Komödie | USA 1999 | 107 Minuten

Regie: Raja Gosnell

Eine junge Journalistin kehrt in die High School zurück, um einen Bericht über die Befindlichkeit der amerikanischen Jugend zu schreiben. Dabei wiederholt sich der Albtraum ihrer eigenen Jugend, als sie erneut auf Ablehnung stößt. Amüsante Komödie, die sich konsequent der Erfahrungswelt einer Außenseiterin annimmt und dabei nicht zuletzt durch das mutige Spiel der Hauptdarstellerin überzeugt. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
NEVER BEEN KISSED
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
Flower Films/Bushwood Pictures/Never Been Kissed Prod./Fox 2000 Pictures
Regie
Raja Gosnell
Buch
Abby Kohn · Marc Silverstein
Kamera
Alex Nepomniaschy
Musik
David Newman
Schnitt
Debra Chiate · Marcelo Sansevieri
Darsteller
Drew Barrymore (Josie Geller) · David Arquette (Rob Geller) · Michael Vartan (Sam Coulson) · Molly Shannon (Anita) · John C. Reilly (Gus)
Länge
107 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Komödie

Diskussion
Es gibt wohl nur wenige, deren Schulzeit den persönlichen Idealvorstellungen entsprach, fast jeder wird irgendwann zum Opfer pubertärer Peinlichkeiten geworden sein. Angesichts der Erinnerung an ebenso verzweifelte wie vergebliche Versuche, „cool“ zu wirken, spendet allein der Tagtraum Trost, ein zweites Mal den Bildungsweg durchlaufen zu können – versehen mit dem Bonus zusätzlicher Erfahrungen. Für die junge Chicagoer Journalistin Josie Geller wird dieses Gedankenspiel Realität, als ihr Boss einen Undercover-Report über die Befindlichkeit der amerikanischen Jugend im Blatt haben will und sie sich so an einer High-School anmeldet. Zunächst ist sie von der Chance begeistert, die Schreibtischarbeit hinter sich lassen und sich als Nachrichtenfrau behaupten zu können. Doch dann holt sie ihre eigene Teenager-Vergangenheit ein. Als „Josie Grossy“ verschrien, war sie an ihrer High-School nämlich alles andere als beliebt. Mittlerweile ist sie zwar nicht mehr so pummelig wie damals, doch an ihrer Unsicherheit hat sich wenig geändert, sodass die zweiten ersten Schultage zur Neuauflage des alten Albtraums werden.

„Ungeküßt“ lag Drew Barrymore offenbar am Herzen, denn sie spielt nicht nur die Hauptrolle, sondern betreute den Film, der sich radikaler als alle anderen aktuellen High-School-Komödien auf die Seite der Außenseiter schlägt, auch als ausführende Produzentin. Damit beweist sie Mut zum Risiko, verkörpert sie doch eine graue Maus ohne soziales Geschick mit Inbrunst, ohne Josie zur Witzfigur zu reduzieren. Stattdessen macht sie die Intelligenz, die romantische Verträumtheit und die Verletzlichkeit ihres Charakters zum emotionalen Zentrum, sodass man in Josie schon nach kurzer Zeit eine sensible junge Frau erblickt. Selbst in jenen Szenen, in denen man sich über ihr Ungeschick oder die boshaften Scherze ihrer Mitschüler amüsiert, empfindet man daher Mitgefühl. Ohnehin verklingt das Lachen spätestens in der entscheidenden Rückblende, in der alle Gags zugunsten einer ungebrochenen Dramatik hintan gestellt werden und man am existenziellen Schmerz der 17-jährigen teilhaben kann, die in der Prom-Night auf bitterste Weise erniedrigt wurde. Josie hofft, diesen tragischen Tiefpunkt aus ihrer Biografie zu eliminieren, indem sie sich ein zweites Mal den kritischen Blicken eitler Teenager aussetzt. Sie will die Vergangenheit auflösen, indem sie sie wiederholt, muss aber feststellen, dass nur ein konsequenter Neubeginn im Hier und Jetzt ihre seelischen Wunden heilt – eine Erkenntnis, die sich im Finale auch auf der akustischen Ebene spiegelt. Wenn Josie als Prom-Queen den Tanz eröffnet, tut sie das zu „Erase/Rewind“ der Cardigans, das ebenfalls den schmerzhaften, aber notwendigen Neuanfang zum Thema hat. Im Anschluss steuern The Smiths, die Lieblings-Band aller Ungeküssten, ihr sehnsüchtiges „Please, please, please, let me get what I want“ bei, das im Grunde ebenso ungeeignet ist, Teenager auf die Tanzfläche zu locken. Der Einsatz beider Stücke mag im Zusammenhang der Handlung wenig plausibel sein, stellt aber einen stimmigen Kommentar zum Kern der Story dar.

Leider lenkt Regisseur Gosnell von Josies privatem Schicksal ab, indem er eine unnötige Meta-Ebene einführt, die sich seit „Die Truman Show“ (fd 33 417) großer Beliebtheit erfreut. Josie trägt nämlich eine Miniatur-Kamera bei sich, die ihre Redaktionskollegen unmittelbar an ihren Exkursionen in den Schulalltag teilhaben lässt. So wird ihr Leben zum medialen Spektakel, ohne dass der Film diesen Umstand reflektiert. Das Finale treibt die Vermischung von Intimsphäre und öffentlicher Wahrnehmung auf die Spitze, denn Josie erhält ihren ersten Kuss vor den ausverkauften Rängen eines Baseball-Stadions. Der tosende Beifall der Zuschauer mag zwar ihr persönliches Glücksempfinden intensivieren, aber die Doppelung der Perspektive hält das Kinopublikum unnötig auf Distanz, sodass sich der Überschwang ihres Happy Ends nicht vollständig überträgt. Das ändert aber wenig an der Freude über den Film, der die Sorgen und Nöte seiner jungen Heldin ernst nimmt, ohne dass seine Qualitäten als romantische Komödie darunter leiden.
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