Yellow Submarine

Zeichentrick | Großbritannien 1967 | 90 Minuten

Regie: George Dunning

Die Beatles, längst zur Ikone gewordene Pop-Band der 60er-Jahre, retten bei ihrer Fahrt im gelben Unterseeboot das farbenprächtige Pepperland vor den Mächten des Unmenschlichen und Amusischen und befreien mit der Kraft ihrer Songs ein verwunschenes Hippie-Paradies. Stilbildender Zeichentrickfilm als Ausdruck eines Lebensgefühls, wobei sich Populärkultur und künstlerische Avantgarde kongenial beeinflussen. Eine nicht nur unter nostalgischen Gesichtspunkten lohnenswerte, mit vielen Beatles-Songs garnierte Wiederentdeckung, die in digitaler Neubearbeitung und mit zusätzlichem Bildmaterial in ein zeitgemäßes Vermarktungskonzept eingebettet ist. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
YELLOW SUBMARINE
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
1967
Produktionsfirma
King Features/Subafilms/Apple Corps
Regie
George Dunning
Buch
Lee Minoff · Al Brodax · Jack Mendelsohn · Erich Segal · Roger McGough
Musik
John Lennon · Paul McCartney
Schnitt
Brian J. Bishop
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; nf
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Zeichentrick
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen neben einer in Bild und Ton sorgfältig rekonstruierten Filmversion u.a. eine separate Soundtrackspur.

Verleih DVD
Fox (1.66:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
„Let’s all get up and dance to a song that was a hit before your mother was born“, beginnen die Beatles ihren Song „Your Mother Should Know“. Und wahrhaftig: „Yellow Submarine“, der legendäre Trickfilm, in dem die Beatles zu Gunsten ihres zur Popart geronnenen Images der Leinwand bis auf einen kleinen Epilog konsequent fernbleiben, ist jetzt genau eine Generation alt. Immer wieder haben sich die Beatles in ihren Liedern mehr oder minder nostalgisch der Vergangenheit gewidmet, und auch die Idee der Tanzkapelle um Sgt. Pepper stellte der Hippness des „Swinging London“ eine imaginäre Vergangenheit entgegen, in der sich die Musik noch ihres konkreten sozialen Zweckes bewusst war: der Stiftung von Zweisamkeit unter den einsamen Herzen und der Vermittlung von etwas Hilfe unter Freunden.

Längst sind die Beatles selbst Teil dieser nostalgischen Vergangenheit geworden, und doch schmerzt es ein wenig, dass man sich nicht um ihrer selbst willen ihrer erinnern kann, sondern dass immer ein Medienereignis hinzukommen muss. In diesem Fall ist es die anstehende Veröffentlichung eines neuen George-Harrison-Albums und einer neuen Ausgabe des Soundtracks, auf der nicht mehr die schöne Filmmusik von George Martin zu hören sein wird, dafür aber ein paar andere Beatles-Songs, die die Meisten schon auf anderen Tonträgern besitzen. Auch den Film selbst darf man nicht mehr einfach nur zum Vergnügen ansehen; er war in den letzten Jahren komplett aus dem Verkehr gezogen worden, Videokassetten wurden nicht mehr vertrieben; sondern man muss ihn in aufgefrischten Farben sehen, die selbst für die 60er-Jahre zu bunt anmuten, insbesondere wenn man die Aquarellfarbigkeit der früheren Kopien in Erinnerung hat. Natürlich wurde auch der Ton digital aufgemischt. Letzteres ist in sofern bedauerlich, als es für Plattensammler gerade im Fall der Beatles unerlässlich ist, die Monoausgaben ihrer im Vierspurverfahren aufgenommenen Platten zu besitzen.

Dennoch muss man dankbar über die Gelegenheit sein, einen der bedeutendsten Zeichentrickfilme, einen Meilenstein der Vermischung von Avantgarde und Mainstream in der Kunst dieses Jahrhunderts, wieder im Kino sehen zu können – auch das dürfte allerdings dank des bescheidenen Kopieneinsatzes ein Kunststück werden. In Deutschland ist vor allem ein Name im Zusammenhang mit „Yellow Submarine“ geläufig: Heinz Edelmann, Düsseldorfer Art Director und in der Post-Beatles-Ära langjähriger Stammgrafiker des FAZ-Magazins, hat mit seinen blumigen Jugendstil-Rundformen, die er zu psychedelischer Intensität vedichtete, wesentlich zum unverkennbaren Stil des Films beigetragen. In erster Linie aber ist die Geschichte von der wundersamen Rettung des Flower-Power-Reichs Pepperland vom totalitären Terror der „Blaumiesen“ – wie die gewitzte deutsche Übersetzung die „Meanies“ im Original nennt – durch die im gelben U-Boot aus Liverpool anreisenden Beatles das Werk von George Dunning, einem Meister des britischen Trickfilms. Dunning hatte zuvor eine Vielzahl von Kurzfilmen gedreht, deren erster – „The Apple“ über einen Wilhelm-Tell-Epigonen – bereits 1962 offen war für die Buntfarbigkeit der aufkommenden Popart. Vielleicht lag es am Titel des Films, dass die Beatles ihr überschüssiges Geld in einer ruinösen Firma verschwendeten, die seit dem Fernsehflop der „Magical Mystery Tour“ groß ins Filmgeschäft eingestiegen war. In nur einer Hand voll von Fällen sind Avantgardekünstler vom Mainstream-Kino aufgenommen worden, ohne ihren Stil zu verraten. Die Kunstsinnigkeit der Beatles, deren intellektuelles Oberhaupt bald darauf sogar eine Fluxuskünstlerin ehelichen sollte, machte dies möglich.

Beginnend mit den ersten, wie fotokopierte und spärlich animierte Schwarz-Weiß-Fotos anmutenden Liverpool-Szenen, über die grandios ein gelb-goldenes U-Boot einschwebt, ist dies eine Feier der erzählerischen Freiheit, die sich in traumhafter Sicherheit ganz von Stimmungen, Farben und Assoziationen leiten lässt. Heute würde man den Umgang mit bildkünstlerischen Zitaten und kulturgeschichtlichen Verweisen postmodern nennen; damals war es vielleicht der individualistische Gegenentwurf eines Avantgardisten zu der im selben Film vertretenen – und durchaus nicht verwerflichen – Idee der naiven Menschheitsrettung durch die Macht der Liebe („All You Need Is Love“). Der elegische Anfang des Films zu den Klängen von Eleonor Rigbys Mahnung an „all diese einsamen Menschen“ zeigt die starke soziale Komponente, die die englische Filmavantgarde um das „free cinema“, aber auch Richard Lester und die Beatles in ihrem Werk stets auszeichnete. Es wäre schön, wenn die Wiederaufführung von „Yellow Submarine“ nicht nur die Erinnerung an die Beatles, sondern auch an den Künstler Dunning wach halten würde.
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