Die Bibel - Esther

Bibelfilm | USA/Italien/Deutschland 1998 | 86 Minuten

Regie: Raffaele Mertes

Verfilmung des alttestamentlichen Buchs "Esther", in dem eine junge Jüdin zur Favoritin des Perserkönigs Artaxerxes aufsteigt und unter Einsatz ihres Lebens die Vernichtung ihres Volkes abwenden kann. Farbenprächtige, um literarische Genauigkeit bemühte Adaption mit internationaler Starbesetzung, die den legendenhaften Charakter der biblischen Vorlage zugunsten parabelhafter Züge abschwächt und ironische Zwischentöne zum Klingen bringt. - Ab 10.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
ESTHER
Produktionsland
USA/Italien/Deutschland
Produktionsjahr
1998
Produktionsfirma
LUBE für LUX-VIDE/TaurusFilm/Quinta in Zusammenarbeit mit RAI/France 2/Antenna 3/MTM/Czech TV/NCRV/BSkyB/ARD
Regie
Raffaele Mertes
Buch
Sandy Niemand
Kamera
Giovanni Galasso
Musik
Carlo Siliotto
Schnitt
Alessandro Lucidi
Darsteller
Louise Lombard (Ester/Hadassa) · Thomas Kretschmann (König Xerxes) · F. Murray Abraham (Mordechai) · Jürgen Prochnow (Haman) · Ornella Muti (Königin Waschti)
Länge
86 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6
Pädagogische Empfehlung
- Ab 10.
Genre
Bibelfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
Kinowelt (FF, DD2.0 dt.)
DVD kaufen

Diskussion
Im Kanon der alttestamentlichen Schriften nimmt das Buch „Esther“ eine Sonderrolle ein, weil in der hebräischen Urfassung von Gott nur in Andeutungen die Rede ist. Die in Kunstprosa verfaßte Schrift aus dem dritten Jahrhundert v. Chr. diente der Erklärung des Purimfestes, bei dem die Errettung der Exiljuden während der Verfolgungen im Großpersischen Reich gefeiert wurde. Die junge Jüdin Hadassa wird darin in den königlichen Harem von Susa verschleppt und tarnt sich aus Vorsicht mit dem babylonischen Namen Esther (die Verborgene). Ihre Schönheit, aber mehr noch ihr Eigensinn wecken das Interesse des Herrschers Artaxerxes (465-423 v. Chr.), der sie zu seiner Königin macht. Mit dem politischen Aufstieg des intriganten Fürsten Haman brechen wenig später schwere Zeiten für die jüdischen Gemeinden an. Seiner Eitelkeit ist der Stolz der Juden ein Dorn im Auge, die ihm – personifiziert in Esthers Pflegevater Mordechai – eine gottgleiche Verehrung verweigern, weshalb er ihre Ausrottung beschließt und den Tag durch das „Pur“, das Los, offiziell bestimmen läßt. Als Esther von der drohenden Gefahr hört, wagt sie unter Einsatz ihres Lebens einen Vorstoß beim König und deckt die mörderischen Pläne auf. Haman wird daraufhin zwar hingerichtet und Mordechai an seiner Stelle berufen, doch das öffentlich verkündete Edikt läßt sich nicht mehr revidieren. Um das Schlimmste abzuwenden, verfügt Mordechai einen weiteren Erlaß, der es nun den Juden gebietet, sich gegen die Ausrottung zu wehren. Die Pogrome werden dadurch in Grenzen gehalten.

Regiedebütant Raffaele Mertes stand bei der Adaption des Esther-Buches nicht vor dem Dilemma, wie er den Sinn des Bibeltextes in Bilder übersetzen sollte, ohne die Treue zum Buchstaben der literarischen Vorlage zu vernachlässigen. Der novellenartige Charakter der Erzählung, die erst in der griechischen „Septuaginta“-Übersetzung um theologische Deutungen ergänzt wurde, bot sich als idealer Plot wie von selbst an, weshalb bis in die Filmdialoge hinein eine hohe „Werktreue“ zu spüren ist. Die Geschichte einer mutigen Frau, die sich mit List und innerer Stärke im Zentrum einer historischen Weltmacht zu behaupten und durchzusetzen weiß, macht neugierig (und weckt die Lust auf eine Lektüre des Originals). Inszenatorisch stößt der Film deshalb auch nie an die Grenzen des ganzen „Bibel“-Projektes, dessen historisierende Ästhetik hier einmal angebracht erscheint. Die Ausschmückungen der feierlichen Erinnerungsrethorik schrumpfen ebenso wie die mythischen Maße eines Königspalastes auf realistische Proportionen; der legendenhafte Stoff kann seine parabelhaften Züge entfalten, und auch die feinen ironischen Zwischentöne erhalten Raum, wenn etwa Haman an jenem Galgen vor seiner Tür aufgeknüpft wird, den er für Mordechai errichten ließ. Über die farbenprächtigen Sujets flutet stets das warme Licht des Morgenlandes, das den Aufstieg und die kluge Regentschaft einer Liebessklavin zwar in kein Märchen aus tausendundeiner Nacht verwandelt, ihm aber doch den Anstrich des Faktischen nimmt. Nur das internationale Staraufgebot, mit dem noch jeder der (Kirch-)Bibelfilme glänzte, wirkt bis auf die bekannten Gesichter reichlich unterfordert, weil eine stärkere Akzentuierung der Charaktere und ihrer Konflikte das malerische Gesamtkonzept gesprengt hätte. „Die Bibel – Esther“ ist eine informativ-„naive“ Verfilmung, die mit einer kaum bekannten Frauenfiguren aus der Bibel vertraut macht: ein illustratives (Zelluloid-)Fresko, das den Frommen zur Andacht, den „Heiden“ (vielleicht) zur Unterhaltung dient. Eine theologische Deutung Esthers oder des ganzes Buches ist so wenig beabsichtigt wie Fragen nach dem Genozid.
Kommentar verfassen

Kommentieren