Komödie | Türkei 1999 | 102 Minuten

Regie: Gani Müjde

Die Geschichte der Nacarer, die in spätantiker Zeit ihre australische Heimat verlassen, um im fruchtbareren Kleinasien zu siedeln. Dort bekommt es das Volk, mit dem offensichtlich die Osmanen gemeint sind, mit mordlustigen Byzantinern zu tun, deren Kaiser aus Angst vor einem Attentat die meisten Kinder töten lässt. Ein Säugling des Nacarer-Führers wird ihm aber als eigener Sohn untergeschoben und sorgt zusammen mit einem Bruder für das Ende der Tyrannei. Alberne und geschmacklose Verwechslungskomödie, die sich nicht um historische Fakten kümmert, dafür aber Tod und Vergewaltigung zum Zweck des Klamauks einsetzt. (O.m.d.U.)
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Filmdaten

Originaltitel
KAHPE BIZANS
Produktionsland
Türkei
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
Özen Film/Arzu Film
Regie
Gani Müjde
Buch
Kemal Kenan Ergen · Gani Müjde
Kamera
Ugur Icbak
Musik
Ugur Dikmen
Schnitt
Onur Tan
Darsteller
Mehmet Ali Erbil · Cem Davran · Aysegül Aldinc · Nurseli Idiz · Sümer Tilmac
Länge
102 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Genre
Komödie
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Diskussion
Mit einem Pfeil im Rücken eines Fremden beginnt die Geschichte der Nacarer, mit einem Schuss endet sie, wenigstens was die Filmhandlung angeht. Der tödliche Pfeil ist als erster Lacher des Films gedacht. Denn eigentlich sollte er, abgeschossen vom Stammesführer, nur den Ort bezeichnen, an dem die Nacarer ihre neue Heimat gründen, nachdem sie ihr ausgetrocknetes Ursprungsland Australien verlassen haben. Aber es wird nun einmal viel getötet in dem Film, und meistens ist es komisch gemeint. Mit den schießwütigen Nacarern sind die Osmanen gemeint, die von Osten angerückt sind, um den Herrschern im oströmischen Byzanz das Fürchten zu lehren. An der Spitze des christlich geprägten Reichs steht ein Kaiser mit Namen Ilietus, der es an Irrsinn und Grausamkeit mit allen römischen Imperatoren aufnehmen kann. Aufgrund eines bösen Traums, in dem ihn ein Nacarer tötet, lässt er alle Nacarer-Kinder töten und den größten Teil der Erwachsenen gleich mit. Doch dem Stammesführer Süpergazi, der gefangen genommen wird, gelingt es rechtzeitig, seine drei soeben geborenen Söhne in Körben auszusetzen, die in der Strömung des Flusses fortgetragen werden. Einen davon findet die Ehefrau des Ilietus, die wieder einmal nur eine Tochter geboren hat, und jubelt das fremde Kind dem Kaiser unter. Der zweite Sohn gelangt zurück zu seinem Volk, der dritte bleibt für immer in seinem Korb.

So beginnt eine Verwechslungskomödie, in deren Verlauf die Brüder, die nichts voneinander ahnen, den Lauf der Geschichte zugunsten der Nacarer ändern. Statt sich um historische Korrektheit zu kümmern, setzt die türkische Produktion auf einen Klamauk, dessen Hirn- und Geschmacklosigkeit schon erstaunlich sind. Da will ein Byzantiner eine Nacarerin vergewaltigen, wird aber von deren Mann vertrieben, der für sich in Anspruch nimmt, als Einziger seine Frau vergewaltigen zu dürfen, was er prompt tut – auch dies soll ein Lacher sein. Im Mittelpunkt aber steht die Diffamierung der Byzantiner. Die Untertanen des Ilietus sind wie er selbst degeneriert und dekadent, mordlustig und dumm, während die Nacarer immer wieder als tapfere, ehrliche und stolze Menschen gezeichnet werden. Das geht so weit, dass den Nacarern ein deutlicher Vorteil zugesprochen wird, was die durchschnittliche Penislänge angeht. Nach dem Muster westlicher Debil-Komödien, die die Römer als Schwachköpfe zeigen, oder ägyptischer und arabischer Unterhaltungsfilme, in denen die Kreuzfahrer als Unmenschen dargestellt werden, sind es hier die Byzantiner, denen man ihre Existenzberechtigung abspricht. Wie in manchen jener Vorbilder glauben Regisseur Gani Müjde und Autor Onur Tan im Eifer des Gefechts, gleich das ganze Christentum diffamieren zu müssen. Die geistige Armut offenbart sich zum einen in den zahlreichen kläglichen Versuchen, Motive aus der Bibel zu diesem Zweck zu missbrauchen - etwa vom Kind Moses, das im Schilfkorb gefunden wird, oder von Herodes, der zu Christi Geburt alle Kinder töten lässt - , zum anderen in Gimmicks wie einem buñuelesken Huhn, das mit einem Kreuz behangen ist. Über den Zweck dieser aggressiven, schwerterklingenden Billigproduktion, die offensichtlich auf einen Publikumserfolg unter den in Deutschland lebenden Türken hofft, kann man nur spekulieren. Unzweifelhaft ist, dass die Geschichtsklitterung dem (angekratzten?) Selbstbewusstsein heutiger Türken dienen soll. Warum dieses Ziel allerdings mit Mitteln verfolgt wird, die an Propagandawerke aus deutscher Vergangenheit erinnern, bleibt rätselhaft.
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