The Sixth Sense - Der Sechste Sinn

Mystery | USA 1999 | 107 Minuten

Regie: M. Night Shyamalan

Ein achtjähriger Junge, der unter der übernatürlichen Fähigkeit leidet, Tote sehen zu können, lernt mit Hilfe eines Psychologen, seine besondere Gabe zu akzeptieren. Auch wenn der Film teilweise die Mittel des Horror-Kinos bemüht, um eine bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen, zeichnen ihn sein betont ruhiger Erzählduktus und die unaufdringliche Bildsprache als ernsthafte und außergewöhnlich sorgfältig inszenierte Annäherung an das Thema der menschlichen Sterblichkeit aus. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THE SIXTH SENSE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
Spyglass Entertainment/Hollywood Pictures
Regie
M. Night Shyamalan
Buch
M. Night Shyamalan
Kamera
Tak Fujimoto
Musik
James Newton Howard
Schnitt
Andrew Mondshein
Darsteller
Bruce Willis (Malcolm Crowe) · Haley Joel Osment (Cole Sear) · Toni Collette (Lynn Sear) · Olivia Williams (Anna Crowe) · Donnie Wahlberg (Vincent Gray)
Länge
107 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Mystery
Externe Links
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Heimkino

Die umfangreiche Special Edition (2 DVDs) enthält u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen und mehrere Featurettes (u.a. zum Regisseur sowie zur Musik und den Soundeffekten). Im Handel ist ebenfalls eine "abgespeckte" Version, ohne die Bonus-DVD, erhältlich.

Verleih DVD
VCL (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt., DTS dt.)
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Diskussion
Unter kommerziellen Gesichtspunkten hat der junge amerikanische Regisseur M. Night Shyamalan im Grunde alles falsch gemacht, als er seinen dritten Spielfilm „The Sixth Sense“ realisierte. Das Erzähltempo wurde betont langsam gehalten, die Geschichte jenseits vertrauter Genre-Muster entwickelt und Hauptdarsteller Bruce Willis keine einzige Gelegenheit eingeräumt, die Erwartungen der Action-Fans zu befriedigen. Trotzdem spielte „The Sixth Sense“ in den USA mehr Geld ein als alle anderen Projekte, an denen Willis bislang beteiligt war. Der Film hielt sich sensationelle sechs Wochen an der Spitze der US-Kinocharts und setzte bisher 267 Millionen Dollar um. Ein Ergebnis, das die klassischen Erfolgsformeln der Studios radikal in Frage stellt, weshalb unverzüglich mit der Suche nach einer geeigneten Erklärung begonnen wurde. Manche glauben, diese in dem überraschenden Ende gefunden zu haben, das viele Zuschauer derart erstaunt, dass sie sich den Film ein zweites Mal ansehen. Dennoch reduziert sich der Schluss nicht auf einen selbstzweckhaften Effekt wider aller Logik, sondern fügt sich mit bitterer Konsequenz in die mit seltener Sorgfalt erzählte Geschichte.

Es hätte einer der schönsten Abende in Malcolm Crowes Leben werden können, als er mit seiner Frau Anna nach Hause kommt, nachdem die Stadt Philadelphia ihn für seine verdienstvolle Tätigkeit als Kinderpsychologe ausgezeichnet hat. Doch als die beiden leicht angetrunken in ihr Schlafzimmer taumeln, steht plötzlich ein ehemaliger Patient vor ihnen. Er wirft Malcolm vor, als Arzt versagt zu haben, und feuert auf ihn, bevor er sich selbst eine Kugel in den Kopf jagt. Monate später beginnt Malcolm mit einem Jungen zu arbeiten, der ihn an den Attentäter erinnert. Der achtjährige Cole lebt seit der Scheidung seiner Eltern bei der Mutter, leidet unter Angstzuständen und findet keinen Kontakt zu anderen Kindern. Malcolm fällt es schwer, sich Zugang zu seinem neuen Patienten zu verschaffen – zumal seine Analysen den Kern des Problems zu verfehlen scheinen. Unterdessen verschlechtert sich Coles mentaler Zustand. Als Mitschüler ihn während einer Geburtstagsfeier in eine Dachkammer sperren, erleidet er einen solchen Schock, dass seine Mutter ihn in ein Krankenhaus einliefert. Dort vertraut er Malcolm das Geheimnis an, das er noch mit niemandem teilte: Er sähe Tote, die als einsame Gestalten in dieser Welt verweilen, ohne zu wissen, dass sie gestorben sind. Sie könnten einander nicht wahrnehmen, bereiten Cole aber schreckliche Angst, weil sie allerorts und jederzeit erscheinen. Malcolm reagiert mit professioneller Skepsis auf diese Enthüllung – bis er die Sitzungsprotokolle seines Attentäters abhört und Hinweise findet, dass dieser unter der gleichen „Gabe“ litt. Als Malcolm dem Jungen Glauben zu schenken beginnt und einen Weg findet, ihm zu helfen, wird er gleichzeitig mit einer schockierenden Wahrheit konfrontiert.

