erwacht etwas in Verlin. Er öffnet sich dem anderen. Allmählich, ohne ein Wort miteinander reden, werden die beiden zu Freunden, die gemeinsam durch die Felder streifen und sich in ihrer eigenen bunten Welt, zu der auch die einbeinige Mabel mit ihrer anrüchigen Vergangenheit gehört, pudelwohl fühlen. Doch die Mitmenschen sind irritiert. Vereinsamt waren die beiden Außenseiter kein Problem für die ländliche Gemeinschaft; aber ihre gemeinsame Emanzipation erweckt Mißtrauen. Henry wird verdächtigt, den Jungen mißbraucht zu haben und in eine Anstalt eingewiesen. Verlin ist durch den Verlust des Freundes schockiert. Er fällt in ein Koma und kommt in dieselbe Anstalt. Hier wächst aus der Katastrophe die Katharsis, aus der Verzweiflung die Hoffnung, daß die bunte Welt von Henry und Verlin doch noch eine Chance hat. Das Buch geht diese Geschichte sehr behutsam und differenziert an. Es gibt keine aufgesetzten Effekte, keine karikaturistischen Übertreibungen, keine sentimentalen Ausbrüche. Sehr einfühlsam werden zwei Außenseiter gezeichnet, deren Schicksal eingebettet in familiäre Beziehungen und in einen gesellschaftlichen Kontext ist. Und es wird nicht verschwiegen, daß es Probleme gibt, mit denen einige Menschen schlechter fertig werden als andre. Ehrlichkeit zeichnet auch die Regie aus, die geschickt Akzente setzt, mit wunderschönen Landschaftsbildern die poetische Traumwelt der Protagonisten beschwört und gleichzeitig mit aufschlußreichen Details auf die wirtschaftliche Not anklingen läßt, unter der alle leiden. Ehrlichkeit prägt schließlich auch das Spiel der Darsteller, unter denen Gary Farmer und Keegan MacIntosh herausragen. Sie verstehen es, differenzierte Gefühlsregungen wortlos und ohne Theatralik auszudrücken und dabei Verständnis und Sympathie für alle die zu wecken, die ihre eigenen Bedürfnisse nicht artikulieren können. Bleibt anzumerken, daß dieser anrührende Film zwar in der Kategorie Kinder- und Jugendfilm geführt wird, daß er aber Erwachsenen gleichermaßen anempfohlen werden kann!
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