Perdita Durango

Literaturverfilmung | Mexiko/Spanien 1997 | 128 Minuten

Regie: Alex de la Iglesia

Eine Chicano-Indianerin und ein "Santero", ein mexikanischer Magier, kidnappen ein amerikanisches Pärchen, um es nach einem archaischen Ritual zu opfern. Verfilmung eines Romans von Barry Gifford voller besinnungsloser Brutalität und Gewaltfantasien.
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Filmdaten

Originaltitel
PERDITA DURANGO
Produktionsland
Mexiko/Spanien
Produktionsjahr
1997
Produktionsfirma
Mirador Films/Lola Films/Sogetel/Canal Plus
Regie
Alex de la Iglesia
Buch
Alex de la Iglesia · Jorge Guerricaechevarría · David Trueba
Kamera
Flavio Martínez Labiano
Musik
Simon Boswell
Schnitt
Teresa Font
Darsteller
Rosie Perez (Perdita Durango) · Javier Bardem (Romeo Dolorosa) · Harley Cross (Duane) · Aimée Graham (Estelle) · James Gandolfini (Dumas)
Länge
128 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 18 (Video)
Genre
Literaturverfilmung
Externe Links
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Heimkino

Die als "Special Edition" apostrophierte DVD enthält im Gegensatz zur "Normalversion" eine um gut zwei Minuten längere Version des Films sowie den kompletten, separat abrufbaren Soundtrack.

Verleih DVD
e-m-s (2.35:1, DD5.1 dt.), Special Edition: e-m-s (16:9, 2.35:1, DD2.0 engl., DD5.1 dt., DTS dt.)
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Satanskult, afrokubanische Riten? Um das Feuer herum stehen die Schaulustigen, unter ihnen US-Touristen, die nur für diese Zeremonie angereist sind. Der Priester hebt das Messer, stößt einige Schreie aus, um dem blonden Opfer das Herz aus der Brust zu schneiden. Mexiko als farbige Projektion pittoresker Rückständigkeit und grausamer Atavismen hat immer wieder Schriftsteller angelsächsischer Herkunft fasziniert. So auch Barry Gifford, der mit seinem Roman „Wild at Heart“ schon einmal – damals für David Lynch – die Vorlage für eine erfolgreiche Verfilmung lieferte. Mexiko, das ist der Mythos jenseits der geordneten US-Realität, in dem selbst das Verbrechen klare Kausalitäten und Ziele hat. Die US-Grenze zu Mexiko markiert die Trennung zweier völlig unterschiedlicher Welten. Dabei wirft Gifford manches in einen Topf, was nicht zusammengehört: Voodoo, atztekische Menschenopfer und die Rituale des karibischen Satanismus, der im Gegensatz zu Giffords blutrünstigem Delirieren allenfalls auf Hühnerblut zurückgreift. „Das Buch läßt sich nur verfilmen, wenn man den Voodoo-Quatsch rausschmeißt“, hatte Altmeister Higas Lunas resolut erklärt, als ihm die Regie angetragen wurde. Darauf wollte die Produktion allerdings nicht verzichten und setzte auf den Nachwuchs: Alex de la Iglesia gehört zu der erfolgreichen Riege von Jungregisseuren, die kommerziellen Erfolg mit einem sehr eigenwilligen, grotesken Stil und lokalem Humor vereinen. „Perdita Durango“ ist sein dritter Film, und mit ihm bewegt sich der Regisseur auf dünnem Eis. Angelsächsische Sehnsüchte nach südlichen Exzessen und spanische Lateinamerika-Klischees treffen hier aufeinander. An der mexikanischen Grenze begegnet die selbstbewußte Chicanofrau Perdita Durango dem „Santero“, dem Magier Romero Dolorosa. Beide ergänzen sich als eine Art Bonnie and Clyde auf der Suche nach den dunklen Seiten von Passion und Leidenschaft. Auch wenn Perdita Romero für einen religiösen Scharlatan hält, ist sie begeistert von der Entführung eines blonden US-Pärchens, das in einem Initiationsritus geopfert werden soll. Schon ist alles bereit für die blutige Ekstase. Doch dann fällt ein Schuß. Ein mexikanischer Mafiosi, den Romero um einige tausend Dollar betrogen hat, will abrechnen. Romero und Perdita Durango flüchten mit dem blonden Paar, verfolgt von der Mafia und hartnäckigen FBI-Agenten. Jenseits der Grenze wartet ein lukrativer Auftrag: Der Transport von tiefgefrorenen Embryos nach Las Vegas.

Alex de la Iglesias vermeidet keine Tabus – er sucht sie geradezu verzweifelt. Vom blutenden Christus am Kreuz bis zum von Glasscherben zerfetzten Gesicht eines Opfers rast das Pärchen zwischen besinnungsloser Brutalität, Gewalt und Vergewaltigungsfantasien hin und her. In den USA lief der Film in zensierter Fassung an, berichtete de la Iglesia befremdet: „Es wurden keine Sexszenen herausgeschnitten, sondern beispielsweise die Kreuzigungsszene. Ich bin mir aber sicher, daß ich ein tieferes und gewagteres Religionsverständnis habe als jeder amerikanische Zensor. Wenn wir hier in Spanien etwas verinnerlicht haben, dann ist es Religiosität.“ Blut und Mythos, Passion und Leidenschaft als Urgrund religiöser Ekstase, über lange Strecken mit schwarzem Humor vermischt. In seinem letzten Film „El dia de la Bestia“ hat de la Iglesia diese Balance halten können. Der wesentlich teurere „Perdita Durango“ bleibt trotz des hervorragend inszenierten Hintergrundes, trotz opulenter Dekors und des Deliriums einer permanenten Aktion unentschlossen, entwurzelt, in der eigentlichen Handlung zu dünn: American Independent – made in Spain.
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