Komödie | USA 2000 | 111 Minuten

Regie: Bruce Paltrow

Die Lebenswege dreier grundverschiedener Menschen kreuzen sich in einer Karaoke-Bar, haben zunächst keinen Bezug zueinander, finden aber im Lauf der Handlung zu einer immer intensiveren Durchdringung. Eine melancholische Komödie über kleine Fluchten und große Sehnsüchte, konsequent gegen die Stereotypen des Hollywood-Kinos entwickelt, stimmig in der Atmosphäre und stets darauf bedacht, ihre Figuren ernst zu nehmen. Auch darstellerisch überzeugend. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
DUETS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2000
Produktionsfirma
Beacon Films & Pictures/Hollywood Pictures/Seven Arts Pictures
Regie
Bruce Paltrow
Buch
John Byrum
Kamera
Paul Sarossy
Musik
David Newman
Schnitt
Jerry Greenberg
Darsteller
Maria Bello (Suzy Loomis) · André Braugher (Reggie Kane) · Paul Giamatti (Todd Woods) · Huey Lewis (Ricky Dean) · Gwyneth Paltrow (Liv)
Länge
111 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Komödie
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Heimkino

Verleih DVD
VCL
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Diskussion
Während das Singen vom Fernsehschirm hierzulande eher ein Schattendasein als grausiger Partyspaß führt, sind die Japaner angeblich ganz wild auf Karaoke. Auch in den USA existiert offensichtlich so etwas wie eine „Karaoke-Szene“ mit landesweiten Wettbewerben und Preisgeldern, von denen es sich durchaus leben lässt. Zumindest bestreitet der nicht mehr ganz junge Ricky seinen Lebensunterhalt seit Jahren mit solchen Darbietungen im Halbplayback. Wobei er allerdings eine besondere Masche entwickelt hat: Erst mimt er den unbedarften Zuschauer, der bereitwillig Konkurrenten den Vortritt lässt, um dann mit ihnen zu wetten, dass er das Publikum im Sturm erobern wird. Und weil er noch immer passabel bei Stimme ist, geht die Rechnung meistens auf. Damit lassen sich keine Reichtümer verdienen, aber für ein bescheidenes Leben „on the road“, von Disco zu Disco zieend, reicht es allemal. Doch dann hat Ricky eines Tages plötzlich seine fast erwachsene Tochter Liv am Hals, von deren Existenz er bis dahin nicht einmal etwas geahnt hat. Nach dem Tod ihrer Mutter hängt sich Liv nun wie eine Klette an ihren Vater. Verglichen mit dem singenden Einzelgänger, führt der Handelsvertreter Todd ein geradezu beschauliches Leben mit Familie und Eigenheim. Als er eines Abends nach einem frustrierenden Tag im Job nach Haus kommt, aber weder Ehefrau noch Kinder Notiz von ihm nehmen, geht er auf einen Drink in eine Bar, in der zufällig gerade ein Karaoke-Wettbewerb läuft. Nur widerwillig lässt er sich von einer charmanten jungen Frau zum Mitmachen überreden. Einmal auf der Bühne, fängt er geradezu Feuer und singt sich seinen ganzen Frust von der Seele. Völlig aufgekratzt, begibt er sich noch am selben Abend auf eine aberwitzige Odyssee, ohne sich von seiner Familie zu verabschieden. Demgegenüber hat die attraktive Suzie auf ihrem Weg ein klares Ziel vor Augen. Sie will endlich weg aus der Provinz, um in Hollywood als Schauspielerin Karriere zu machen. Den Trip gen Westen finanziert sie, indem sie unterwegs immer wieder einmal bei einem Karaoke-Wettstreit mitmacht, wobei für sie dank ihrer gesanglichen Fähigkeiten regelmäßig einige Hundert Dollar abfallen. Doch dann tritt unversehens die Liebe in Gestalt des netten Taxifahrers Billy in ihr Leben und droht alle Planungen der kühlen Blonden über den Haufen zu werfen. Es sind drei Lebenswege, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten, und doch ähneln sie sich in dem Umstand, dass hier drei Menschen nicht ganz freiwillig die ausgetretenen Pfade ihres Alltags verlassen und sich mit neuen Gegebenheiten arrangieren müssen. Regisseur Bruce Paltrow (der Vater von Gwyneth Paltrow, hier als Liv mit von der Partie) macht daraus drei Erzählstränge, die lange Zeit im Wechselschnitt nebeneinander laufen, sich dann zunehmend berühren und am Ende zusammentreffen. Das nimmt sich zunächst gänzlich unspektakulär aus, erinnert ein wenig an Robert-Altman-Klassiker wie „Nashville“ (fd 19 724), ohne deren virtuose Montagetechnik zu erreichen, und entwickelt doch mit zunehmender Dauer und Erhöhung der Schnittfrequenz zwischen den einzelnen Geschichten einen eigentümlichen Sog. Dabei scheint die vermeintlich lächerliche Karaoke-Szenerie zunächst nur das konstruierte Bindeglied zwischen den verschiedenen Figuren zu sein, entpuppt sich dann aber als wunderbare Folie für kleine Fluchten und große Sehnsüchte. Eine Second-Hand-Traumwelt, die Menschen für fünf Minuten auf einer Bühne vor Publikum die Illusion des Star-Ruhms gewährt und sie danach klaglos in ihren Alltag zurückkehren lässt. Schließlich sind es nicht die Glitzertempel des Showbizz, in denen sich hier allabendlich dasselbe Ritual vollzieht, sondern die Hinterzimmer schäbiger Bars und Motels entlang der Highways. Bruce Paltrow gelingt das Kunststück, diese spezifische Atmosphäre nicht nur überaus stimmig zu inszenieren, sondern sie als brüchige Traumwelt ebenso ernst zu nehmen wie seine Figuren. Und die gewinnen, nicht zuletzt dank überzeugender Darsteller, im Lauf des Films, der sich mit traumwandlerischer Sicherheit auf dem schmalen Grat einer melancholischer Komödie bewegt, merklich an Profil. So ist „Traumpaare“ bis zum anrührenden Finale ein sehenswerter Film, der sich konsequent jenseits des stereotypen Hollywood-Kinos bewegt.
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