Regisseur M. Night Shyamalan unternimmt keinerlei Versuch, Coles übernatürliche Fähigkeiten zu erklären; er zeigt sie vielmehr als seltsame Selbstverständlichkeit. Auf ähnliche Weise nähert er sich dem Tod, indem er bewusst auf theologische oder philosophische Deutungsmuster verzichtet, um die menschliche Sterblichkeit als natürliches, aber unfassbares Phänomen darzustellen. Die Vagheit dieses Ansatzes zeugt nicht von gedanklicher Unschärfe, sondern erweist sich als geeignete Methode, das Thema ernsthaft zu behandeln. Würde der Film ein konkretes Modell des Jenseits entwerfen, würde er nämlich Antworten auf die ewige Fragen der Menschheit anbieten, die innerhalb seines fiktionalen Konstrukts schlüssig erschienen, außerhalb des Kinosaals aber schnell an Relevanz verlören. Indem Shyamalan die Fragen offen lässt, gibt er sie dem Zuschauer mit auf den Weg zurück in seine eigene Realität.

Dem Sujet entsprechend, entwirft der Film ein düsteres Bild der Wirklichkeit: die Farben sind grau und matt; Licht wird nur sehr sparsam eingesetzt. Dennoch entlässt „The Sixth Sense“ sein Publikum nicht in depressiver Stimmung. Wie in der ersten Einstellung des Films eine Glühbirne als einzelnes Licht in der Finsternis leuchtet, so werden Terror und Trauer im Leben von Cole und Malcolm am Ende von einer Momentaufnahme des Glücks überstrahlt. Diese kurze Sequenz, die Anna und Malcolm als Hochzeitspaar zeigt, stammt aus einem Video, das sich beide im Laufe des Films mehrfach ansehen, um sich an den Beginn ihrer Beziehung zu erinnern, da die Gegenwart sie mit dem Ende ihrer Ehe konfrontiert: Sie sprechen nicht mehr miteinander; er lebt sogar im Keller ihres Hauses, während sie zögerlich eine Affäre mit einem Kollegen beginnt. Trotzdem sind ihre Gefühle füreinander intakt. Das finale Bild ihrer Eheschließung steht für die Hoffnung, dass der unerbittliche Lauf der Zeit ihrer Liebe nichts anhaben kann, da die Intensität dieses Augenblicks für immer Bestand hat. Auf diese Weise gelingt es Shyamalan, die bedrohliche Atmosphäre, die er mit den Mitteln des Horrorfilms erzeugt, in den letzten Minuten in ein Gefühl der Zuversicht aufzulösen. Selbst der Tod verliert einen Teil seines Schreckens, als Cole lernt, mit den Verstorbenen zu reden, und herausfindet, dass sie lediglich zu den Menschen Kontakt aufnehmen wollen, die sie immer noch lieben. Daher wagt er es, seiner Mutter von seiner Gabe zu erzählen. Sie zweifelt zunächst an der geistigen Gesundheit ihres Kindes, doch Cole weiß einen wunderbaren Weg der Beweisführung. Die einsame Frau hat nämlich oft am Grab ihrer eigenen Mutter gefragt, ob diese stolz auf ihre Tochter sei, die ihren Mann verlor und zwei Jobs gleichzeitig nachgehen muss, um sich und Cole zu ernähren. Cole kennt die Antwort: „Jeden Tag!“
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